Awo Rhein-OberbergInterview mit der neuen Geschäftsführerin Evelyn Timm
Oberberg – Seit Dezember 2021 ist Evelyn Timm (56) neue Geschäftsführerin der Awo Rhein-Oberberg. Wie hat sie sich in der Awo-Geschäftsstelle in Ründeroth eingelebt? Mit welchen Herausforderungen sieht sie sich in Zeiten der Corona-Pandemie konfrontiert? Und wie sieht die Zukunft der Awo aus? Darüber hat Linda Thielen mit ihr gesprochen.
Frau Timm, Sie sind seit drei Monaten Geschäftsführerin der Awo Rhein-Oberberg. Das Bergische ist für Sie quasi ein Heimspiel, denn Sie kommen aus dem Rheinland, oder?
Evelyn Timm: Ja, ich bin in Köln geboren, in Refrath aufgewachsen und in Bensberg zur Schule gegangen. Nach meinem Abitur habe ich Volkswirtschaftslehre in Köln und Kiel studiert. 1993 hat es mich dann aber aus dem Rheinland nach Berlin verschlagen. Dort habe ich als kaufmännische Leiterin eines Pflegedienstes gearbeitet. Zu dem Thema Pflege bin ich eher zufällig gekommen. Ich habe die Pflege aber von Anfang an als spannendes Geschäftsfeld empfunden. Ab 2007 habe ich dann als Regionalleiterin bei der Caritas-Altenhilfe in Berlin gearbeitet. Aus privaten Gründen hat es mich 2014 wieder zurück nach Köln gezogen. Dort habe ich die Leitung Controlling bei der Johanniter Unfallhilfe des Landesverbands NRW übernommen, bis mich eines Tages die Schwestern der Ordensgemeinschaft der Salvatorianerinnen gefragt haben, ob ich mir vorstellen könnte für sie die Organisationsentwicklung zu übernehmen. Diese Aufgabe fand ich sehr spannend und war dort bis zuletzt als Geschäftsführerin tätig. Da sich aufgrund der altersbedingten Herausforderungen des Ordens der Verantwortungsbereich deutlich verkleinert hat, habe ich mich dann neu orientiert und bin schließlich zur Awo gekommen.
Warum nun die Awo? Und warum im Bergischen? Wegen der Heimatverbundenheit?
Das Stellenangebot der Awo ist mir sofort ins Auge gesprungen. Mit dem Bereich Pflege war ich schon sehr vertraut. Aber ich war auch bereit, neue Herausforderungen anzunehmen. Im Bereich der Kindertagesstätten hatte ich vorher noch keine Erfahrung und setze mich nun neu damit auseinander. Ich wollte noch mal neue Aufgaben übernehmen und auch ein Stück weit meine Komfortzone verlassen. Vorher waren meine Tätigkeiten außerdem immer sehr kirchlich geprägt. Deswegen ist es spannend, auch mal für einen anderen Träger zu arbeiten. Die Werte der Awo überschneiden sich in vielen Teilen ja auch mit den Werten der Kirche. Wichtig war mir, für einen gemeinnützigen Träger zu arbeiten.
Sind Sie denn schon gut bei der Awo angekommen?
Ich bin sehr gut angekommen und wurde gut aufgenommen. Natürlich bin ich in diesen Zeiten der Pandemie besonders darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter die Herausforderungen in ihrer Arbeit offen kommunizieren und das setzt natürlich ein gewisses Vertrauen voraus. Dafür, dass mir viele Mitarbeitende dieses Vertrauen entgegengebringen, bin ich sehr dankbar.
Wie ist es, ausgerechnet in der Pandemie einen neuen Job als Geschäftsführerin anzutreten. Mit welchen besonderen Herausforderungen sind Sie derzeit konfrontiert?
Vor allem das Kennenlernen gestaltet sich in der Pandemie natürlich schwieriger. Ich finde es wichtig, dass man gut und eng miteinander arbeitet und das funktioniert nun mal besser, wenn man sich persönlich kennenlernt. Dass man sich gegenüber sitzt und auch die Mimik, Gestik und Ausstrahlung des anderen sieht. In der Pandemie ist das zurzeit natürlich schwieriger. Meine geplante Rundreise durch alle Einrichtungen musste ich leider erstmal verschieben. Aber was die Arbeitsabläufe in Pandemiezeiten angeht, hat sich mittlerweile schon vieles gut eingespielt und läuft routiniert ab. Da wäre ein Einstieg in der ersten Welle der Pandemie sehr viel schwieriger gewesen.
Es gibt aber auch neue Herausforderungen in der Krise. Mitarbeitende aus dem medizinischen Bereich gehen momentan auf die Straße, um gegen Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht zu demonstrieren. Wie erleben Sie das in der Awo? Gibt es auch bei Ihnen Menschen, die Angst haben, sich impfen zu lassen. Und wie gehen Sie damit um?
Bei uns betrifft das nur einen kleinen Teil der Mitarbeitenden, der nicht immunisiert ist. Und dafür gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Da ist vor allem viel Toleranz gefordert, die fordere ich auch täglich von mir selbst. Das ist schließlich auch einer der Werte, für die die Awo steht. Ich finde es wichtig, im Gespräch mit den Mitarbeitenden zu bleiben und sich die Gründe für ihre Entscheidung anzuhören. Ich werde hier nicht den Konfrontationskurs fahren, sondern versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten. Natürlich ist es in unserem Interesse, dass möglichst viele Mitarbeitende geimpft sind. Ich möchte aber nicht, dass diese Menschen für die Entscheidung, die sie getroffen haben, in eine Ecke gestellt werden. Aber ja – natürlich ist das Ganze kompliziert.
Die Pflege ist Ihr Steckenpferd: Wo sehen Sie im Bereich der Pflege bei der Awo noch Entwicklungspotenzial?
Wir sind in der Pflege schon sehr gut mit stationären, teilstationären und ambulanten Angeboten aufgestellt. Natürlich können wir uns fachlich in Zukunft sicher noch weiter spezialisieren. Ich habe den Eindruck, dass alle Einrichtungen in der Pflege daran interessiert sind, mit der Zeit und auch mit dem Bedarf zu gehen. Und klar ist: Die Pflege wird immer wichtiger.
Wie lernen Sie derzeit denn den großen und Ihnen teilweise noch unbekannten Bereich der Kitas kennen?
Als Volkswirtin lerne ich den Bereich momentan hauptsächlich noch über Zahlen kennen. Natürlich ist es mir aber wichtig, die Menschen und ihre Arbeit vor Ort auch persönlich kennenzulernen. Das ist wegen der Pandemie, wie gesagt, aber gerade schwierig. Ich hoffe auf bessere Zeiten im Sommer. Vielleicht ist dann zum Beispiel auch wieder eine Art Sommerfest zum Kennenlernen möglich.
Das könnte Sie auch interessieren:
Haben Sie ein persönliches Herzensprojekt, das Sie als Geschäftsführerin der Awo gerne umsetzen würden?
Was mir sehr am Herzen liegt ist das Thema Klimaschutz. Ich finde, wir müssen uns für die nachfolgenden Generationen mit diesem Thema auseinandersetzen. Das ist auch eine Frage von Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Ich kann mir gut vorstellen, dieses Thema und auch das Thema Nachhaltigkeit noch mehr in unseren Arbeitsalltag zu integrieren. Das kann beispielsweise schon beim Kauf von nachhaltigen Arbeitsmaterialien beginnen, sodass wir als Awo auch unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber hier wird es sicher noch sehr viele Ideen geben. Das finde ich wichtig.