Das Verhalten der Straßenbaubehörden wird in Leverkusen sowieso kritisch gesehen, wegen des Autobahnbaus. In Lützenkirchen ist man nun wegen einer Madonna sauer.
Lützenkirchener MadonnaGläubige sind über rüden Ton einer Behörde verärgert

Die Kamper Madonna an der Ecke Altenberger Straße / Am Steinberg.
Copyright: Ralf Krieger
Der Ton, in dem sich die Straßenbehörde Straßen NRW an Reinhild Klein wendet, ist harsch: „Auf ihrem Grundstück befindet sich ein etwa 3,50 m hoher Bildstock, der in einem Abstand von etwa 8,00 m vom Fahrbahnrand der Landesstraße 219, Abschnitt 22, aufgestellt wurde. Durch die örtlich zuständige Straßenmeisterei wurde festgestellt, dass diese Anlage bauliche Mängel aufweist. Als Eigentümerin sind Sie verkehrssicherungspflichtig. Ich bitte Sie deshalb, den baulichen Zustand in eigener Zuständigkeit zu prüfen und die Anlage unverzüglich (innerhalb vier Wochen) in einen mängelfreien Zustand zu bringen. Sollte die Standsicherheit gefährdet sein, sind Sie verpflichtet, sofort tätig zu werden.“ Es folgen Anweisungen, was beim Bauen an der Straße zu beachten ist.
Die Rede ist von der über 100 Jahre alten „Kamper Madonna“ in Lützenkirchen, die an der Ecke Altenberger Straße/Am Steinberg steht.
Bernhard Geuß: Die Madonna steht bombensicher
Mich wurmt dieser Ton, sagt Bernhard Geuß, aktiver Katholik und ehemaliges Kirchenvorstandsmitglied. Er hat sich der Sache angenommen, weil Frau Klein gar nicht mehr in Lützenkirchen wohnt und über 80 Jahre alt ist. Das sei ein Obrigkeitston den Untertanen gegenüber, sagt Geuß, Frau Klein sei fix und fertig gewesen.
Die Kamper Madonna hat überdies ihre Fans: Laut Geuß gibt es einen Kreis von Katholiken in Lützenkirchen, der sich rührend um die Madonna kümmert, Blumen hinstellt, die Nische streicht und für Sauberkeit sorgt. Meist stehen eine oder mehrere brennende Kerzen in der Nische vor einer Bronze-Madonna aus der Lützenkirchener Werkstatt von Paul Marx, gestiftet vom Ehepaar Heukelum. Die schwimmbadblau gestrichene Nische ist mit einem Schutzglas und einem abschließbaren Metallgitter verschlossen. Ein Gläubiger aus Lützenkirchen habe eine besonders tiefe Verehrung für die Mutter Gottes entwickelt, nachdem er eine schwere Lebenskrise überstanden habe, sagt Geuß. Der tue viel für den Bildstock.
Geuß: „Die Madonna steht bombensicher, da kann sich nichts bewegen.“ Tatsächlich wirkt das hundert Jahre alte Mauerwerk aus Backsteinen mehr als solide. Nichts wackelt, im Mauerwerk sind keine Risse zu sehen.

Die Kamper Madonna an der Ecke Altenberger Straße/Am Steinberg aus der Lützenkirchener Werkstatt von Paul Marx
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Der Brief sei vielleicht ein Serienbrief, den Straßen NRW abgeschickt habe, hat man in Lützenkirchen überlegt. Man habe Straßen NRW zu einem Ortstermin aufgefordert, bei dem man von der Behörde erfahren will, wo denn die Schwachstellen an ihrer Madonna sein sollen. Auch die Denkmalbehörde sei eingeschaltet. Vom Hörensagen wisse man jetzt, dass es irgendwo zu einem Unfall durch einen wackeligen Bildstock gekommen sein soll, das könnte der Grund für den seltsamen Aktionismus der Behörde sein, vermutet Geuß.
Erst vor wenigen Jahren musste der Freundeskreis schon einmal einen behördlichen Übergriff auf ihre Madonna hinnehmen. Um den Bildstock herum wächst eine uralte Eibe, die in Jahrzehnten gärtnerischer Arbeit zu einer grünen Grotte zugeschnitten worden war. So eindrucksvoll, dass der Baum sogar als Naturdenkmal eingeordnet wurde.
Allerdings forderte die Feuerwehr nur Wochen nach Inbetriebnahme der Wache Steinbüchel, dass das Denkmal wegen der Sicht an der Kreuzung gekappt werden müsse. „Ein Spiegel auf der Straßenseite gegenüber hätte es auch getan, dafür war damals natürlich bei Straßen NRW kein Geld da“, sagt Bernhard Geuß.