ProzessLeverkusener verging sich ein drittes Mal an einem Jungen

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Ein Hinweisschild zum Kölner Landgericht

Ein Schild weist auf das Landgericht in Köln hin. Dort muss sich ein 45-Jähriger aus Rheindorf erneut wegen sexuellen Missbrauchs eines Jungen verantworten.

Er war zwei Mal in Therapie und fünf Jahre in Haft. Trotzdem lockte ein 45-Jähriger einen Jungen in seine Rheindorfer Wohnung.

Er kann es nicht lassen: 2012 wurde er ein erstes Mal verurteilt, weil er kleine Jungen missbraucht hatte. Nach zweieinhalb Jahren kam Jan L. (Name geändert) frei. Nur acht Monate später verging er sich wieder an einem Kind. Dafür bekam er wieder zweieinhalb Jahre und strenge Therapieauflagen, die auch nach der Entlassung galten: Der Mann muss sich von Spielplätzen, Jugendzentren und ähnlichen Treffpunkten fern halten. Er darf keinerlei Kontakt zu Kindern haben. Er muss einmal im Monat ein Therapiegespräch führen – denn seine Behandlung ist noch nicht abgeschlossen. 

Das, was vor einem guten halben Jahr in Rheindorf geschah, wirkt wie der Beweis dafür, dass Jan L. seine krankhaften Neigungen bis heute nicht im Griff hat. Er lockte einen Jungen in seine Wohnung im 12. Stock und fiel über ihn her. Am Donnerstag versuchte die 2. Große Strafkammer am Kölner Landgericht, mehr zu erfahren über den Zustand des nach wie vor unberechenbaren Mannes: Fotos aus seiner Wohnung werden gezeigt, die am 9. September 2023 durchsucht worden war, kurz nachdem der an diesem Tag übrigens kräftig alkoholisierte Mann verhaftet worden war. 

Kinderspielzeug und eine CD mit seinem ersten Opfer

In einem Kasten unter dem Bett fanden die Polizisten jede Menge Kinderspielzeug, in einer Schublade Kondome und Gleitgel, in einem weiteren Fach einen Kinderslip in Klarsichtfolie. Auch ein Stethoskop warf Fragen auf: „Wofür braucht man so etwas“, fragte Thomas Stollenwerk, der Vorsitzende Richter. Könnte es sein, dass Jan L. an Doktorspiele mit kleinen Jungs gedacht hatte? Und das Spielzeug: „Da wird man hellhörig bei solchen Delikten“, so der Richter. „Sie können unseren Argwohn verstehen, hoffentlich“, ergänzte er.

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Eine CD, auf deren Cover das erste Opfer von Jan L. zu sehen ist, erscheint ebenso ein Beleg dafür zu sein, dass seine Neigungen im täglichen Leben des Beschuldigten präsent sind wie eine weitere CD neueren Datums: Sie zeigen zwei der Söhne eines Kollegen. Mit der Familie war er nach seiner zweiten Haft in die Toskana gefahren – ein klarer Verstoß gegen die gerichtlichen Auflagen. 

Der Leverkusener hat lange für alles eine Erklärung

Lange sieht es an diesem Prozesstag so aus, als verharmlose der 45 Jahre alte Mann alles: Das Kinderspielzeug stamme aus seiner Familie; er habe die Sachen auf E-Bay verticken sollen. Da waren sie allerdings noch nicht aufgetaucht. Der Kinderslip? Den habe er gefunden „und ich fand es schön, so etwas zu besitzen“. Der Urlaub in Italien? Harmlos, Vater und Mutter der vier Kinder seien doch dabei gewesen.

Man kann nur hoffen, dass zukünftige Therapien bei Ihnen mehr fruchten
Thomas Stollenwerk, Vorsitzender Richter

Erst später ändert der Mann, der sich sehr gut auszudrücken weiß, seine Rolle, wird zum Therapiefall. Vor der jüngsten Tat „habe ich mehrere Stopp-Schilder überfahren“, räumt er ein. Dazu gehöre auch der Toskana-Urlaub. „Ich muss ehrlicher mit mir selbst sein“, ergänzt Jan L. später. Aber wie dem Problem beikommen, nachdem Gruppen- und Einzeltherapien offenkundig keinen Erfolg hatten? Medikamente, um seine Neigungen zu unterdrücken? Diese Lösung bringt der Angeklagte selbst ins Spiel.

Viel wird davon abhängen, wie der Psychologe den Rheindorfer einschätzt und welche Wege er aufzeigt. Er wird übernächste Woche sein Gutachten erstatten. Auch das Gericht setzt darauf. „Man kann nur hoffen, dass zukünftige Therapien bei Ihnen mehr fruchten“, sagte Thomas Stollenwerk.

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