LeverkusenerinSissy Fischer leidet unter einer seltenen Krankheit – und braucht Hilfe
Leverkusen – Wenn Sissy Fischer hustet oder niest, kann es passieren, dass eine Rippe verrutscht. Wenn sie sich im Bus festhalten muss, renkt sie sich die Finger aus. Die 28-jährige Leverkusenerin leidet unter einer seltenen Erkrankung, die alltägliche Aufgaben zur Herausforderung werden lassen. „Wenn ich morgens aufstehe, muss erst mal alles wieder dahin rutschen, wo es hingehört“, sagt Fischer.
Bei Sissy Fischer wurde eine Form des Ehlers-Danlos-Syndroms diagnostiziert. Die Ehlers-Danlos-Syndrome (EDS) sind eine Gruppe von angeborenen Störungen des Bindegewebes, was sich auf Gelenke, Organe, Muskeln, Bänder, Sehnen und die Haut auswirken kann. Die Betroffenen leiden in der Regel unter Gelenkhypermobilität, das heißt, dass sich Gelenke weiter als normal überstrecken.
Der Kleber funktioniert bei ihr nicht richtig
Bei gesunden Menschen ist das Kollagen, also das Bindegewebe, der Kleber, der alles im Körper zusammenhält. Bei EDS-Betroffenen funktioniert dieser Kleber nicht richtig, sodass Gelenke extrem flexibel sind oder Organe und Gefäße reißen können. Das Problem sei, dass man diesen Defekt weder auf Röntgenaufnahmen, noch im MRT erkennen kann, erklärt Fischer.
Im Laufe ihres Lebens habe sie sehr viele Fehldiagnosen bekommen, die von Epilepsie bis zu psychologischen Problemen reichten. Erst vor drei Jahren sprach ein Physiotherapeut und Heilpraktiker sie auf das EDS an, woraufhin diese Vermutung durch Tests von Ärzten bestätigt wurde. Meistens gehen mit EDS auch andere körperliche Probleme einher – häufig leiden die Betroffenen unter chronischen Schmerzen, einer Störung des autonomen Nervensystems oder am „Chronic Fatigue Syndrom“, einer chronischen Müdigkeit, die oft auch bei Long-Covid-Patienten festgestellt wird.
Mediziner zweifelten die Diagnose an
Bisher gibt es nur wenige Mediziner, die sich gut mit EDS auskennen, einige hätten ihre Diagnose auch angezweifelt, erzählt Fischer. „Ich habe viele schlechte Erfahrungen mit Ärzten gemacht und ich finde kein Mensch sollte erleben, dass man Angst haben muss, dass ein Arzt einem nicht glaubt“.
Sie gehört zu den fitteren EDS-Betroffenen und kann auch mit ihrer Krankheit ihren Beruf als Logopädin ausüben. Trotzdem renkt sie sich jeden Tag mindestens ein bis zwei Wirbel, Finger und Rippen aus. Sissy Fischer braucht zurzeit zum Gehen einen Rollator oder Gehstock. „Meine Lebenserwartung ist ähnlich wie bei gesunden Menschen auch. Aber ich als Therapeutin sage immer, was ist Lebenserwartung und was ist Lebensqualität?“, fragt Fischer.
„Ich kann nicht feiern gehen“
Viele Aktivitäten, die als normal gelten, wenn man 28 und jung ist, kommen für sie nicht infrage. „Ich kann nicht feiern gehen oder anziehen, was ich will, weil ich so viele Orthesen trage“, sagt sie. Eine Pflegekraft und eine Haushaltshilfe unterstützen sie bei alltäglichen Aufgaben, wie etwa einkaufen gehen. Kleinkriegen lässt sich die junge Frau trotzdem nicht.
Bis vor ein paar Jahren hat sie als Fantasy-Model für Fotoshootings vor der Kamera gestanden. Dafür hat sie Schmerztabletten genommen, musste danach direkt zur Physiotherapie und aufgrund der Anstrengung viel schlafen. „Ich bin sehr stur: Ich habe keine Lust, dass die Krankheit mein Leben übernimmt“, sagt Fischer und lacht.
Ein Assistenzhund kostet 10.000 bis 12.000 Euro
Um ihren Alltag zu erleichtern, möchte sie sich einen Assistenzhund anschaffen. Die Kosten eines solchen Tieres liegen zwischen 10.000 und 12.000 Euro und werden nicht von der Krankenkasse getragen. Sissy Fischer hat aus diesem Grund einen Spendenaufruf im Internet gestartet, um ihr die finanzielle Bürde zu erleichtern.
„Der Hund kann mir viele Dinge abnehmen, die mir Probleme bereiten“, erklärt sie. Dazu gehört das Aufheben und Tragen von Gegenständen, Türen öffnen, Jacken und Socken aus- und anziehen – und er kann sie beim Gehen stabilisieren. Zudem können Hunde wahrnehmen, wenn der Puls einer Person ansteigt und gleichzeitig der Blutdruck absackt, was in der Regel zur Bewusstlosigkeit führt und auch bei Fischer durch eine Störung des autonomen Nervensystems öfter vorkommt.
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Spürt der Hund diese körperlichen Anzeichen beim Menschen, steuert er die nächste Sitzgelegenheit an. Auch bei einem anderen Problem kann der Hund sie unterstützen: Er ist ein visuelles Anzeichen dafür, dass Fischer eine Behinderung hat. „Man muss nicht immer optisch krank aussehen. Ich weiß, dass man mir die Krankheit nicht direkt ansieht“, sagt sie. Sie wünscht sich mehr Verständnis dafür, dass auch junge Menschen krank sein können. „Krankheit hat kein Alter und kein Aussehen, und ich wünschte, das würde noch mehr in den Fokus geraten. Ich bin 28 und bin behindert, aber auch das ist normal“, erklärt sie.