Auf dem Wiesdorfer Christkindchenmarkt zeigt sich: Weihnachtsstimmung und Sehnsucht nach einer Auszeit von den Sorgen haben nichts mit dem Kalender zu tun.
Weihnachtsstimmung in WiesdorfAuf dem Christkindchenmarkt die Sorgen vergessen
Es ist egal, dass es noch Nachmittag ist, dass es noch nicht dunkel ist, dass es erst November ist: Die Leverkusenerinnen und Leverkusener sind jetzt schon im Weihnachtsfieber. Das zeigt sich ganz deutlich am Samstag auf dem Christkindchenmarkt in Wiesdorf. Diese Stimmung vermitteln aber nicht nur die Menschen, sondern vor allem auch das Arrangement des Markts: Die Stände, deren Giebel in grüne Tanne eingewickelt sind, die Krippenfiguren und Wollsocken, mit denen man sich auf den Advent vorbereiten kann und auch die Auftritte, die man auf einer Bühne vor der Rathaus-Galerie bestaunen kann.
Rapversion von „Süßer die Glocken nie klingen“
Um 15 Uhr sorgen hier gerade die Little Johns für Weihnachtsstimmung. Vier Weihnachtsmänner, deren Anblick allein schon gute Laune macht: In voller Montur – mit Tannenbaumkappen auf den Köpfen und Tuba, Gitarre, Posaune und Trompete – rocken sie die Bühne mit „Ihr Kinderlein kommet“ und „leise rieselt der Schnee“ oder versuchen sich an einer Rapversion von „Süßer die Glocken nie klingen“. Nach ihrem Auftritt geht es auf die Straße zu den Menschen, auf der sie mit den weihnachtlichen Evergreens wie „Feliz Navidad“ oder „White Christmas“ wohl auch den letzten Weihnachtsmuffel anstecken.
Das Angebot des Christkindchenmarkts ist breit gefächert: Von traditionellen Bienenwachskerzen bis hin zum Kartenlegen offeriert der Veranstalter die ganze Bandbreite an Angeboten. Dabei stellt sich doch auch die Frage, inwiefern der ein oder andere Stand in Verbindung mit Weihnachten steht. Können Handyhüllen als Geschenkidee für das Fest der Liebe durchgehen oder ruinieren sie die Atmosphäre? Helfen als Clowns verkleidete Luftballonkünstler dabei, auch das jüngere Publikum anzusprechen oder gehören sie einfach nicht auf einen Weihnachtsmarkt? Die Meinungen dazu dürften wohl gemischt sein. Die Mischung des Angebots gefällt aber auch einigen Leverkusenerinnen und Leverkusenern. „Die Diversität macht den Charme doch aus“, findet ein Paar aus Opladen. So stört es sie auch nicht, dass sie ihren Glühwein zu „Take Me Home, Country Roads“ statt „Last Christmas“ trinken.
Die Opladener sind vollkommen in Weihnachtsstimmung, daran kann auch eine Musik nichts ändern, die fehl am Platz scheint. „Unsere Wohnung ist schon seit dem 1. November weihnachtlich dekoriert“, sagen sie. Gerade in der aktuellen Situation brauche es diese weihnachtliche Atmosphäre. „Es tut der Seele gut, hier abschalten zu können“, finden sie.
Ähnlich sehen das Ela, Gilla, Melli und Franco, die Freundesgruppe hat es sich bei einem Glühwein bequem gemacht; sie genießen den Augenblick. „Es ist eine Auszeit von den Sorgen und vom Alltag, darauf haben wir alle gewartet“, sagt Franco. Ela fügt hinzu: „Wir sind im Hier und Jetzt. Wir schieben die Krisen kurzfristig weg und – das fühlt sich gut an.“ Mit der Stimmung auf dem Markt sind die vier rundum zufrieden, die Menschen würden hier dafür sorgen, immerhin werde viel gekauft, es sei voll und alle hätten ein Lächeln auf dem Gesicht.
Leverkusener Weihnachtsmarkt bietet Trubel und Entschleunigung
Dabei finden sowohl Besucherinnen und Besucher, die ein bisschen mehr Trubel brauchen, als auch alle, die Entschleunigung auf dem Weihnachtsmarkt suchen, das passende Angebot. Für Kinder gibt es ein Suchspiel, bei dem man Eintrittskarten für den Märchenwald in Altenberg gewinnen kann. In einem Stand ist eine Weihnachtswerkstatt aufgebaut, die Kinder müssen die versteckten Mäuse finden, um dem Gewinn ein Stückchen näherzukommen.
Ein paar Stände weiter sammelt das Lise-Meitner-Gymnasium Geld für seine Abikasse. Der Stand ist einer von zwei Sozialständen, die Gruppen für ihre Projekte mieten können. Auch Marcel Kirstges von Papperlapp steht in einem Sozialstand. Hier informiert er über Sicherheits- und Selbstbehauptungskurse für Kinder. Das Konzept der Sozialstände überzeugt die Leverkusenerinnen und Leverkusener. Es fügt sich aber auch einfach stimmig ins Bild vom Fest der Liebe: Zu keiner anderen Jahreszeit geht es schließlich so explizit um das Soziale wie im Advent.
Auf dem Christkindchenmarkt in Wiesdorf wird vor allem deutlich, wie sehr die Menschen sich nach der Weihnachtszeit gesehnt haben, wie sehr sie diese Auszeit gerade mit Blick auf die gesellschaftlichen, aber auch auf die persönlichen Krisen gebraucht haben. Und dann scheint die Weihnachtsstimmung auch nicht von dem Datum auf dem Kalender abhängig zu sein.