Die Mitglieder des Kulturausschusses wollen die Kultur in Leverkusen mehrheitlich neu aufstellen. Die Debatte darüber wurde giftig geführt.
AusschussGrüne wütend über Plan der Mehrheit für Kulturarbeit in Leverkusen
Die Mitglieder des Kulturausschusses hatten eine halbe Stunde beisammen gesessen, als es ans Eingemachte ging. Auf der Tagesordnung stand an siebter Stelle nämlich jener Antrag, in dem CDU, SPD, FDP sowie die fraktionslosen Gisela Kronenberg eine umfassende Neuordnung der städtischen Kulturarbeit fordern. Es gibt wenig wichtigere Dinge, die in den vergangenen Jahren in diesem Ausschuss auf dem Tisch gelandet waren. Und schon die Vorgeschichte dieses aktuellen Antrags hatte ja für Aufsehen und Ärger gesorgt.
Vollkommen überraschende Aktion
Denn erstellt worden war das revolutionäre Papier von Kulturpolitikerinnen und -politikern, die sich vor gut eineinhalb Jahren zur „Interfraktionellen Freitagsrunde“ zusammengeschlossen hatten. Das Ziel: Gemeinsam ein Konzept erarbeiten, das die „Kultur-Stadt-Lev“ (KSL) auf den Prüfstand stellt und neu ordnet. Jenen Eigenbetrieb der Stadt also, in dem 2002 alle städtischen Einrichtungen des kulturellen Lebens zusammengefasst worden waren und der über die Jahre aus verschiedenen Gründen immer defizitärer geworden war. Letzte Prognose: Ende der Fahnenstange, weil Eigenkapital aufgefressen, im Jahre 2025.
Der Haken an der Sache: Die Grünen um die Kulturausschussvorsitzende Roswitha Arnold hatten zwar stets mit in der Freitagsrunde gesessen. Indes: Der Antrag war Arnolds Aussage nach außerhalb dieses Kreises erdacht worden. Ohne Beteiligung der Grünen. Und somit kam es – neben vielen anderen – eben auch für Arnold und ihre Partei vollkommen überraschend, als die den Antrag stellenden Fraktionen am vergangenen Freitag, 3. März, nachmittags das Papier plötzlich veröffentlicht und auf die Tagesordnung der nur 96 Stunden später anstehenden Ausschusssitzung gesetzt hatten.
Entsetzen bei den Grünen
Während Bernhard Marewski (CDU) nun vom dringenden Bedarf sprach, die Kultur in Leverkusen grundlegend zu erneuern und eben nicht nur zu verwalten, nachdem jahrelang nichts passiert sei, und während er betonte, man lade „alle“ ein, diesen neuen Weg mitzugehen und mitzugestalten, es sei alles offen, gab es von der Gegenseite eine Melange aus Sorge, Zweifel und Wut um die Ohren. Vor allem Wut.
Die war Arnold nämlich anzuhören, als sie nach Marewski an der Rede-Reihe war: „Wir sind entsetzt, wie Sie einen solchen Antrag derart dilettantisch auf den Weg bringen.“ Natürlich: Man könne die Aufgabenwahrnehmung in der KSL hinterfragen und kritisieren. Das sei Diskurs. Und Diskurs sei „die DNA von Kultur“. „Aber in Ihrem Antrag findet eine belastbare und transparente Analyse der Zielsetzung und der Wirksamkeit der Forderungen gar nicht statt.“
Hinzu komme die Ignoranz gegenüber denjenigen, die nicht an der Ausarbeitung des Antrags beteiligt gewesen seien – etwa eben der Grünen: „Selbst in den dramatischsten Situationen für die Kultur in dieser Stadt ist es immer Usus gewesen, dass sich die Fraktionen einig waren.“ Das sei nun entsprechend ein Bruch mit dieser Vergangenheit. Überdies sei die geforderte Aufteilung eine „Atomisierung“ der Kultur, durch die die Stadt kulturell zur „Provinz“ werde. „Durch Zerschlagung von Kultur macht man keine Kulturarbeit.“
Der Dezernent zweifelt
Kulturdezernent Marc Adomat meldete sich ebenfalls ausgiebig zu Wort: „Es ist sicherlich nachvollziehbar, dass ich als noch zuständiger Dezernent diesen Antrag nicht kommentarlos passieren lassen werde. Er betrifft meine Mitarbeitenden – und damit auch mich und mein Dezernat.“ Das Eigenkapital der KSL werde zwar kontinuierlich aufgezehrt. „Damit ist uns allen klar, dass Veränderungen notwendig sind.“ Bei allen Einsparungen habe die KSL bislang jedoch immer sehr effizient gearbeitet und stehe mit der Güte dieser „hochkarätigen“ Arbeit im regionalen Vergleich sehr gut da.
Zudem habe sich Vieles an der Struktur der KSL durchaus bewährt – etwa die Ausgliederung der Immobilien aus der Gebäudewirtschaft der Stadt in die KSL: kürzere Wege, schnellere Erledigung von Reparaturen, große Effizienz. „Es stellt sich daher die Frage, welche konkreten und messbaren Ziele mit der Zerschlagung der KSL angestrebt werden.“
Antrag angenommen
Letztlich wurde der Antrag jedoch nach einer gut einstündigen Diskussion unter den Augen zahlreicher Gäste – unter anderem Mitarbeitende der KSL aus dem Forum, in dem der Ausschuss tagte – angenommen. Lediglich die Grünen stimmten dagegen. Ein von ihnen geforderter Prüfauftrag wurde abgelehnt. „Schon dadurch zeigt sich ja, dass eben nicht offen und gemeinsam an einer Lösung gearbeitet werden soll“, betonte Arnold am Tag danach noch einmal.
Sollten die Ratsmitglieder also in ihrer nächsten Sitzung am 30. März also den Forderungen zustimmen, wird die KSL ab dem 1. Januar 2024 Geschichte sein. Die Bereiche Kunst, Kultur, Museum sowie die zu gründenden Institute für Stadtkultur und Stadtgeschichte landen im Dezernat I, sprich: beim OB, der die Kultur vor einigen Jahren auch „zur Chefsache“ erklärt hatte.
In einem neuen Fachbereich Weiterbildung und Außerschulische Bildung werden dann die Stadtbibliothek, die VHS und die Musikschule organisiert. Die Immobilien der KSL fallen der Gebäudewirtschaft der Stadt zu.