AboAbonnieren

Prozess gegen LeverkusenerZeugin lebt in Todesangst vor der Familie des Mörders

Lesezeit 3 Minuten
Blumen und Grablichter zum Gedenken an die erstochene Frau in der Ilmstraße

Auf dem Wendehammer an der Ilmstraße wird der erstochenen jungen Frau gedacht.

Eine Abschiedsnachricht an die Tochter schockiert die Richter im Rheindorfer Verfahren.

„Was ich zu 100 Prozent weiß: Das war zweifacher, geplanter Mord.“ Das waren die ersten Worte einer engen Freundin des Rheindorfer Mordopfers bei der Polizei. Vor Gericht wollte sie das am Freitag allerdings nicht wiederholen: Die junge Mutter hat riesige Angst vor der Familie des Angeklagten: „Vielleicht bringen die mich auch um“, sagte sie auf eine entsprechende Frage von Alexander Fühling.

Der Vorsitzende Richter der 21. Großen Strafkammer versuchte der überaus wichtigen Zeugin, ihre Angst zu nehmen. Erfolglos. Denn was er am Vormittag noch nicht wusste: Die Freundin war der Ansicht, dass sie diesen Tag mit der Vernehmung vor Gericht nicht überleben wird. Der Schwester des Mordopfers hatte sie eine Abschieds-Whatsapp zugeleitet, die diese an ihre Tochter weiterschicken sollte. In dieser Situation gab es nur eine Lösung: die Zeugin in Ruhe zu lassen und ihr psychologische Betreuung anzubieten. Am vergangenen Mittwoch war die Mutter von Jacqueline E. weinend zusammengebrochen, als die Fotos von der Leiche gezeigt wurden.

Die Freundin hörte die letzten Worte

Für den Prozess ist die Aussage der Freundin von großer Bedeutung. Sie war – abgesehen vom Täter – die letzte Person, mit der Jacqueline E. Kontakt hatte an diesem tragischen Freitagabend Ende Oktober. Zunächst hatten die beiden Freundinnen zu Abend gegessen, danach brach die schwangere Frau zu ihrem Freund nach Rheindorf auf. Ihr Plan, den die Freundin bedenklich fand: endlich reinen Tisch machen gegenüber seiner Mutter.

Dieser streng gläubigen Muslimin wollte Jacqueline erklären, dass sie schwanger ist. Ihr Freund und späterer Mörder hatte sich nicht dazu durchringen können, seiner Familie reinen Wein einzuschenken. Er hatte auch keine Sekunde lang vor, seine deutsche Partnerin zu heiraten, ist die Freundin des Opfers überzeugt. Das hätte er aber gemusst – war jedenfalls die Haltung seiner Familie.

Über diesen Hintergrund weiß die Zeugin gut Bescheid. Sie wusste auch, dass für Ali L. (Name geändert) während der Schwangerschaft immer wieder die Frage aller Fragen im Raum stand: „Abtreiben, behalten, abtreiben, behalten.“ Auch Jacqueline E. sei unsicher gewesen angesichts ihres zaudernden Partners: „Sie wollte nicht wieder ein Kind ohne Vater.“ Andererseits waren die beiden Freundinnen Babysachen kaufen.

Die Verfolgung am Telefon

Am Abend des 27. Oktober bekam die Freundin am Telefon mit, was unmittelbar vor der Tat passierte. Jacqueline E. war mit einem Fahrdienst nach Rheindorf gefahren. Noch im Auto ahnte sie, dass es schwierig werden könnte: „Scheiße, der steht da!“ Danach habe sie die Freundin keuchen gehört am Telefon. Das war offenbar die Verfolgungsjagd, an deren Ende Ali L. seine Freundin einholte und ihr das Telefon abnahm. „Gib mir mein Handy zurück!“ Das waren die letzten Worte, die die Freundin von Jacqueline E. hörte.

Was dann geschah auf dem Wendeplatz der Ilmstraße in Rheindorf, endete in einer Mordanklage gegen den 34 Jahre alten Mann. Mit mindestens zehn Messerstichen attackierte er seine Partnerin. Sie starb noch auf dem Wendeplatz in Rheindorf, ebenso der Fötus.

Bezeichnend ist, dass die Freundin des Mordopfers den Mann nur unter einem falschen Namen kannte: Die Polizei kennt fünf Identitäten von Ali L.