Ein kalter StollenFührung durch den historischen Eiskeller in Bergneustadt
Selbst alt eingesessene Bergneustädter kennen nicht alle besonderen Orte ihrer Heimatstadt. Das zeigte sich bei der Führung durch den historischen Eiskeller am „Heinzelmännchen“, zu dem der Heimatverein „Feste Neustadt“ eingeladen hatte. Gut 40 Interessierte waren gekommen, um einen Einblick in das jahrhundertealte Gewölbe am Stadtgraben zu erhalten.
Unterhalb der Altstadt gelegen, wurden in der in die Grauwacke geschlagene Höhle im Winter Eisblöcke gelagert, um damit Bierfässer zu kühlen. Michael Hesse vom Heimatverein erläuterte, wann der Keller entstanden und wie er genutzt wurde. Dazu erzählte er noch Interessantes zur Geschichte von Bergneustadt und der Gründung der Festung an einer strategischen Position.
Eiskeller wurde wahrscheinlich vor rund 700 Jahren errichtet
Wann genau der Keller in den Fels gehauen wurde, ist nicht sicher geklärt, wahrscheinlich aber im 12./13. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Stadtbau, berichtet Hesse. Da die Stadt mehrfach komplett abgebrannt ist, sind viele Unterlagen verloren gegangen, so dass der genaue Ursprung wohl im Dunkeln bleiben wird.
Klar ist, dass der Eiskeller ein Bierkeller von Küpper Bockenmühl war. Der Wirt nutzte ihn zur Lagerung und Kühlung seines Biers und des Stangeneises, das in den umliegenden Bächen und Weihern gesägt wurde, wie historische Bilder zeigen. Die Temperatur im Eiskeller liegt konstant bei rund sieben Grad Celsius. Die Eisstangen konnten, eingepackt in Stroh und Sägemehl, mehrere Monate aufbewahrt werden. Sie wurden auch an andere Gastwirte und Unternehmen geliefert, die es zur Kühlung nutzen. „Sehr hygienisch war das allerdings nicht“, merkte Hesse an.
Der Zugang zum Keller erfolgte von der Kölner Straße durch den Keller des Wohnhauses Nummer 1 an der Wilhelmstraße, der sogenannten Mausefalle. Warum das Haus diesen Namen hatte, darüber kann bisher nur spekuliert werden, berichtet Hesse. Vielleicht lag es daran, dass der Eiskeller nur einen Ausgang hatte und man dann quasi in einer Falle saß.
Mit dem Aufkommen der Kühlschränke verloren die Eiskeller ihre Bedeutung
1939 wurde ein zweiter Eingang errichtet und der Keller erweitert, da er als Luftschutzbunker dienen sollte. Rund 120 Menschen fanden bei Bombenalarm hier Schutz. So auch am 20. März 1945, als britische Flieger das Krankenhaus bombardieren und zerstören. Es gibt zahlreiche Tote und Verwundete, die Löscharbeiten erweisen sich als schwierig, da es kein Benzin für die Motorspritzen gibt. Die Verwundeten werden teilweise in den Eiskeller gebracht und versorgt. Nach dem Krieg wird der Bunker verschlossen.
Bei der Kanalisierung der Wilhelmstraße wurde der ursprüngliche Eingang zum Keller zugeschüttet. Er geriet immer mehr in Vergessenheit, bis 2004 der Heimatverein aufmerksam wurde. Es dauerte lange, bis mit der Instandsetzung begonnen wurde. Nachdem der Eiskeller und die entsprechenden Grundstücke dem Heimatverein von der Familie Hausmann geschenkt wurden, wartete viel Arbeit auf den Verein, Schlamm und Schutt mussten entsorgt, die Elektrik hergerichtet und eine Treppe gebaut werden. 2012 war der Keller wieder begehbar, viele Neugierige wollten einen Blick in den alten Stollen werfen. Es gab erste Führungen. 2014 wurde er offiziell eingeweiht und seitdem gibt es regelmäßig Führungen.