Dramaturgin fühlt sich überrumpeltLeverkusen will wieder eigene Opern haben
Leverkusen – Ein Sprichwort besagt, dass „gut gemeint“ mitunter das Gegenteil von gut ist. Und irgendwie zeigte sich genau das bei der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses. Dort kam nämlich recht spontan – was heißt: am Tag der Sitzung – ein Antrag auf die Tagesordnung, den die Fraktionen der Grünen, der CDU, der SPD, der FDP, von Opladen Plus sowie die fraktionslose Gisela Kronenberg aufgesetzt hatten. Sie wollen nämlich, so erklärte es Georg Thomanek (Grüne), die Sparte „Oper“ wieder auf den Programmplan der „Kultur-Stadt-Lev“ setzen. Früher war sie fester Bestandteil jeder Spielzeit. Mittlerweile ist sie rausgefallen – was mitunter auch am immer weiter nachlassenden Interesse der Menschen an der Oper liegt.
Der Plan der Kulturpolitiker ist dabei folgender: Sie übertragen Werner Erhardt, dem Chef des in Leverkusen ansässigen Orchesters L’arte Del Mondo, auf zunächst zwei Jahre befristet die künstlerische Leitung für zwei zu entwickelnde Opern, die dann im Forum zur Aufführung kommen. Die Kosten für die Produktionen sollen bei jeweils 50.000 Euro liegen. Im ersten Jahr, der Spielzeit 2023/24, seien diese aus dem Budget der KSL zu entnehmen. Im zweiten Jahr, der Spielzeit 2024/25 und gleichzeitig dem Jahr des Stadtjubiläums, schlagen die Politikerinnen und Politiker eine Sonderzahlung aus dem Kernhaushalt der Stadt vor.
Neue Zielgruppe
„Wir wollen damit ein neues Publikum an die Oper heranführen“, erklärte Thomanek. Und das Orchester L’arte Del Mondo – im Übrigen seit Jahren das feste „Orchestra in residence“ der Bayer-Kultur als zweiter großen Kulturinstitution Leverkusens – sei dafür der perfekte Kooperationspartner, denn es sei für seine innovativen musikalischen Ideen und Projekte bekannt und entsprechend weit über die Stadtgrenzen hinaus angesehen und beliebt. Was das Finanzielle angehe, so müsse man auch „mal etwas wagen“, von dem man überzeugt sei.
Das könnte Sie auch interessieren:
So weit, so gut, so einmütig schien damit die Sache. Indes: Weit weniger begeistert zeigte sich Claudia Scherb. Sie ist Dramaturgin der KSL, als solche für die Gestaltung des Kulturprogramms zuständig – und fühlte sich mit vollendeten Tatsachen und ignorantem Verhalten konfrontiert. Sie merkte an, dass sie seit nunmehr 21 Jahren für die KSL tätig sei und jede Menge Erfahrung mit Programmplanung und Produktion besitze – vor allem in der Sparte Musiktheater. „Und dann erfahre ich auf diese Weise von den Plänen.“ Sprich: Sie sei schlichtweg übergangen worden. Ein solches Projekt falle ohne Wenn und Aber in ihren Aufgabenbereich. „Warum also hat hier niemand mit mir gesprochen?“
Im Anschluss betonte Scherb dann dreierlei. Erstens, dass die veranschlagten Kosten ihrer Einschätzung und Erfahrung nach bei Weitem nicht zur Finanzierung einer solchen Produktion ausreichen würden. Zweitens, dass es überhaupt „sehr, sehr hart“ sei, ein jüngeres Publikum an die Oper heranzuführen. „Wenn Werner Erhardt das auf sich nehmen will – gerne.“
Aber: Das Publikum dafür, so müsse man das leider sagen, sterbe nunmal aus. „Also lassen Sie uns doch bitte gemeinsam darüber sprechen.“ Und drittens: „Würde das Geld für diese Produktionen vom Etat abgezogen werden, den meine Kollegin Birgitta Franzen und ich zur Verfügung haben.“ Das seien jährlich etwa 650.000 Euro. Für alle Sparten der Kultur. „Wir müssten also anderswo Gastspiele absagen.“
Am Ende wurde der Antrag ohne Gegenstimme angenommen. Der Finanzausschuss wird in seiner nächsten Sitzung weiter darüber beraten. Und sowohl Thomanek als auch die anderen Personen hinter diesem Antrag, darunter Bernhard Marewski (CDU) und Monika Ballin-Meyer-Arens, sicherten zu, bei einem positiven Bescheid natürlich umgehend das Gespräch mit Scherb zu suchen.