Johanneskirche ManfortSo sieht Leverkusens erste Kita in einer Kirche aus

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Blick von der ehemaligen Orgel-Empore

Blick von der ehemaligen Orgel-Empore: Eine zweilagige Folie schirmt die Kita vom Dachstock ab.

Das außergewöhnliche Bauprojekt ist feierlich eröffnet worden, ab dem Sommer werden hier bis zu 80 Kinder betreut.

Eine Kirche sei immer dafür da, Menschen, die es nötig haben, einen Raum, eine Zuflucht, zu bieten, sagt Michael Posthaus, Verwaltungsleiter des evangelischen Kirchenkreises. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Manforter Johanneskirche als Notkirche nach dem Bausatz von Otto Bartning errichtet wurde, waren es die kriegsgeschüttelten Bürger, die hier Trost und Hoffnung finden sollten.

Heute, in Zeiten von Betreuungskrisen, sind es die Leverkusener Kinder, die dringend Raum brauchen, um sich zu entfalten. Dreieinhalb Jahre nach der durchaus umstrittenen Entwidmung der Kirche haben aktuell 60 Kinder einen Platz unter dem Kirchendach gefunden.

Essensraum

Durch die transparente Zwischendecke fällt Licht der Buntglasfenster in den Innenraum, hier der Essensraum.

Und es ist ein durchaus spektakulärer: Das Kirchenschiff wurde komplett leer geräumt und mit einzelnen Gruppenräumen in Leichtbauweise gefüllt – die Außenwände, die Dachkonstruktion und die Buntglasfenster darin sind dabei komplett erhalten geblieben. Als Geschossdecke wurde eine zweilagige, luftgestützte, transparente Folie eingezogen. Durch diese ist das Holzdach über dem Kirchenschiff weiterhin sichtbar. „Man muss bedenken, dass wir es hier mit kleinen Menschen zu tun haben, für die wir einen gewissen Maßstab schaffen müssen“, erklärt Architekt Thomas Pink von dem beauftragen Planungsbüro „zweipink“. Außerdem sei die transparente Zwischendecke für die klimatische Regulierung unabdingbar – aus Gründen des Denkmalschutzes wurden Wänden und Decke nicht gedämmt. 

Gruppenraum

In den Gruppenräumen sind einige historische Balken und Mauern erhalten geblieben.

Schon seit Rosenmontag ist Leverkusens erste Kita in einem ehemaligen Kirchenschiff im Teilbetrieb. In diesen Tagen nun erfolgt die endgültige Abnahme, sodass sie ab dem neuen Kitajahr im August in den Vollbetrieb mit fünf Gruppen und bis zu 80 Kindern gehen kann. Das Team um Kita-Leiterin Miriam Staudenrausch ist begeistert von ihrer außergewöhnlichen Herberge. „Hier ist nichts quadratisch-praktisch-gut, sondern alles individuell, hell und wunderschön“, schwärmt Staudenrausch.

Gleichzeitig seien die Räume sehr reduziert und reizarm gestaltet. „In einer Zeit, in der alles bunt und voller Medientechnik ist, wirkt das sehr beruhigend auf die Kinder, das merken wir.“ Personalprobleme, wie an vielen anderen Kitas, hat sie nicht. „Es haben sich tatsächlich viele gemeldet, die sich hier engagieren wollen.“ Natürlich sei so ein Neustart immer auch anstrengend, aber das Team sei mit viel Motivation und Begeisterung dabei. 

Gruppe von Frauen

Das Kita-Team um Leiterin Miriam Staudenrausch (2.v.r.)

Leicht war der Weg nicht, weder emotional noch bautechnisch. Aus dem zuvor nur 1,20 Meter hohen Kriechkeller wurden 337 Tonnen Sand per Schubkarre herausgeholt und die gesamte Technik, die für den Kitabetrieb nötig ist, dort unter dem Kirchenschiff untergebracht. Pandemie und Ukraine-Krieg haben für Lieferengpässe, Verzögerungen und Kostensteigerungen gesorgt. Zuletzt hat noch der viele Regen die Arbeiten auf dem Außengelände erschwert.

„Jetzt sehen Sie da die vielen Steine, die uns vom Herzen gefallen sind“, sagt Projektleiter Posthaus. Auch ökologische Aspekte wurden so gut wie möglich beachtet: Die Wärmeversorgung erfolgt über Erdwärme, Regenwasser wird in einer Zisterne gesammelt und als Brauchwasser für die Bewässerung der Außenanlage und die Toilettenspülung genutzt. Durch einen Aufzug im Glockenturm und Rampen im Gebäude ist die Kirche erstmals auch barrierefrei zu nutzen.

Thomas Hübner vom Presbyterium spricht bei der Einweihung von einem „gewaltigen Einschnitt für die Manforter Gemeinde, als wir hier alles dicht gemacht haben.“ Projektleiter Posthaus erzählt von „Vorbehalten“ in der Gemeinde, das spontane Lachen im Publikum zeigt, dass das sehr diplomatisch ausgedrückt ist. Er dankt in diesem Zuge auch der ehemaligen Küsterin Ursel Altenburg, „die viele davon überzeugt hat, dass das hier was werden kann.“ Und es ist etwas geworden, sagt Altenburg: „Ich finde es ganz wunderbar, vor allem, wenn die Kinder da sind.“


Fakten zum Bau

Die Johanneskirche wurde von Architekt Otto Bartning zwischen 1953 und 1954  als verlängerte Notkirchenvariante gebaut. Sie steht seit 1992 unter Denkmalschutz. Zum 1. Januar 2018 wurde die evangelische Kirchengemeinde Manfort aufgelöst und mit Wiesdorf zur Kirchengemeinde Leverkusen-Mitte zusammengeschlossen. Am 29. November 2020 fand zum ersten Advent der letzte Gottesdienst und die Entwidmung der Johanneskirche statt, die jetzt dem Kirchkreis Leverkusen gehört.

Dieser entwickelte die Idee einer Kita in der Kirche. Der am 10. September 2020 eingereichte Bauantrag wurde im Januar 2022 genehmigt, Baubeginn war im Juli 2022. Die Baukosten haben sich von geschätzten acht auf rund zehn Millionen Euro erhöht, sie wurden zum Teil durch Förderprogramme der Aktion Mensch, der KfW und dem Kita-Investitionsprogramm des Landes NRW übernommen. Die Kita wird vom Verband Evangelischer Kindertagesstätten in Leverkusen betrieben. (stes)

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