Adipöse Menschen werden besonders zu Karneval immer noch gerne schräg angeschaut - eine wertfreie Karnevalsparty im Saal Norhausen fand allerdings nur wenig Zulauf
Karnevalsparty für DickeLeverkusener Saal wird zum Wohlfühlort für adipöse Menschen
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Freuen sich, wertfrei Karneval zu feiern: Nora Hüske, Andi Benitzio und Tatjana Beiss
Copyright: Lena Schmitz
Braucht es eine eigene Partyreihe für dickere Menschen? Ja findet Nora Hüske, die mit ihren Freunden Andi Benitzio und Tatjana Beiss zur ersten Karnevalsparty für dickere Menschen in den Saal Norhausen gekommen war: „In unserer Gesellschaft gibt es zu wenig Aufklärung. Ich persönlich fühle mich überall wohl, aber auch nur, weil ich gelernt habe, dass es mich nicht interessiert, was andere Leute über mich denken.“ Die Rheindorferin würde sich generell über mehr Veranstaltungen dieser Art freuen.
Dickere Menschen werden immer schräg angeschaut. Aber besonders auf Karnevalssitzungen, wo zum Beispiel dickere Frauen mal einen kurzen Rock oder enge Kleidung tragen, sind die Blicke und die Tuscheleien besonders auffällig
Das hört Torsten Muntz gerne. Er ist der Ideengeber, Organisator und gleichzeitig „DJ Totte“ an diesem Abend, der erst der Anfang sein soll. Bis vor einigen Jahren hatte er selbst ein paar mehr Kilo auf den Rippen und kann sich daher auch heute noch gut in die Rolle der adipösen Menschen hineinversetzen. „Dickere Menschen werden immer schräg angeschaut. Aber besonders auf Karnevalssitzungen, wo zum Beispiel dickere Frauen mal einen kurzen Rock oder enge Kleidung tragen, sind die Blicke und die Tuscheleien besonders auffällig“, erklärte Muntz. Auch die Tatsache, dass Karneval dafür bekannt ist, oftmals über die Stränge zu schlagen und das Leben nicht zu ernst zu nehmen, führt teilweise dazu, dass die Hemmschwelle der Alkoholisierten geringer ist, dickeren Menschen Ratschläge für ihres Äußeres mitzugeben.
Ungewisse Zukunft
Gerne würde er einmal im Quartal eine Party nach dem Motto: „Big is beautiFULL – Die neue Partyreihe für Pfundsmenschen und deren Freunde“ veranstalten, sagt Muntz. Und damit einen „Wohlfühlort für adipöse Menschen“ schaffen. Damit dies möglich ist, muss der Abend bei plus minus null rauskommen. Zu Beginn der Party war das jedoch noch nicht klar, denn im Vorverkauf wurden lediglich 41 Karten verkauft, weshalb sich Muntz gemeinsam mit Hagen Norhausen dazu entschieden hatte, die Veranstaltung von dem großen Saal in den kleineren Raum zu verlegen.
Jeder war willkommen
Während DJ Totte zu Beginn überwiegend klassisch englisch und deutsche Musik spielte, wurden die Rufe nach Karnevalsmusik immer lauter. Mit dem Song „Guten Morgen Barbarossaplatz“ von Querbeat landete er einen echten Volltreffer und alle standen auf, um zu singen und zu tanzen. Das Publikum war gemischt: dick und dünn, jung und alt - all diejenigen, die Lust hatten in einem wertfreien Raum zu feiern. Eine Besonderheit war, dass es stilles Wasser und auch Cocktails ohne Kohlensäure gab. Grund dafür ist, dass Menschen nach einer Magen-OP keine Kohlensäure mehr trinken sollen, da diese den verkleinerten Magen zu sehr aufblähen würde, was wiederum zu starken Schmerzen führt.
Die Party wurde auch von der Adipositas Selbsthilfegruppe (SHG) in Leverkusen mitorganisiert. „Wir wollen den Menschen etwas bieten, wo sie sich so wohl fühlen können wie sie sind. Das bedeutet auch feiern zu können, ohne doof angeschaut zu werden“, sagte Katja Herdlitschke, die die Selbsthilfegruppe seit 12 Jahren leitet. Damals habe es eine solche Veranstaltungen nur in Recklinghausen, doch die Lust auf etwas lokales ist immer größer geworden.