Schreckliche Bilder der in Rheindorf auf offener Straße erstochenen Frau bringen die Angehörigen aus der Fassung.
ProzessMutter des Leverkusener Mordopfers bricht im Gericht zusammen
Als die Fotos der Getöteten gezeigt werden, mit den tiefen Stichwunden und schließlich dem leblosen Fötus, bricht die Mutter schluchzend zusammen im Saal des Kölner Landgerichts. Der zweite Tag im Mordprozess gegen den 34 Jahre alten Ali L. (Name geändert) ist eine Tortur für die Angehörigen der jungen Frau. Sie war am Abend des 27. Oktober vorigen Jahres auf der Ilmstraße in Rheindorf getötet worden. Mitten auf dem Wendehammer hatte ihr Freund mindestens zehn Mal auf sie eingestochen, so die Anklage.
Die Attacke überlebte sie nur wenige Minuten, berichtet am Dienstag der Mann, der die junge Frau fand an jenem Freitagabend. Er habe von drinnen zwei Hilferufe gehört, sagt der 59-Jährige, der von Kindesbeinen an auf der Ilmstraße wohnt. Als er auf die Terrasse trat, habe Stille geherrscht. Ein Mann sei vorbeigelaufen; daraufhin sei er weiter auf die Straße gegangen, um nachzusehen. Schließlich habe er eine Person auf dem Wendeplatz liegen gesehen, auf dem Rücken. Er sei zu der Frau getreten, habe eine Wunde am Hals wahrgenommen. Als er sie ansprach, habe sie nicht mehr reagiert. „Da habe ich die 110 gewählt.“
Mutmaßlicher Leverkusener Mörder fürchtete „einen Ansehensverlust“
Auch die Sanitäter konnten nichts mehr ausrichten. Die junge Frau starb noch auf der Straße, mit ihr das ungeborene Kind. Ihre Schwangerschaft wollte die junge Deutsche offenbar nicht mehr verbergen. Deshalb hatte sie sich auf den Weg zur Familie ihres türkischstämmigen Freundes in die Unstrutstraße gemacht. Der geriet offenbar in Panik, fürchtete „einen Ansehensverlust“, so die Staatsanwaltschaft.
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Noch bevor seine Freundin in die Wohnung vordringen konnte, in der Ali L. mit seiner Mutter wohnt, passte er sie ab, drängte sie auf die nahe Ilmstraße, nahm ihr unterwegs das Handy ab und stach mit einem Küchenmesser auf sie ein. Das ist die Beschreibung in der Anklage. Folglich lautet sie auf Mord.
Tatsächlich hatte Ali L. nach seiner Attacke selbst die Polizei gerufen. Auf der Baumberger Straße erwartete er die Beamten. Die zogen sicherheitshalber die Waffe, als sie den Mann vor einem Müllcontainer sitzen sahen: Es war nicht klar, ob er noch ein Messer dabei hatte. Nach Aufforderung habe er sich auf den Boden gelegt und seine Arne nach hinten gestreckt, damit ihm Handschellen angelegt werden konnten, berichtet einer der Beamten von der Leverkusener Wache dem Gericht. Wie sein Kollege beschreibt er den 34-Jährigen als „gleichgültig“ und „unemotional“.
Handy-Nachrichten sollten eine Affäre der Frau beweisen
So ähnlich empfand es auch eine Beamtin aus der Mordkommission. Ein paar Stunden nach der Tat suchte sie Ali L. in der Zelle auf. Er habe sie nur gefragt, ob die Polizei denn auch das Handy des Opfers gefunden hat. Ihm sei der Entsperrcode nicht genannt worden. Dabei sei das Gerät äußerst wichtig, um die schreckliche Tat zu verstehen: „Da finden Sie alles, was sie wissen müssen“, habe der Angeklagte gesagt, erinnert sich die Kriminalbeamtin: Aus Chats solIte hervorgehen, was Ali L. als Motiv nennt für seine barbarische Tat: Seine Freundin habe eine Affäre gehabt. Das Kind, so die Schlussfolgerung, sei gar nicht von ihm.
Dieser Behauptung ging die Mordkommission nach. Drei Tage später nahm die Beamtin Kontakt auf mit dem Ex-Freund des Opfers. Er berichtete, dass er das letzte Mal im Frühjahr mit der Frau zusammen war. Auch die Obduktion der Leiche und des vier Monate alten Fötus zeigt: Der Ex-Freund ist nicht der Vater.
Im Zuge der Ermittlungen wird noch manches klar: Der Täter ist unter fünf falschen Namen bei der Polizei aufgefallen. Dabei sei es um Betrug gegangen, berichtet die Kriminalbeamtin. Was das Opfer angeht, geben die Polizeidaten auch etwas her: Am 3. Oktober, also dreieinhalb Wochen vor der Tat, erstattete die Rheindorferin Anzeige: Eine Frau habe sie an einer Straßenbahnhaltestelle mehrmals in den Bauch getreten.
Als die Polizisten eintrafen, fanden sie niemanden mehr, stellten aber fest, dass die Schwangere ziemlich betrunken war. Weil sie die Frau in diesem Zustand nicht gehen lassen wollten, riefen sie bei der Familie an. Ihr Bruder kam und sagte aus, dass seine Schwester seit zwei Wochen „täglich“ betrunken sei. Ob das etwas mit der Schwangerschaft zu tun hat? Fragen, die im Lauf des Mordprozesses wohl noch erörtert werden. Er geht am Freitag weiter.