Kunstflug mit BodenhaftungDrachenpiloten schmücken die Piste auf dem Dümpel
Auf dem Dümpel – Wind Südwest, Startbahn 04/22: An diesem bewölkten Mittag herrschen perfekte Bedingungen, um vom Flugplatz auf dem Dümpel in den blauen Himmel abzuheben. Und das machen in diesen Minuten gleich ein paar Dutzend Piloten gleichzeitig – denn die Graspiste gehört den Drachenfliegern statt den Segel- und Motorpiloten. Kunterbunte Flitzer und kleinbusgroße Fantasietiere, allesamt über lange Schnüre mit dem Erdboden verbunden, zieren en masse die Kuppe am Rande Bergneustadts.
Es ist kurz nach 12 Uhr am Samstag. Das zweitägige Drachenfest, zu dem der Luftsport-Club eingeladen hat, läuft gerade erst seit einer Stunde. Doch schon jetzt haben sich die zu Parkplätzen umfunktionierten Wiesen rund um den Flugplatz ordentlich gefüllt. Die jungen Anweiser in den orangefarbenen Westen lotsen nicht nur viele Autos aus GM und MK an den Abstellplatz. Viele sind auch von weiter her angereist.
Weit mehr als nur irgendein Herbstvergnügen
Jürgen Balkartat öffnet den Kofferraum seines Wagens, auf dem ein SU für Rhein-Sieg steht, und hievt eine lange schwere Tasche heraus. Kollege Michael Witte legt sich weiteres Gepäck über die Schulter, bevor sich beide den Weg durch viele Drachenpiloten Richtung Tower bahnen. Bei diesem Drachenfest sind die Niederkasseler zum ersten Mal, die weite Wiese und eine steife Brise versprechen gute Bedingungen. In Balkartats Tasche stecken gleich 15 Drachen, denn Drachenfliegen ist für ihn weit mehr als nur irgendein Herbstvergnügen.
Er erzählt: „Es gibt zum Beispiel Präzisionsdrachen, mit denen man haargenau Kreise oder auch Rechtecke fliegen kann. Mit Trickdrachen dagegen kann ich Purzelbäume in der Luft schlagen oder die Lenkseile kunstvoll verheddern und wieder auflösen.“ Solche Profigeräte, wie sie Balkartat und Witte besitzen, gibt es ab 250 Euro – die besten Modelle können aber auch das dreifache kosten.
„So ähnlich wie Synchronschwimmen, bloß in der Luft“
Die beiden Männer sind über eine Facebook-Seite auf das Fest aufmerksam geworden. In ihrer Szene tummelt sich auch Ranni Neumann, die mit ihrem Mann Peter aus Langenfeld angereist ist. Alle paar Wochen fahren sie in die Niederlande, diesmal lassen sie ihre Spezialdrachen eben auf dem Dümpel dicht nebeneinander steigen, um Synchronflug zu üben. „Das ist so ähnlich wie Synchronschwimmen, bloß in der Luft“, scherzt die Pilotin.
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Sebastian Besting blickt zufrieden auf das bunte Treiben. Der Vorsitzende des Luftsport-Clubs ist einer von mehr als hundert Dümpelanern, die beim Fest ehrenamtlich mit anpacken. In der Hauptsache bedeutet das, Kaffee, Kuchen, Grillwurst oder Hamburger zuzubereiten und an den Gast zu verkaufen. Das Drachenfest zum Saisonabschluss soll nicht nur ein Dankeschön an die Nachbarn rund um den Flugplatz und Familien in der Region sein, sondern natürlich auch etwas Geld in die Vereinskasse spülen. Weil das Wetter mitspielt, kommen an beiden Tagen je knapp 1000 Menschen – vielleicht auch, weil das Fest im vergangenen Jahr ausfiel.
Für den fünfjährigen Anton kommt der Flugtag genau zur rechten Zeit: Im Urlaub auf Borkum hat er einen neuen, gelben Drachen bekommen. Nun endlich habe der wieder genug Wind unter der Plastikhaut, erzählt sein Papa Julian Winkelmann aus Gummersbach. Ein Mann aus Vollmerhausen packt seinen Lenkdrachen nach ein paar Stunden wieder zusammengefaltet aufs Pedelec und tritt in die Pedale. Über den Alleenradweg geht’s zurück Richtung Heimat: „Nur Drachenfliegen ist schöner.“