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Ein Gebetsteppich pro RechteckBergneustädter Moschee ist wieder geöffnet

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Mit zwei Metern Abstand sind die 30 Gebets-Rechtecke in der Moschee in Bergneustadt verteilt.

Bergneustadt – Die roten Schuhregale im Vorraum der Moschee in Bergneustadt sind leer. Stille liegt über dem Gebetsraum mit dem weichen, blauen Teppich. Es ist Freitagmittag. „Sonst ist es um diese Zeit sehr voll hier“, sagt der neue Vorsitzende des Moscheevereins Fetin Karaca. Dann ist Freitagsgebet. Da kämen rund 500 Gläubige, um gemeinsam zu beten und sich auszutauschen. „An den großen Feiertagen, wie dem Zuckerfest kommen hier über 1000 Menschen.“

In den letzten Wochen gab es hier keine Gebete. Wegen der Corona-Krise blieb die Moschee leer, die Räume wurden abgeriegelt. „Schon bevor die offizielle Verordnung kam, haben wir geschlossen“, sagt Karaca. Leer ist die Moschee auch noch an diesem Freitagmittag. Ein Kamerastativ ist auf die Gebetsnische an der Rückwand gerichtet. „Da übertragen wir die Lesung des Korans und die Predigt unseres Imams auf Youtube.“ Wenige Meter neben dem Stativ ist ein Rechteck mit Kreppband auf dem Boden markiert. Zwei Meter daneben ein weiteres. Die hat Karaca kurz vorher auf den Teppich geklebt.

„So viel Platz braucht man zum Beten“

Denn ab heute dürfen Gläubige hier wieder beten. Aber nur mit Sicherheitsabstand. Und für den sorgen die Rechtecke. Wie groß die sind? Karaca zückt den Zollstock und misst nach. „75 mal 200 Zentimeter“, sagt er. Dann stellt er sich ans hintere Ende im Rechteck, verbeugt sich, kniet sich hin und senkt den Kopf zum Boden. Es ist noch ein bisschen Raum zwischen ihm und dem Ende der Markierung. „So viel Platz braucht man zum Beten, haben wir festgestellt.“Dreißig solcher Rechtecke sind in dem Gebetsraum und auf den Emporen verteilt. Alle mit zwei Metern Abstand.

Fetin Karaca (58), Vorstandsvorsitzender des Moscheevereins Bergneustadt, freut sich wieder Gläubige in die Moschee zu lassen.

Dass die Menschen wieder in der Moschee beten können, sei wichtig, sagt Karaca. Doch eine Rückkehr zur Normalität ist es nicht. „Es wird hier weiterhin keine Freitagsgebete geben“, betont der Mann mit dem großen Schnauzbart und den hellen blauen Augen. Gerade sei der Fastenmonat Ramadan, aber: „Es gibt kein gemeinsames Fastenbrechen, und das Zuckerfest wird auch nicht stattfinden.“ Wie er zu dem Ausfall eines der höchsten Feste im muslimischen Glauben steht? Karaca schweigt kurz. Dann lächelt er.

„Das ist ein einmaliges Ereignis in der Geschichte. Wir können nichts daran ändern.“ Man müsse die Regeln befolgen. Das tue er gern, sagt er, denn: „Im Koran steht auch, dass man sich in ansteckenden Krankheitsfällen an die Gebote des Korans halten soll. Deswegen befolgen wir hier alle Vorgaben sehr streng.“

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Wer in der Moschee beten möchte, hat einiges zu beachten. Wer eintritt, muss sich die Hände desinfizieren. Pro Person gibt es ein es der Gebets-Rechtecke. Darin werden Mundschutz und Handschuhe getragen. Den Gebetsteppich muss jeder selbst mitbringen, führt Karaca aus. „So halten wir das Ansteckungsrisiko gering.“ Und wenn mehr als 30 Gläubige in die Moschee wollen? „Die übrigen müssen wir nach Hause schicken.“ Man habe außerdem vorab die älteren und kranken Menschen aus der Gemeinde kontaktiert und sie gebeten zuhause zu bleiben. „Die haben verständnisvoll reagiert. “

Während Karaca noch einmal den Abstand misst, betritt Imam Recep Ali Ozaydin mit kariertem Sacko und rot-weiß gestreiftem Hemd die Moschee. Er grüßt den Vorstandsvorsitzenden auf türkisch. Wie er als Imam Coronaerlebe? Karaca übersetzt: „Es ist ein bisschen traurig, weil ich gewohnt war, jeden Tag mit anderen Gläubigen zusammen zu sein. Das fällt jetzt weg.“ Er wünsche allen, dass sie gut durch die Krise kommen. „Irgendwann geht auch Corona vorbei.“ Dann betritt ein Mann mit Mundschutz die Moschee und wirft einen Blick auf die Rechtecke am Boden. Darin wird er fortan beten. Wie lange noch? Karaca sagt: „Das weiß keiner.“