Schulstart im Vollbetrieb„Die Entscheidung des Ministeriums ist grundfalsch“
- Am Mittwoch hat der Unterricht an den Schulen in NRW wieder begonnen.
- Das Schulministerium hat verfügt, dass die Klassen wieder in voller Stärke unterrichtet werden sollen – Schulleiterin Carola Becker sieht das kritisch.
- An ihrer Schule in der Neukronenberger Straße hat sie vielfältige Maßnahmen ergriffen, um den Schülern und Lehrern dennoch ein sicheres Lernen zu ermöglichen.
Leverkusen – „Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben so viel gearbeitet, wie seit Beginn der Corona-Krise“, stellt Carola Becker fest. Becker ist Schulleiterin der Sekundarschule an der Neukronenberger Straße. Ganz nüchtern klingt ihre Feststellung, keine Spur von Beschwerde. Stattdessen: Entschlossenheit. Ein buntes Sammelsurium an Schildern liegt ausgebreitet auf ihrem Tisch. Maske tragen, Abstand halten, Einbahnstraßensysteme, gestaffelte Ankunftszeiten, Pausen und vieles mehr.
Intensive Vorbereitungen anstelle von Ferien
Die gesamten Sommerferien hat Becker gemeinsam mit ihrem Kollegium an den Schutzmaßnahmen gefeilt, überlegt, wo es noch Verbesserungsbedarf gibt, versucht, die Verordnungen des Schulministeriums so gut wie möglich umzusetzen. Auch die Möglichkeiten des Distanzlernens wurden ausgebaut und verbessert – man will vorbereitet sein, sollte die Schule nochmals schließen müssen. So wurde die Software „Logineo“ eingeführt, um die digitale Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern, sowie das Lernangebot im Homeschooling effektiver zu gestalten.
Gestern war es dann schließlich so weit, das neue Schuljahr startete im Vollbetrieb. Die Mund-Nasen-Bedeckung müssen die Schüler nun auch während des Unterrichts tragen. Um Kontakte unter den Kindern so gering wie möglich zu halten, gelten feste Sitzpläne in den Klassenzimmern. Zudem muss jede Jahrgangsstufe für sich bleiben, doch zumindest diese Regelung findet Tim aus der 10a gar nicht so schlecht: „Jetzt können uns die Kleinen nicht mehr nerven!“
Stimmen der Schüler
Stratos Pechlivanis, 10b: Es ist komisch nach den ganzen Monaten wieder hier zu sein. Auch auf einmal wieder Kontakt zu so vielen Menschen zu haben, das hatten wir seit Beginn der Corona-Krise ja gar nicht mehr. Aber natürlich ist es gleichzeitig auch schön, alle endlich wiedersehen zu können. Den ganzen Tag die Maske zu tragen, ist jetzt im Sommer schon belastend. Ich kann mir vorstellen, dass das im Winter nicht so schlimm ist, aber letztendlich gibt es keine andere Möglichkeit. So ist es am sichersten! So spaßig wie sonst wird der Schulalltag leider nicht sein, doch besser als zuhause zu lernen, das war schlimm!
Jessica Klein, 10c: Ich finde es schon etwas komisch, wieder in der Schule zu sein. Es ist einfach anders als vor Beginn der Pandemie. Auch die Maskenpflicht während dem Unterricht finde ich nicht so toll. Trotzdem ist es mir so lieber, denn wir haben im Homeschooling sehr viel Stoff verpasst. (ReL)
Eine Schule für alle
Die Zehntklässler besuchen die Sekundarschule bereits seit ihrer Gründung. Seit 2015 wurde Schritt für Schritt der Übergang von der ehemaligen Gemeinschaftshauptschule zu der heutigen Sekundarschule vollzogen. Ab diesem Schuljahr sind erstmals alle Jahrgangsstufen von der Fünften bis zur Zehnten vollständig. „Als Sekundarschule sind wir eine Schule für alle“, erklärt Becker. „Wir unterrichten Kinder von allen drei Schulformen, also Haupt-, Real- und Gymnasialschüler.“
Eine Schule für alle – das muss die Sekundarschule nun auch in zweifacher Hinsicht sein, denn Schulministerin Yvonne Gebauer hat verfügt, dass die Schulen zum Beginn des neuen Schuljahres wieder in den Regelbetrieb zurückkehren sollen. „Ich persönlich halte die Entscheidung des Ministeriums jetzt in den Vollbetrieb überzugehen für grundfalsch“, kritisiert die Schulleiterin. Besser wäre es gewesen, wenn zunächst eine Übergangszeit von 14 Tagen stattgefunden hätte, schließlich kämen gerade alle aus dem Urlaub zurück. Auch die steigenden Infektionszahlen bereiten Becker Sorge. „Die Zeit wird zeigen, ob das die richtige Entscheidung seitens des Ministeriums war“, fügt sie hinzu.
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Prinzipiell finde sie es richtig, dass die Kinder wieder zur Schule gehen können, doch anstatt des Vollbetriebs hätte sie sich eine stundenweise, entzerrte Regelung gewünscht. Ihre Schüler dagegen lobt Becker. „Ich war erstaunt, wie gut die Schüler mit der ganzen Situation umgehen“, freut sich die Schulleiterin. Vorab habe sie befürchtet, dass Schwierigkeiten auftreten könnten, dass Schüler die Maske nicht tragen wollen oder Ähnliches. „Aber solche Probleme hatten wir kein Stück“, lobt Becker weiter. „Die Schüler sind sowas von diszipliniert. Ich glaube, die Schüler gehen mit alldem viel besser um, als wir glauben!“