Im Oberbergischen sind am Wochenende wieder verschiedene Archäologietouren angeboten worden.
Geografin Silke Junick erklärte den Teilnehmern unter anderem, wo es einst ein großes Bergwerk gab.
Und es ging um eine der verkehrsreichsten Strecken des Rheinlandes. Die heute in einem Wald liegt.
Oberberg – Wer Silke Junicks Finger folgt und in die Sträucher schaut, der sieht erst mal Sträucher. Und nur Sträucher. Wer aber den Blick senkt, der erkennt irgendwann, dass sich ein sauberes Rechteck ins Grüne gedrückt hat. „Dort stand eines von wahrscheinlich 32 Häusern der Bergknappen-Siedlung, in denen Arbeiter lebten“, erklärt die Diplom-Geografin ihren Zuhörern, die an diesem Sonntagmorgen weder feuchte Füße, noch Schlammspritzer auf der Kleidung scheuen, um bei der ersten Archäologietour in Oberberg dabei zu sein. Mitten in der Natur sind Relikte vergangener Zeiten zu erleben, die einem ungeübten Auge meist verborgen bleiben.
So wie eben an der Grube Silberkaule, gelegen zwischen Engelskirchen-Loope und dem Mucher Heckberg, der höchsten Erhebung im Rhein-Sieg-Kreis. Eingeladen zu dieser Tour hat das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, das Schaulustige auch mit einem Bus zu den insgesamt fünf Stationen im Oberbergischen bringt.
Und das Interesse ist groß: Die beiden Fahrten sind ausgebucht. So hadert Dr. Jens Berthold, Leiter der Overather Außenstelle des LVR-Amts, am frühen Abend allein mit dem Wetter. „Wir hatten ein echt wissbegieriges Publikum und wurden mit vielen Fragen gelöchert“, freut er sich. Frühere Archäologietouren führten übrigens 2015 durch das Bergische Land abseits von Oberberg und 2017 durch das Siebengebirge.
Unter den Teilnehmern ist Otto Geilenberg aus Drabenderhöhe. „Ich fahre hier oft mit dem Fahrrad entlang, jetzt will ich wissen, was es mit der Silberkaule auf sich hat“, erklärt er und betont, dass ihm das Internet bisher wenig Wissenswertes geboten habe. In der Tat sind Zeugnisse zu den 1996 entdeckten Stollen und Schächten rar, heute erinnern nur noch Pingen (Vertiefungen) und Halden daran. „Es gibt eine Karte von 1866“, berichtet die Expertin Junick und rät, Wildbeeren nicht zu essen: „Die sind voll Schwermetall.“
Seine Blütezeit hatte das Bergwerk zwischen dem elften und 13. Jahrhundert, ab 1817 wurden erneut Blei- und Zinkerz gefördert. „Die letzte Fuhre war 1898“, sagt Junick. Im Mittelalter indes schufteten die Arbeiter nicht nur dort, sie lebten auch an der Grube und verarbeiteten das Erz an Ort und Stelle. „Es gab also nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Lager- und Werkstätten hier.“ Zudem haben Silke Junick und ihre Kollegen Fundstücke ausgebreitet, die Schneide einer Bartaxt zum Beispiel, einen Treibfäustel oder einen Klauenhammer. „Erst vor zwei Wochen wurde ein Bleiwürfel entdeckt.“
Eine der verkehrsreichsten Strecken des Rheinlands
Unterdessen steht der Archäologe Klaus Frank im Regen und mitten in einem Wald bei Nümbrecht-Elsenroth. Dort erklärt er Helga und Hans Reumann aus Wiehl, dass zu ihren Füßen eine der verkehrsreichsten Strecken durch das Rheinland führte, einst verband sie Köln und Siegen. „Im Mittelalter wurde die Brüderstraße erstmals erwähnt, doch gehen wir davon aus, dass diese Route viel, viel älter ist.“
Und nicht nur diese an sich ist für einen Archäologen spannend: Hohlwege haben sich entlang der Straße ins Erdreich gefressen, ein Netz gebildet und bis heute der Zeit getrotzt. Es sind die tiefen Spuren schwerer Fuhrwerke und Gespanne mit großen Rädern, die zum Beispiel Waren von einem Ort zum anderen brachten oder auch jenes transportierten, das in den zahlreichen Hütten im Bergischen Land hergestellt wurde.
Die Geschichte macht immer wieder neugierig
Zu Fuß waren derweil die Pilger unterwegs. „Die Hohlwege sind entstanden, weil die Fuhrleute immer wieder neu entscheiden mussten, welchen Weg sie nehmen“, schildert Frank und denkt etwa an Überschwemmungen, die Morast, Steine und Geröll auf die Brüderstraße spülten. „Dass es die Hohlwege gibt, wussten wir, aber ihre Geschichte macht uns immer wieder neugierig“, verrät Hans Reumann.
Mit Beginn des Straßenbaus um 1800, so erfährt das Paar, verlor die Brüderstraße, deren Name wenigstens in Elsenroth erhalten ist, jedoch ihre Bedeutung.
Gut eine Viertelstunde Fußweg müssen die Teilnehmer der Archäologietour derweil in Lindlar-Scheel zurücklegen, um zur Ruine der Burg Neuenberg zu gelangen. Dort bieten Alena Maria Ramisch und Dr. Jens Berthold Rundgänge an und informieren über die Grafenfamilie von Berg, die bis ins 17. Jahrhundert dort zu Hause war.