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Leverkusener KonzernWarum kritische Aktionäre Bayers Führung nicht entlasten wollen

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Protest gibt es auch ohne Aktionäre wie hier bei Bayers erster Pandemie-Hauptversammlung Ende April 2020.

Leverkusen – Auch Bayer bleibt bei einer virtuellen Hauptversammlung. Am Freitag nächster Woche wird es aber nicht nur einen tatsächlichen Protestzug vom Rathaus zur Kaiser-Wilhelm-Allee geben, sondern auch Gegenanträge. Viele kommen von der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“. Bayer würdigt sie nicht mit Stellungnahmen.

Reagiert hat der Vorstand auf den Gegenantrag des Investmenthauses Aquilus. Dessen Bevollmächtigter Richard Vogel vertritt die Auffassung, dass Vorstandschef Werner Baumann erneut nicht entlastet werden sollte. Unter seiner Führung habe die Bayer-Aktie zwischen Mai 2016 und Ende Februar 48 Prozent an Wert eingebüßt; Verschuldung und Rückstellungen zur Bewältigung etwa des Glyphosat-Problems seien stark gestiegen. Baumann habe keine Wachstumsstrategie – das bereinigte Ergebnis pro Aktie steige zwischen 2015 und 2024 lediglich um rund ein Prozent per anno.

Bayer kontert – auch mit anderen Kennzahlen, nennt das Umsatzwachstum im Geschäftsjahr 2021. Die Strategie, Bayer auf Agrochemie und Pharma auszurichten, entlaste das Unternehmen gegenwärtig von steigenden Energiekosten. Das Geschäft erweise sich als kriegs- und pandemieresistent. Mit der Fokussierung auf Agrochemie spiele Bayer eine zentrale Rolle bei der Lösung eines globalen Problems: „Die Frage ist nicht, ob die Welt eine Ernährungskrise bekommt, sondern wie schlimm diese wird.“ Baumann, der den Monsanto-Kauf in die Wege leitete, habe es richtig gemacht. Es gebe keinen Grund, den Vorstandschef nicht zu entlasten.

EEG-Umlage umgangen?

Die „Coordination“ hält diese Geschäftspolitik für grundfalsch – viele Bayer-Produkte trügen zur Zerstörung der Artenvielfalt und der Lebensgrundlagen bei. Auch die Energiewende packe der Konzern komplett falsch an. Beispiel „Scheibenpacht“ von Kraftwerken. Die Ex-Tochter Currenta habe einen Anteil von 150 Megawatt Leistung an einem Krupp-Mannesmann-Kraftwerk in Duisburg gepachtet, um als Eigenerzeuger von Strom von einem Teil der EEG-Umlage befreit zu werden. Nachdem das „abenteuerliche Konstrukt“ vor Gericht gescheitert sei, habe man mit Hilfe des Verbands der Chemischen Industrie erreicht, vor Rückforderungen geschützt zu werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sei ein weiteres Mal verändert worden; Bayer habe so „Millionen gespart“.

Auch die für 2030 anvisierte Klimaneutralität erreiche der Konzern mit sehr zweifelhaften Mitteln: Zu 58 Prozent solle das mit Investitionen in Projekte zur Wiederaufforstung gestemmt werden. „Um 300 000 Tonnen CO2 hat der Global Player seine Klima-Bilanz 2021 auf diese Weise schon aufgehübscht.“ Überdies binde der Konzern die erfolgsabhängigen Bestandteile der Vorstandseinkünfte „fast ausschließlich an ökonomische Kriterien“. So komme man im Kampf gegen den Klimawandel nicht voran.

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Auch mit der Höhe der Gehälter sind die Bayer-Kritiker nicht einverstanden; „vor allem in Relation zu den Entgelten der anderen Firmenangehörigen sprengen die Summen jedes vernünftige Maß“. Die rund 8,2 Millionen Euro für den Vorstandschef überstiegen den durchschnittlichen Jahreslohn eines Tarif-Beschäftigten von Bayer um den Faktor 95, heißt es mit Blick auf den Geschäftsbericht.