Zukunfts-Debatte„Alle wollen die Verkehrswende, aber keiner will an das Auto ran“
Leverkusen – Weg vom Auto und vom Stau, hin zu mehr Rad-, Bus- und Bahnverkehr – kurz: Wie schafft Leverkusen die Verkehrswende? Das war das Thema einer Diskussion in der Wupsi-Zentrale, zu der die Stadt eingeladen hatte und bei der Politiker mit Experten nach Lösungen suchten.
Seit knapp zwei Jahren schon lässt die Stadt an einem neuen Mobilitätskonzept arbeiten, im März kommenden Jahres soll es vorgestellt werden, kündigte Baudezernentin Andrea Deppe an. Einige Neuerungen sind schon Teil des Konzepts, wie die Busspur auf der Rennbaumstraße, die Einführung des Radverleihsystems und nun auch das im November neu eingeführte Carsharing-Angebot der Wupsi. Doch das reicht nicht.Häufig gebe es nur „Insellösungen“, bemängelt Theo Jansen vom Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und forderte neben mehr Vernetzung: „Man braucht ein Gesamtkonzept.“
Falsche Anreize
Er ist überzeugt, dass nicht nur in Leverkusen, sondern in vielen Städten in Deutschland die falschen Anreize gesetzt würden und führt eine Statistik an, nach der die Parkgebühren über die Jahre im Schnitt nur leicht steigen oder sogar sinken, während sich die Preise für Bus und Bahn kontinuierlich enorm in die Höhe schrauben. „Es klingt hart, aber man muss das unattraktiv machen, was man nicht haben will“, betont Jansen. Sprich: Nur höhere Parkgebühren und weniger Platz auf den Straßen führen letztendlich zu weniger Autoverkehr.
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In das gleiche Horn stieß in der anschließenden Debatte Wupsi-Geschäftsführer Marc Kretkowski: „Alle wollen die Verkehrswende, aber wenn es hart auf hart kommt, will keiner an das Auto ran.“ Als Beispiel nannte er die Debatte um die Busspur auf der Odenthaler Straße, wo nun doch die Parkplätze größtenteils erhalten bleiben sollen. Frank Schönberger nahm das aktuelle Beispiel auf, drückte allerdings auf die Bremse. „Bevor wir etwas machen, müssen wir die Leute überzeugen.“ Ginge man Sachen zu schnell an, würde es zu viel Widerstand der Bürger geben, zeigte er sich überzeugt. Für das Problem an der Odenthaler Straße griff er den aktuellen Antrag, den die CDU in die Ausschüsse eingebracht hatte, auf: Demnach soll die Verwaltung ein neues Gesamtkonzept für den Bereich Bergische Landstraße/ Herbert-Wehner-Straße/ Odenthaler Straße erarbeiten, gegebenenfalls mit Umbau der Kreuzung oder dem Bau eines Kreisverkehrs.
Niederlande als Vorbild
Dass unsere Nachbarn schon deutlich weiter sind und dass die Niederlande nicht umsonst als Fahrrad-Paradies gelten, zeigte Sjors van Duren vom Ingenieurbüro Royal Haskoning DHV. Der vor einigen Jahren neu gebaute Radschnellwege, der die Städte Arnhem und Nijmwegen verbindet, wird knapp 10 000 Mal am Tag genutzt. Fahrradparkhäuser, -tunnel und -brücken: Der Verkehr ist grundsätzlich deutlich mehr aufs Rad ausgerichtet als hierzulande. Doch auch in den Niederlanden gebe es Widerstand gegen solche neuen Projekte, zeigte van Duren auf. Als sich Bürger bei einem Projekt zuerst querstellt hatten, waren sie im Nachhinein doch froh, zugestimmt zu haben: Ihre Immobilie hatte an Wert gewonnen, da sie offiziell nicht mehr an einer Straße liegt, sondern man sie mit „ruhig gelegen“ bewerben kann.