AboAbonnieren

Sexueller Übergriff an KarnevalRichterin spricht Angeklagten frei – Zweifel bleiben

Lesezeit 3 Minuten
Amtsgericht Leverkusen Opladen Archiv1

Im Opladener Amtsgericht (Archivbild)

„Ich habe viel über diesen Fall nachgedacht“, sagte Richterin Reinhild Ströch am Dienstagnachmittag im Amtsgericht Leverkusen. Bei eben jenem Fall handelte es sich um eine Anklage wegen sexueller Nötigung gegen den 19-jährigen Kalil A. (alle Namen geändert, Anm. d. Red.). Er soll am Karnevalsfreitag des vergangenen Jahres in seiner Wohnung eine 16-Jährige bedrängt haben (wir berichteten).

An besagtem Freitag trafen die beiden in der Rathaus-Galerie zufällig aufeinander, man kannte sich flüchtig. Lisa ging es nicht gut, weshalb Kalil ihr anbot, sich in seiner Wohnung auszuruhen. Dort soll Kalil sich auf die schlafende Lisa gelegt und sie gegen ihren Willen geküsst und an der Brust und im Intimbereich angefasst haben. Kalil A. wies die Vorwürfe stets zurück. Er habe dem Mädchen nur helfen wollen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zeugin wurde wieder ausgeladen – DNA nicht relevant

Um Klarheit in den Fall zu bringen, bei dem sich am ersten Verhandlungstag die Aussagen gegenüberstanden, sollte nun eigentlich eine Polizistin gehört werden. Diese hatte DNA-Spuren an Lisa sichergestellt, vor Gericht war jedoch nicht ersichtlich, wo genau die Proben genommen wurden. Zu einer Anhörung der Zeugin kam es allerdings nicht. Die Richterin hatte eine Beamtin wieder ausgeladen, da die Polizei zum einen nicht mehr sicher sagen konnte, welche Person den Abstrich gemacht hatte, und zum anderen die Richterin die DNA nicht als ausschlaggebend für die Fällung eines Urteils betrachtete.

Widersprüche in den Aussagen des Opfers entdeckt

Wie Richterin Ströch gleich eingangs des zweiten Verhandlungstages darlegte, habe sie in ihrem Urlaub die Akte noch einmal eingehend studiert und die verschiedenen Aussagen der Geschädigten miteinander verglichen. Dort seien ihr diverse Ungereimtheiten aufgefallen, die ihre Aussage letztlich nicht belastbar machten. Zudem hätten bei der ersten Verhandlung selbst ihre Freunde bestätigt, dass das Mädchen stark alkoholisiert gewesen sei, was Lisa bestritt. Letztendlich führten die verschiedenen Versionen des Tathergangs dazu, dass nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte, ob der Angeklagte Lisa tatsächlich gegen ihren Willen angefasst habe.

„Es ist eine Akte, bei der man weder in die eine, noch in die andere Richtung falsch entscheiden will“, erklärte Ströch. Für Lisa sei es sicherlich ein schlimmes Signal, wenn ihr nicht geglaubt werde. Kalil A. hingegen fürchte um seine Zukunft. Er war als 15-Jähriger allein aus dem Irak geflohen und will sich in Deutschland ein besseres Leben aufbauen. Er sei vorbildlich integriert, berichtete die Jugendhilfe.

Am Ende steht der Freispruch

„Es ist gut möglich, dass etwas passiert ist, das Mädchen war sichtlich emotional aufgewühlt. Aber am Ende entscheiden dann nicht die Emotionen, sondern Beweise“, so Richterin Ströch. Kalil A. wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung freigesprochen.