Kaum mehr Platz, aber immer mehr Nachfragen: Die CDU hatte ein muslimisches Gräberfeld vorgeschlagen und sprach von einer „Win-win-Situation“.
Gen MekkaBergneustädter Stadtrat will einziges muslimisches Gräberfeld in Oberberg erweitern
Knapp 44 Prozent der Menschen zwischen Belmicke und Leienbach besitzen entweder eine ausländische Staatsangehörigkeit oder haben den deutschen Pass, aber Wurzeln im Ausland – so hat es das Statistische Landesamt Anfang 2022 zuletzt ausgerechnet. Und obwohl die Muslime an dieser Gruppe von fast 8500 Menschen einen maßgeblichen Anteil haben dürften, gibt es in Bergneustadt aktuell nur noch ganz wenige Quadratmeter Platz, auf dem nach muslimischem Ritus bestattet werden kann.
Muslime sollen nach dem Tod in ihrer Bergneustädter Heimat bleiben
Das Ende der Siebzigerjahre ausgewiesene Feld auf dem städtischen Friedhof ist seit Jahren so gut wie voll und es eignet sich eben nicht jedes Plätzchen. Nach den Lehren des Islam wird in Tüchern und ohne Sarg beerdigt, die Grablegung erfolgt exakt nach Osten, gen Mekka, und die Verbrennung ist für Gläubige keine Option.
Doch künftig soll es deutlich mehr Raum geben. Am Mittwochabend war die CDU-Fraktion im Bergneustädter Stadtrat mit dem Antrag auf Ausweisung eines muslimischen Gräberfeldes auf dem Friedhof an der Oststraße erfolgreich. Der Stadtverordnete Christoph Stenschke (CDU) sprach von einer „Win-win-Situation“: Durch immer weniger Erdbestattungen habe man den Platz auf dem Friedhof und andererseits könnten Muslime über den Tod hinaus in ihrer Bergneustädter Heimat bleiben.
Eine breite Mehrheit folgte dem Vorschlag, der bei der Freien Wählergemeinschaft (FWGB) sogar für richtige Begeisterung sorgte. „Wir danken der CDU für diesen Vorstoß, den wir selbst nicht gewagt hätten. Wir wären zu skeptisch gewesen, ob es dafür eine Mehrheit gibt“, sagte Mehmet Pektas (FWGB). Die Details soll nun ein Arbeitskreis in Zusammenarbeit mit der muslimischen Gemeinde erarbeiten.
Dass die Nachfrage nach einem Platz in Oberbergs bislang einzigem muslimischen Gräberfeld unstreitig vorhanden ist, bestätigt Julia Schalles, Vertreterin des Bürgermeisters. Und auch Pektas berichtet im Gespräch mit dieser Zeitung, dass es zwar weiterhin die alte Generation gebe, die auf eine Bestattung im Geburtsort, oftmals in der Türkei, bestehe. Aber die Zahl der Verstorbenen, deren Band in die Türkei deutlich lockerer geknüpft war, nehme stetig zu.
Genauso sieht es auch Recep Özgül, Sprecher des Bergneustädter Moscheevereins, der zudem darauf hinweist, dass muslimische Bestattungen nicht nur die türkische Community betreffen. Gerade die hohen Zahlen der Geflüchteten hätten das Platzproblem zuletzt verschärft. Und unter Afghanen, Syrern, Bosniern oder Libanesen gebe es nach seinen Erfahrungen sehr wenig Menschen, die nach ihrem Tod dorthin zurückkehren wollten.
Ausdrücklich begrüßt hat der Bergneustädter Moscheeverein die Pläne des Stadtrates zur Erweiterung des muslimischen Gräberfeldes. Die Not der Gläubigen aus der Stadt und dem ganzen Kreisgebiet kenne man aus der täglichen Arbeit nur zu gut, betont Recep Özgül, Sprecher der Gemeinde. Tragisches Beispiel aus diesem Jahr: Für den im Februar am sogenannten Trinkerbüdchen am Gummersbacher Busbahnhof erstochenen 24-jährigen Somalier ließ sich zunächst keine Ruhestätte finden. Der Mann sei muslimischen Glaubens, aber ohne Angehörige in Deutschland gewesen, so Özgül.
Die Überführung seines Leichnams nach Somalia schied aus. Auch die Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen für die nächstgelegenen Friedhöfe mit muslimischem Bereich in Eitorf und Siegen hatten keinen Erfolg. Zwischenzeitlich habe der Verein auch die von den Behörden anvisierte Verbrennung verhindert, die im Islam tabu ist. Letztlich sei es dann doch noch gelungen, ein Grab auf dem Bergneustädter Friedhof zu finden.