Leverkusen – Auf die Frage, ob er sich im Alter von 75 nicht ein ruhigeres Leben ohne Arbeit wünsche, winkt Friedrich Pfleger lachend ab. „Ruhe habe ich doch im Grab.“ Pfleger betreibt seit 1972 das Bekleidungsgeschäft „7th Main Street“ in der Wiesdorfer Fußgängerzone und zumindest hier kehrt bis spätestens Jahresende Ruhe ein. Nach 46 Jahren schließt die Filiale, nicht nur in Leverkusener Maßstäben ein echtes Traditionsgeschäft, das nun mit großen rot-blauen Transparenten für seinen Ausverkauf wirbt.
Der Name des Geschäfts stammt noch aus der Zeit, als der Wiesdorfer Platz den Namen Hauptstraße trug. Angefangen hat Pfleger gemeinsam mit einem Geschäftspartner als Herrenausstatter. Nach einer irrtümlichen Lieferung von 24 Jeans, von denen 23 schon am Mittag verkauft waren, haben die beiden Unternehmer sich auf Jeansbekleidung spezialisiert. Heute führt der Laden sportliche Bekleidung für beide Geschlechter.
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Die Frage nach dem Warum der Schließung liefert mehrere Antworten. Klar, die Konkurrenz durch die Online-Shops spielt eine große Rolle. Mit den Preisen und dem Sortiment von Zalando und ähnlichen Versandhändlern kann der Einzelhandel nur schwer mithalten.
Seine zwei anderen Filialen im Kölner und Essener Hauptbahnhof haben da einen unschlagbaren Standortvorteil, den das Internet nie haben wird. „Am Bahnhof haben wir Bedarfskunden, Reisende und Touristen, die sofort etwas brauchen. Egal ob Sonn- oder Feiertag, am Bahnhof haben wir jeden Tag geöffnet“, so Pfleger.
Nachfrage gesunken
In Wiesdorf hingegen sei die Nachfrage gesunken, der Standort habe sich in den letzten Jahren negativ entwickelt.
„Zwar ist das Angebot in der Innenstadt durch die Rathaus-Galerie größer geworden, aber das Image der Stadt ist nicht mitgewachsen“, kritisiert der Inhaber des Modegeschäfts die lokale Politik.
„Die Galerie nimmt den kleinen Geschäften viele Kunden weg. Andererseits ist sie nicht besonders genug, um mehr Menschen aus den umliegenden Städten anzulocken.“ Das war laut Pfleger vor zwanzig Jahren anders. Da seien die Menschen aus Bergisch Gladbach und Langenfeld noch zum Einkaufen nach Wiesdorf gekommen, sogar Heidi Klum hat in jungen Jahren ihre Jeans bei „7th Main Street“ gekauft. Vor fünf Jahren war das internationale Model aus Bergisch Gladbach noch einmal bei ihm im Laden, um sich Musterexemplare für ihre eigene Jeans-Kollektion auszusuchen.
Wichtiger als prominente Aushängeschilder sind Pfleger seine Stammkunden, bei deren Erwähnung er in Anbetracht der Schließung nun doch etwas wehmütig wird. „Ich fühle mich den Leverkusener Kunden sehr verbunden, viele kenne ich schon lange. Da geht für mich wirklich ein Lebensabschnitt zu Ende.“ Für Pfleger ist es aber kein richtiger Abschied, der 75-Jährige lebt in Wiesdorf und will weiterhin in den verbleibenden Geschäften in Köln und Essen mitmischen. Auch seine Angestellten können im Kölner Hauptbahnhof weiter für ihn arbeiten. „7th Main Street“ ist ein Familienunternehmen: Pfleger kümmert sich mit seiner Frau um die Finanzen, die Filialen führt sein Sohn, im Einkauf mischt seine 19-jährige Tochter mit, die im sozialen Netzwerk Instagram nach Trends Ausschau hält. „Wir können im Gegensatz zu den großen Ketten flexibel reagieren und anbieten, was die Kunden gerade wollen. Hier liegt immer noch unsere große Stärke als Einzelhändler“, glaubt Pfleger.
Was aus dem Laden am Wiesdorfer Platz wird, weiß Pfleger nicht. Sein Mietvertrag läuft Ende 2018 aus, der Vermieter suche gerade einen neuen Mieter für das rund 2000 Quadratmeter große Geschäft. Findet er den bald, würde „7th Main Street“ schon früher ausziehen und das Weihnachtsgeschäft dem Nachfolger überlassen.