Lange schien es, als würden sich die Vertreter des Zweckverbandes auf eine erneute Prüfung einigen, dann drehte der Wind in der Diskussion plötzlich.
BKO OpladenTrotz Leverkusener Finanzkrise: Neubau des Berufskollegs soll kommen
Eine Kehrwende wie diese erlebt man selten in politischen Diskussionen. Dass sich die Vertreter des Berufsschulzweckverbandes am Ende ihrer einstündigen Sitzung doch einstimmig für den Neubau des Berufskollegs Opladen aussprachen, war so zuvor nicht absehbar gewesen.
Rückblick: Vor knapp einem Jahr hatte der Zweckverband der Städte Leverkusen, Leichlingen, Burscheid, Langenfeld und Monheim dafür gestimmt, das knapp 60 Jahre alte Berufskolleg in der neuen Bahnstadt Opladen neu zu bauen. Die Bausubstanz an der Stauffenbergstraße ist marode, außerdem sei es nicht möglich, die ebenfalls bereits beschlossene Profilbildung in Zusammenarbeit mit den Leverkusener Berufsschulen an der Bismarckstraße in diesen Räumen angemessen umzusetzen.
Neue Profilbildung in Opladen und Wiesdorf
Durch die neue Profilbildung soll sich das Berufskolleg Opladen auf die technischen Berufe konzentrieren und mit dem Geschwister-Scholl-Berufskolleg an der Bismarckstraße Bildungsgänge tauschen. Ausbildungen etwa in den Bereichen Fahrzeug-, Metall- und Elektrotechnik sollen dann konzentriert nur noch in Opladen angeboten werden, Sozialpädagogik und Gesundheitswesen in Wiesdorf. Dafür brauche es aber Werkstätten und Räume mit schweren technischen Geräten, die in der Stauffenbergstraße nicht unterzubringen seien. Also müsse der Neubau her, der wohl auch nicht viel teurer werden sollte, als die Sanierung des maroden 60er-Jahre-Baus.
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So der Stand von Dezember 2023. In der Sitzung am Montagabend allerdings brachte Oberbürgermeister Uwe Richrath in seiner Funktion als Verbandsvorsteher einen neuen Antrag ein: Die Planungen für den Neubau sollten erst einmal pausieren und erneut erörtert werden, ob eine Sanierung im Bestand nicht doch möglich sei.
Der Hintergrund: „Leverkusen und Monheim haben jetzt ganz andere finanzielle Voraussetzungen“, sagt Richrath. Durch weggebrochene Gewerbesteuereinnahmen stecken beide Städte in einer Haushaltskrise. Der Zweckverband wird nach einem Schlüssel finanziert, der einen Quotienten aus der jeweiligen Schülerzahl und der Steuerkraft der Kommunen berücksichtigt. Leverkusen etwa werde nicht mehr so viel einzahlen können, wie bisher. „Das heißt: Die Belastungen verändern sich“, sagt Richrath in Richtung der anderen Kommunen. Deswegen schlage er vor, noch einmal „in eine tiefere Prüfung einzusteigen“.
Langenfeld will nicht mehr zahlen
Das gefällt den Vertretern aus Langenfeld, die schon im vergangenen Jahr gegen den Neubau gestimmt hatten – aus Protest gegen den Verteilungsschlüssel: „Unsere Haltung hat sich nicht geändert, wir sind froh über den Vorschlag“, sagt Sonja Wienecke. Die Finanzlage in Langenfeld sei stabil, noch mehr zahlen wolle man aber nicht. Auch die Vertreter aus Monheim hatte im vergangenen Jahr so abgestimmt, durch die neue Haushaltssituation sind sie jetzt allerdings nicht mehr für einen neuen Verteilungsschlüssel, aber durchaus für die neue Prüfung. „Ich denke, wir brauchen die Daten der Schmalspurvariante, um die Finanzaufsicht zu überzeugen“, sagt Florian Große-Allermann.
Roswitha Süßelbeck aus Leichlingen äußert Bedenken, dass diese erneute Prüfung den ohnehin seit Jahren andauernden Prozess weiter verschleppen könnte. „Ich habe die Sorge, dass am Ende beides nicht stattfindet.“ Es folgt eine lange Diskussion darüber, wie schnell die Optionen geprüft werden können und ob es eine Alternative sei, die geplante Profilbildung ganz abzusagen und weiter den „kleinen Gemischtwarenladen an allen Standorten“ zu betreiben, wie Leverkusens Schulbereichsleiterin Caroline Maus sagt.
Dann schaltet sich Lehrerin Claudia Steinringer-Kruppe ein, die das Berufskolleg in der Sitzung vertritt. Sie könne den Druck von Finanzaufsicht und Wählern verstehen. „Aber wenn Sie hier mal eine schnelle Entscheidung getroffen hätten, hätten wir das ganze noch vor dem Ukrainekrieg für einen Bruchteil des Geldes realisieren können.“ Sie ist seit 1999 an der Schule und nicht nur die Bausubstanz zerfalle zusehends, sondern auch die Energie der Lehrkräfte, die das Gefühl haben „wir laufen gegen Windmühlen und Gummitüren.“
Und schließlich setzt Thomas Kaps (Burscheid) zu einer deutlichen Rede an: „Wir reden hier darüber, die beschlossene Profilbildung wieder zu streichen und die Ausbildung schlechter zu machen?“ Die Betriebe in Burscheid bräuchten dringend gut ausgebildete Leute gerade in technischen Berufen, nur so könnten sie weiter Gewerbesteuereinnahmen generieren. „Und das Gebäude hier wird immer älter, die Probleme immer größer, und wir schieben und schieben.“ Letztlich könne keiner versprechen, dass eine Altbausanierung tatsächlich günstiger wäre. Kurzum: „Das Ding muss gebaut werden.“ Er sei gerne dabei, nach Einsparmöglichkeiten im Neubau zu suchen.
Planungen gehen weiter
„Wenn wir uns einig sind, dass wir die Profilbildung behalten wollen, brauchen wir nichts prüfen, die Zahlen haben wir“, sagt Ute Demmer, Geschäftsführerin des Zweckverbandes. Und so geht es plötzlich ganz schnell, der Antrag auf erneute Prüfung wird einstimmig abgelehnt – lediglich die Vertreter aus Langenfeld sehen ziemlich überrumpelt aus ob der plötzlichen Kehrtwende. Demmer sagt, sie könne nun morgen den Auftrag an ein bereits engagiertes Architekturbüro herausgeben, das die Ausschreibung für die allgemeine Projektsteuerung organisieren soll. „Die brauchen nur in die Schublade zu greifen.“
Im Publikum ist auch Markus Pott überrascht. „Da sieht man den großen Stellenwert der Bildung“, sagt der Fraktionsvorsitzende von Opladen Plus - und freut sich: „Aus städtebaulicher Sicht ist das natürlich eine tolle Sache.“ Der Neubau soll direkt neben dem Bahnhof Opladen entstehen, das Grundstück hat die Stadt dem Zweckverband im Rahmen einer Ausgleichszahlung angeboten.