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Prozess am Kölner LandgerichtLeverkusener wegen bewaffnetem Drogenhandel angeklagt

Lesezeit 4 Minuten
Landgericht Köln, Am Justizzentrum. Foto: Ralf Krieger

Landgericht Köln, Am Justizzentrum. Foto: Ralf Krieger

„Du hast jetzt mein Leben zerstört“, soll der Angeklagte seiner Vermieterin gesagt haben, als sie nachts wegen Gebrülls die Polizei rief.

Hatte Joachim S. (Name geändert) gut eineinhalb Kilogramm Amphetamin und knapp 150 Gramm MDMA nur in seiner Leverkusener Wohnung für zwei Auftraggeber deponiert oder hatte er selbst vor, die Drogen zu verkaufen? Um diese Frage dreht sich der Prozess vor der zehnten großen Strafkammer am Landgericht Köln. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ist der Angeklagte ein aktiver Drogendealer, der darüber hinaus über ein einsatzbereites Arsenal an Waffen und waffenähnlichen Gegenständen verfügen soll.

Dies sei anzunehmen, weil die Polizei im Oktober vergangenen Jahres einen Baseballschläger, einen Axtstiel, zwei Dolche, ein Kampfmesser, ein Karambitmesser, ein Klappmesser, einen Teleskopschläger, einen geladenen und einsatzbereiten Taser und eine Machete neben den Drogen in der Wohnung des Angeklagten fand, als sie von der Vermieterin wegen einer nächtlichen Ruhestörung dorthin gerufen wurde. Darüber hinaus stellte sie Bargeld, eine Feinwaage, verschiedene Verpackungsmaterialien und zwei Handys sicher. Dies seien alles in allem typische Gesamtumstände für eigenständigen Drogenhandel.

Laut Verteidigung sollen die Drogen nicht dem Leverkusener gehört haben

Der Verteidiger, Henner Apfel, trug eine schriftliche Stellungnahme des Angeklagten vor, wonach die in Rede stehenden Drogen anderen Personen gehörten und er sie schlicht in seiner Wohnung „gebunkert“ habe. Am Vortag des Polizeieinsatzes hätten zwei Männer eine Einkaufstasche mit den Drogen vorbeigebracht. Er selbst habe zwar gelegentlich Drogen konsumiert, aber nicht mit diesen gehandelt. Die genaue Identität dieser Männer kenne er nicht.

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In der anschließenden Zeugenbefragung schilderte zunächst die Vermieterin des Angeklagten, dass sie am Tag vor dem nächtlichen Polizeieinsatz zwei ihr unbekannte Männer vor dem Haus habe stehen sehen, die nach ihm gefragt hätten. Kurz danach hätten die dunkel gekleideten Herren den Angeklagten bei der Garage erblickt und seien zu ihm hinübergegangen. Sie und die anderen Mieter des Hauses, das in einer sehr ruhigen Gegend liege, hätten zuvor noch nie wahrgenommen, dass der Angeklagte regelmäßig fremde Personen empfangen habe. Eine mitgeführte Tasche sei ihr zumindest nicht in Erinnerung geblieben.

Amphetamin lagerte im Gefrierfach

Im weiteren Verlauf der Sitzung vernahm der Vorsitzende Richter den Polizeibeamten, der bei dem nächtlichen Einsatz die Betäubungsmittel gefunden hatte. Aus seiner beruflichen Erfahrung wisse er, dass aufputschende Drogen häufig aus Gründen der Haltbarkeit im Gefrierfach aufbewahrt würden. Dort habe er schließlich auch das Amphetamin gefunden, obgleich der Angeklagte zu Beginn bekräftigt habe, dass die Polizisten bei ihm nichts finden würden. In Kombination mit der Feinwaage, dem umfangreichen Verpackungsmaterial, dem Bargeld und den zwei Handys sei dies eine Gesamtkonstellation, die auf aktiven Drogenhandel hindeute. Darüber hinaus habe er in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn noch nicht erlebt, dass Personen Rauschgift in derartiger Weise zwischenlagerten.

An diesem Punkt schritt der Strafverteidiger des Angeklagten ein und stellte klar, dass dies aus seiner Sicht keinesfalls überzeugende Indizien seien. Heutzutage sei es insbesondere nicht ungewöhnlich, wenn ein Mensch mehrere Handys besäße. Auch das viele Verpackungsmaterial könne genauso gut Teil der Lieferung der zwei Männer gewesen sein, die die Drogen bei dem Angeklagten hätten lagern wollen. Das Bargeld könne ebenso von dem bezogenen Bürgergeld des Angeklagten stammen, was auch die Vermieterin so angenommen hatte. Im Übrigen erstaune es ihn, dass ein Polizeibeamter mit „Bunkerungen“ solcher Art nicht vertraut sei. „Sie sind Polizeibeamter, das ist auch gut, spekulieren sie mal schön“, entgegnete Apfel.

Der Vorsitzende Richter machte deutlich, dass die Kammer durchaus in der Lage sei, selbst Schlüsse aus den Aussagen zu ziehen. Nachdem ein Psychiater begutachtet hatte, dass der Angeklagte trotz regelmäßigen Drogenkonsums und Missbrauchs in der Kindheit schuldfähig sei, schloss der Richter die Sitzung. Am Mittwoch, 31. Juli, will der Richter das Urteil in dem Prozess fällen. Sollte das Gericht entscheiden, dass die Drogen tatsächlich nicht dem Angeklagten, sondern den unbekannten Männern gehören, wäre Joachim S. „lediglich“ wegen Besitzes einer nicht geringen Menge Drogen in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben zu bestrafen. Das hätte erhebliche Folgen für das Strafmaß: Denn der Angeklagte könnte mit einer Freiheitsstrafe ab einem Jahr davon kommen, statt mit mindestens fünf Jahren Haft.