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Mehrere Firmen pleitegegangenAnklage gegen Kölner Geschäftsmann

Lesezeit 6 Minuten
Knetsch 1

Felix Knetsch

  1. Firmen mit erfolgreichen Politikern gründen: Das gehört zum Konzept des Kölner Unternehmers Felix Knetsch.
  2. Zu seinen Partnern zählt der ehemalige NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP).
  3. Zahlreiche Knetsch-Firmen jedoch sind pleitegegangen, jetzt muss er sich unter anderem wegen des Vorwurfs der Insolvenzverschleppung und des Bankrotts vor Gericht verantworten.

Köln – Ingo Wolf, 63, lobte seinen Geschäftspartner über den grünen Klee: Felix Knetsch, 39, sei jemand, der mit Ehrgeiz und Zielstrebigkeit versuche, Probleme zu lösen, schwärmte der Ex-NRW-Innenminister in einem Interview im Herbst 2018. Der langjährige FDP-Landtagsabgeordnete betonte vor allem „den Wertegedanken“, den man in der Firmengruppe Fidum gemeinsam versuche zu entwickeln, um Unternehmern in schwierigen Situationen zu helfen. Fidum kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „zuverlässig“. Und Wolf ist Geschäftsführer einer Unternehmensberatungsfirma, die unter dem Dach der Fidum-Gruppe firmiert. In einer mittlerweile insolventen Aktiengesellschaft des Firmen-Geflechtes leitete er den Aufsichtsrat.

Laut Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform und Handelsregisterauszügen besteht die Fidum-Gruppe, geleitet von Felix Knetsch, aus einem Konglomerat unter anderem von Bau-, Immobilen und Beratungsgesellschaften, in dem fünf Firmen derzeit zwar noch aktiv, mehrere Unternehmen jedoch pleite sein sollen. Knetsch, den Chef der Unternehmensgruppe, und zwei weitere Partner haben die Strafverfolger im Zusammenhang mit mehreren Firmen wegen Insolvenzverschleppung und Bankrotts beim Schöffengericht in Köln angeklagt. Unter anderem geht es laut Anklage um nicht abgeführte Sozialabgaben in Höhe von 70.000 Euro.

Vorwürfe vom Ex-Partner

Auch der Ex-Vorstand der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) und CDU-Politiker Walter Reinarz stand als Beschuldigter in der Anklageschrift. Der hatte sich 2015 dazu überreden lassen, bei zwei Unternehmen der Fidum-Gruppe neben Knetsch in die Geschäftsführung einzusteigen. Reinarz aber kam gegen Zahlung einer Geldauflage von 10.000 Euro mit einem blauen Auge davon, muss sich nicht vor Gericht verantworten. „Mein Mandant ist von Herrn Knetsch nicht vollständig informiert worden“, betonte Reinarz Strafverteidiger Frank Langen auf Anfrage, „er wusste nicht, wie es um diese Firmen tatsächlich stand und ist auch nach wenigen Monaten wieder aus den beiden Unternehmen ausgeschieden.“

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Walter Reinarz auf einem Bild aus dem Jahr 2010.

Die Pleite der Gleisbau-Firma

Im Kern dreht sich die Geschichte laut einer Sprecherin des Amtsgerichtes Köln um die Otto Conrad Eisenbahnbau- und Tiefbaugesellschaft mbh & Co.KG (OCE). Das 100 Jahre alte Traditionsunternehmen arbeitete für höchst seriöse Kunden: etwa für die KVB, für die Rheinenergie und die Ford-Werke im Gleisbau. Das Geschäft lief, als Knetsch die OCE im Jahr 2014 über eine Firma aus seiner Fidum-Gruppe übernahm.

Der 39-Jährige, Mitglied im Wirtschaftsrat der Kölner CDU, heuerte 2015 seinen Parteifreund Reinarz an. Letzterer sollte als Berater Aufträge aus dem öffentlichen Verkehr an Land ziehen. Bald aber kippte die Geschäftslage: 2015 kündigte laut Anklage der Großkunde Ford die Verträge mit der Gleisbaufirma Otto Conrad. Im Zuge eines riesigen Korruptionskomplexes habe der Autoproduzent festgestellt, dass das Unternehmen vor der Übernahme durch die Fidum-Gruppe an Ford-Mitarbeiter Schmiergelder gezahlt und dann überhöht abgerechnet haben soll. Mit dem Hinweis auf entsprechende Schadenersatzansprüche weigerte sich Ford, etwa 300.000 Euro an offenen Forderungen zu begleichen. Auch die KVB kippte laut Ermittlungen die Zusammenarbeit mit der OCE, weil die Firma Vereinbarungen nicht eingehalten haben soll.

Das einst solvente Unternehmen stürzte ab. Knetsch soll nach Angabe des ursprünglich mitangeklagten CDU-Mannes Walter Reinarz versucht haben, die noch vorhandenen Mittel zwischen seinen Firmen hin- und herzuschieben, um eine ausreichende Liquidität zu gewährleisten, heißt es in der Anklage. Ab Mai 2015 wurden laut Staatsanwaltschaft Köln Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr gezahlt, auch die Löhne für Dutzende Mitarbeiter soll man schuldig geblieben sein, berichtet ein Insider. Das Aus für die Firma kam, als die „Knappschaft Bahn See“ 25.000 Euro ausstehender Sozialabgaben einforderte und Insolvenzantrag stellte. Trotz leerer Kassen sollen Knetsch & Co. zu spät zum Insolvenzgericht gegangen sein, werfen ihnen die Ermittler vor. Am Ende standen laut Anklage gut fünf Millionen Euro Schulden zu Buche.

Knetsch bestreitet Vorwürfe

Knetsch bestreitet die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ betont er, einen siebenstelligen Betrag in das kränkelnde Unternehmen gesteckt zu haben. Trotz „eines großen persönlichen Einsatzes gelang die Rettung der Firma nicht“. Zum einen gibt Knetsch den Altgesellschaftern die Schuld am Niedergang, er sei „bei der Anteilsübertragung nicht hinreichend informiert“ worden und ihm seien bei der „Firma Otto Conrad durch eine Auftragsverschiebung in eine andere Firma liquide Mittel vorenthalten“ worden. Zum anderen bestehe aus seiner Sicht der Verdacht, dass er nicht ordnungsgemäß durch seine früheren Anwälte beraten worden sei. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge indes habe er abgeführt, beteuert Knetsch.

Die Umstrukturierung

Die Ankläger im Kölner Justizzentrum sehen dies allerdings anders. Zumal es sich nicht um das einzige Strafverfahren gegen Knetsch handelt: Nach einer wirtschaftlichen Umstrukturierung seiner Firmengruppe in den Jahren 2015 und 2016 sollte die neugegründete Fidum Bau AG das Geschäft der insolventen Firmen weiterführen. Erneut lenkte Knetsch die Geschicke, aber auch die Aktiengesellschaft war laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft 2017 am Ende. Und auch in diesem Fall wurde Anklage gegen den 39-Jährigen wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge erhoben, bestätigte eine Sprecherin des Amtsgerichtes Köln. Der Anwalt des Angeschuldigten teilte dazu mit: „Auch wenn der allergrößte Teil der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Firmen aus der Vergangenheit vor dem Eintritt von Herrn Knetsch resultiert, hat sich dieser bislang stets seiner Verantwortung gestellt und wird das auch in Zukunft jederzeit tun.“

Die Rolle des Ex-Ministers

Ex-Innenminister Wolf war Vorsitzender des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft. In der Stellungnahme des Unternehmens sei der „Sachverhalt hinreichend deutlich klargestellt“ worden, betonte er auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Mehr habe er bezüglich seiner Aktivitäten bei der Fidum-Gruppe nicht zu sagen. Seinen Geschäftspartner, der sich neben strafrechtlichen Problemen auch mit Gläubigern herumschlagen muss, hat Wolf noch in einer anderen Sache unterstützt: Am 1. Februar 2019 zahlte er Unterlagen zufolge eine erste Rate der Forderung, die externe Berater gegen die Fidum-Gruppe geltend machen – 210.000 Euro.

Soweit ist es bei Fritz Schramma nie gekommen.

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Ingo Wolf auf einem Bild aus dem Jahr 2010.

Der ehemalige Kölner Oberbürgermeister hat früher mit Knetsch zusammengearbeitet, war ab Mai 2013 Geschäftsführer einer Fidum-Firma, die mittelständische Unternehmen unter anderem im Umgang mit Kommunen beraten sollte. Im Dezember 2014 trennten sich die Wege jedoch, Schramma trat als Geschäftsführer zurück. Nach Angaben von Insidern soll der Ex-OB kein Vertrauen mehr in seinen Geschäftspartner gehabt haben. Schramma wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Sachverhalt äußern.

Das neue Projekt

Knetsch lässt sich seinen Tatendrang nicht nehmen. Kurz vor Weihnachten votierte der Stadtrat von Blankenheim in der Eifel für ein neues Projekt. Auf einem stillgelegten Freibadgelände soll ein Klettergarten entstehen. Kosten: drei Millionen Euro. Der Investor heißt Felix Knetsch. Eine geniale Idee, bekannte der stellvertretende Landrat Markus Ramers (SPD) euphorisch: „Blankenheim braucht eine solche Aufwertung.“ Derzeit werde um die Details des Kletterparks verhandelt, sagte Erwin Nelles, Vize-Verwaltungschef in Blankenheim, auf Nachfrage. Dabei geht es darum, zu welchen Konditionen die Stadt das Freibadareal Knetsch und seiner Fidum-Gruppe überlässt. Von den Problemen des Kölner Investors ist den Blankenheimern nichts bekannt.