Mit zwei Jahren hat Hendrik Müller beim TSV Bayer 04 Leverkusen begonnen, Sport zu treiben, seit diesem Jahr ist er U-20-Weltmeister im Stabhochsprung.
Stabhochspringer Hendrik MüllerLeverkusener zum Nachwuchssportler des Jahres nominiert
Nervenschwäche? Das ist keine Eigenschaft von Hendrik Müller. U-20-Weltmeisterschaft, Ende August, Lima, es ist kalt und feucht. Der Stabhochsprungwettkamp läuft schleppend an: Mit einer Bestleistung von 5,55 Metern sollten die 5,20 Meter eigentlich kein Problem sein. Doch der 19-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen reißt die Latte zwei Mal, erst im dritten Versuch gelingt der Sprung. Es folgen 5,30 und das gleiche Spiel: Zwei Fehlversuche. „Da denkt man sich: Mensch, du stehst hier auf einem anderen Kontinent im WM-Finale !“, erzählt Müller rückblickend. Und nutzt auch hier den dritten Versuch. Und auch die letzendliche Siegeshöhe von 5,45 Metern überspringt er wieder im Dritten. „Das ist natürlich eigentlich keine tolle Eigenschaft, es immer so weit kommen zu lassen“, sagt Müller. Doch er kann darüber lachen, denn Dank seiner Nervenstärke hat es gereicht zum Weltmeistertitel für den TSV-Athleten.
Wahl läuft bis Freitagnacht
Für diesen Erfolg ist der junge Leverkusener nun für die Wahl zum „Sporthilfe Juniorsportler 2024“ nominiert. Noch bis Freitag, 23.59 Uhr können Internetnutzer ihre Stimme für ihn abgeben, insgesamt stehen fünf Nachwuchssportlerinnen und -Sportler zur Auswahl – allesamt Weltspitze in ihrer Sportart.
Im Alter von nun 19 Jahren hat er bereits 17 Jahre Sportlerkarriere beim TSV hinter sich. Vom Kinderturnen wurde er mit sechs Jahren zur Leichtathletik weiterempfohlen. „Das hat mir nicht so Spaß gemacht, da waren nur Mädchen in der Gruppe, das fand ich nervig“, erinnert sich Müller. Er habe dann auch Tischtennis und Basketball ausprobiert und ist schließlich 2017 dem Aufruf zu einer Talentsichtung im Stabhochsprung gefolgt. „In der Kinderleichtathletik gab es Stabweitsprung, das hat mir Spaß gemacht. Und im Hochsprung war ich auch recht talentiert. Und da dachte ich mir: Mit Stab ist doch cooler.“
Und startete von da an durch: Fünf Mal Training die Woche, bei seiner ersten Teilnahme an nationalen Titelkämpfen gewinnt er 2021 direkt den deutschen Meistertitel der Altersklasse U-18. Dann folgt eine schwierigere Phase: Drei Wochen vor der U-18-EM in Jerusalem erkrankt Müller an Corona und wird fünfter, ein Jahr später sind es die Windpocken, die eine bessere Platzierung bei der U-20-EM verhindern. „Damals habe ich sieben Kilo abgenommen, das war die schlimmste Zeit meines Lebens“, sagt Müller heute.
Ziel: Olympia 2028
Doch die Rückschläge habe ihn nur noch mehr motiviert: „Das hat mich mega genervt, dass immer zu den Höhepunkten was ist.“ 2024 steigt er auf einen längeren Stab um, eine große Umstellung, legt bei der deutschen Hallenmeisterschaft der Erwachsenen einen „Salto Nullo“ hin – einen Wettkampf ohne gültigen Versuch. Wieder ein Motivationsschub: „Der Titel ging mit 5,45 Metern weg, ich habe mir dann vorgenommen, am nächsten Wochenende bei der U-20-Meisterschaft höher zu springen und es den älteren zu zeigen“, sagt Müller und liefert: Zuerst sichert er sich den Titel mit 5,46 Metern und lässt die Latte dann auf 5,55 Meter legen – persönliche Bestleistung. Und dann im Sommer der Weltmeistertitel.
Wechsel zur Bundestrainerin
Für Müller aber soll das erst der Anfang sein: „Mein großes Ziel ist Olympia 2028 in Los Angeles“, sagt der Sportsoldat selbstbewusst. Kurzfristigere Ziele seien die U-23-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in Norwegen. „Und ich möchte einmal Bestleistung bei einer großen Meisterschaft springen.“ Die liegt aktuell bei 5,55 Metern.
Dafür ist er von seinem Jugendtrainer Marvin Klaassen in die Leverkusener Trainingsgruppe von Christine Adams gewechselt, die auch Stabhochsprung-Bundestrainerin ist. „Der Abschied ist mir nicht leicht gefallen, und ich werde definitiv weiter auch mit Marvin in Kontakt bleiben und seinen Rat einholen.“ Mit dem Stab kann er allerdings derzeit nur am Wochenende trainieren, unter der Woche kommt er seiner Ausbildung zum Sportsoldat in Hannover nach, die er begann, nachdem er sein Fachabitur in Wirtschaft und Verwaltung am Berufskolleg Opladen abgelegt hat.
Und wer einen Stabhochspringer nach seiner Traumhöhe fragt, der bekommt eigentlich immer die gleiche Antwort: „Sechs Meter natürlich!“, sagt auch Müller und setzt aber direkt noch einen drauf: „Und dann auch gerne direkt 6,02 - das wäre der deutsche Rekord.“ Den hält aktuell Björn Otto mit 6,01. Mangelndes Selbstbewusstsein ist also auch kein Kennzeichen von Hendrik Müller.