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ExpertenrundeBergneustädter diskutierten mit Fachleuten über eigene Stadtwerke

Lesezeit 2 Minuten
Ein Mensch tippt mit einem Kugelschreiber auf einen Stromzähler.

Die Gewinne aus dem Stromverkauf sollten in Bergneustadt bleiben, findet die dortige SPD und befürwortet eigene Stadtwerke.

Auf Einladung der SPD Bergneustadt stellten Uwe Boecker und Dirk Trumm mögliche Geschäftsmodelle für die Zukunft vor.

In der Gründung eigener Stadtwerke sieht die Bergneustädter SPD eine große Chance – dies gilt umso mehr nach der Informationsveranstaltung, die die Sozialdemokraten am Montagabend im Heimatmuseum auf die Beine stellten. Mit Uwe Boecker, der in den Neunzigerjahren die Gemeindewerke Nümbrecht aufstellte und sie bis 2009 führte, und Dirk Trumm, kaufmännischer Leiter der Gemeindewerke Rennerod, hatte die Neustädter SPD zwei Experten geladen, die mit ihren Vorträgen von ähnlichen Vorhaben aus der Praxis berichteten und dabei auf Chancen und Herausforderungen eingingen.

Zu sehen sind vier Männer vor einem historischen Fachwerkhaus.

Zum Informationsabend zur Gründung von Stadtwerken hatte die SPD Bergneustadt geladen, v.l. SPD-Fraktionschef Daniel Grütz, Uwe Boecker, Dirk Trumm und Bergneustadts SPD-Vorsitzender Friedhelm Julius Beucher.

Den Anfang machte Trumm, dessen rheinland-pfälzische Heimatgemeinde in puncto Einwohnerzahl und Siedlungsstruktur in etwa den Bergneustädter Werten entspricht. Zwar habe Rennerod noch keinen Energieversorger im eigentlichen Sinne gegründet, dafür aber seit 2015 vier Millionen Euro in die Stromerzeugung per Photovoltaik investiert, so Trumm. Mit der gewonnenen Energie würden inzwischen sämtliche Pumpen und Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung angetrieben. „Seit Mai läuft bei uns die erste Tiefenbohrung, die komplett ohne Fremdstrom auskommt“, berichtete der Westerwälder. „Gebohrt wird halt nur, wenn die Sonne scheint.“

Eigenständigkeit hätte Bergneustadt mit dem Nümbrechter Modell

Noch einen Schritt weiter ging Uwe Boecker, der für die Eigenständigkeit nach Nümbrechter Vorbild warb. „Wir haben von Anfang an schwarze Zahlen geschrieben“, betonte Boecker mit Blick auf die Nümbrechter Anfänge. Boecker skizzierte die Funktion der Strombörse und ermunterte dazu, über Stadtwerke selbst in den Energiehandel einzusteigen. „Die Frage ist, ob eine Kommune als Lieferant aktiver Teil dieses Marktes sein will oder bloß Zuschauer.“

Der selbstständige Zukauf von Strom, flankiert von zunehmender Eigenproduktion aus Wind und Sonne, sei jedenfalls „eine realistische Option für Bergneustadt“, versicherte Boecker, der ausdrücklich auch die momentane Bergneustädter Beteiligung am Platzhirsch Aggerenergie ansprach. „Der Stadt gehören drei Prozent. Von jedem hier erwirtschafteten Euro bleiben also nur drei Cent vor Ort.

Der Löwenanteil fließt nach Köln – das ärgert mich.“ Thema war am Montag außerdem die Netz-Infrastruktur. Die Konzession ist bis 2032 an die Rheinische Netzgesellschaft vergeben, vorher könnte ein Bergneustädter Stadtwerk laut den Experten aber bereits gegen Entgelt Energie über das Netz schicken.

Rund 70 Zuhörer besuchten die Veranstaltung, das Heimatmuseum war bis auf den letzten Platz besetzt. Am Donnerstag, 22. Juni, 18 Uhr, soll es eine Sondersitzung der Bergneustädter Politik zum Thema in der Begegnungsstätte Hackenberg geben.