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Auf Taxifahrerin eingestochenDiese alten Fälle aus Leverkusen rollt die Kripo neu auf

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5000 Mark Belohnung wurden ausgeschrieben, ein Phantombild gezeichnet, doch der Täter entkam.

Leverkusen – Es ist der 9. Februar 1991, ein Freitag um 20.30 Uhr, als ein junger Mann in das Auto einer 41 Jahre alten Taxifahrerin aus Leverkusen steigt. Wenig später wird die Frau schwerverletzt und blutüberströmt im Nittumer Weg in Schlebusch neben ihrem Wagen gefunden. Der Täter entkommt – und wird bis heute nicht gefunden. Nun rollt die Polizei diesen und weitere ungeklärte Gewaltverbrechen aus Leverkusen neu auf.

Es sind Fälle, die Polizisten und Angehörige auch Jahrzehnte später nicht loslassen. In Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Köln durchforsten fünf Kriminalbeamte unter Zuhilfenahme von sechs schon pensionierten weiteren Beamten bisher ungeklärte Kapitalverbrechen, sogenannte „Cold Cases“ aus den letzten 50 Jahren in Köln und Umgebung.

Polizei: Neueste technologische Mittel werden eingesetzt, um Fälle zu lösen

Drei der rund 190 Fälle spielten sich in Leverkusen ab, im Laufe der Ermittlungen könnten noch weitere hinzukommen, sagt Markus Weber, Leiter der im Februar gestarteten Ermittlungsgruppe bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Köln. Durch neueste technologische Mittel, etwa moderne DNA-Analysen, besteht bei vielen dieser Fälle die Hoffnung, sie nun doch noch zu einem Abschluss zu führen. Zwei der drei nun wieder aufgerollten „Cold Cases“ aus Leverkusen stellte die Ermittlungsgruppe bei der Pressekonferenz exemplarisch vor.

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„Mordversuch an Taxifahrer“, titelte der „Leverkusener Anzeiger“ im Februar vor 31 Jahren.

In beiden Fällen, die die Polizei im Kölner Präsidium am Dienstag vorstellte, überlebten die Opfer. Die 41 Jahre alte Taxifahrerin schafft es noch, über Funk einen Notruf an ihre Kolleginnen und Kollegen abzusetzen. Als sie zehn Minuten später gefunden wird, hat sie schwere Stich- und Schnittverletzungen am Hals erlitten. Sie wird ins Krankenhaus gebracht und schwebt nach einer Notoperation nicht mehr in Lebensgefahr.

16 Zentimeter langes Brotmesser wurde gefunden

Der unbekannte Täter hatte ihr zuvor die Geldbörse abgenommen – und anschließend mit einem 16 Zentimeter langen Brotmesser auf sie eingestochen. Eine Fahndung der Polizei nach einem ungefähr 25 Jahre alten und etwa 1,80 Meter großen Mann von kräftiger Statur mit Ohrstecker und Walkman blieb erfolglos. 5000 Mark Belohnung wurden für Hinweise auf den Täter ausgesetzt, ein Phantombild veröffentlicht, doch der Mann wurde nicht gefunden.

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Der „Leverkusener Anzeiger“ berichtete am 20. April über den Angriff auf die Polizisten.

Die neuer Ermittlungsgruppe hofft nun, durch eine Fallanalyse neue Erkenntnisse über die Motive des Täters zu erlangen. Fest stehe, dass es sich um versuchten Raubmord handelte, so Weber: „Doch auch ein versuchtes Sexualdelikt ist nicht auszuschließen.“ Nun soll eine exakte Rekonstruktion des Tatgeschehens erfolgen, um darauf aufbauend ein Täterprofil zu erstellen und den Kreis der Verdächtigen enger zu ziehen, als das vor 31 Jahren möglich war.

Im zweiten Leverkusener „Cold Case“, der nun neu aufgerollt wird, entkamen eine Polizistin und ein Polizist dem Tod. Tief in der Nacht, um 2.30 Uhr, wollten ein 28-jähriger Polizeiobermeister und eine 20-jährige Polizeihauptwachtmeisterin, erst seit wenigen Wochen im Dienst, einen anthrazitfarbenen Opel Omega kontrollieren.

Die Täter flüchten im Opel und werden nie geschnappt

Die vermutlich zwei Personen flüchten zunächst, halten dann an – und schießen mit einer großkalibrigen Waffe auf das Auto der Polizisten. Die können sich in Deckung bringen, vier Kugeln schlagen in parkende Autos und eine Schaufensterscheibe ein. Mindestens elf Schüsse werden abgegeben. Die Täter flüchten im Opel, der am nächsten Tag in Burscheid-Blasberg gefunden wird. Sie werden nie geschnappt.

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Auch ein Phantombild führte die Ermittler nicht auf die Spur der flüchtigen Männer.

29 Jahre später ist das Auto zwar verschrottet, aber die dort aufgefundenen Spuren gibt es noch. Man könne sie nun mithilfe moderner Technologie neu auswerten, erklärte Weber. Die Ermittler hoffen auch, neue Erkenntnisse über die Motive der Täter zu erlangen. „Man sieht, dass für Angriffe auf Polizisten auch nichtige Anlässe ausreichen“, sagt Weber mit Blick auf den Mord von zwei Polizisten in Kusel.

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Auch in diesem Fall wird ein Phantombild veröffentlicht. So wird ein 28 bis 32 Jahre alter Mann gesucht, bis zu 1,90 Meter groß, mit nach hinten gekämmten Haaren und auffallend hellen Augen.

Schon 1993 gehen die Ermittler der Spur nach, es könne sich bei den Flüchtigen um Mitglieder der RAF handeln. Die Masche, das genutzte Fahrzeug mit nachgemachten Kennzeichen auszustatten und so eine Dublette eines existierenden Autos zu erschaffen, wurde schon zuvor bei der linksterroristischen Vereinigung beobachtet. Bei den neuen Ermittlungen soll auch dieser Spur noch einmal nachgegangen werden.