Corona-TestlaborIn Wehnrath werden täglich bis zu 3000 Covid-Proben analysiert
- Im Industriegebiet in Wehnrath werden täglich bis zu 3000 Covid-Proben analysiert.
- Im Februar sah man sich dort noch gut gerüstet, doch dann kam der Ansturm.
- Im Labor wird täglich von 6.30 bis 22 Uhr gearbeitet.
- Geschäftsführer Keil schätzt, dass der Zulauf im Winter noch größer wird.
Reichshof – Alexander Keil muss stöhnen: „An einem Tag in dieser Woche hatten wir die absolute Spitze mit 3000 Covid-19-Tests an einem Tag. Allmählich gehen wir hier fast unter“, sagt der Geschäftsführer der Reichshofer Laborunion GmbH. 1000 niedergelassene Ärzte aus der Region zwischen Siegen und Köln, mit dem Oberbergischen und dem Rheinisch-Bergischen Kreis als Kerngebiet, schicken ihre Proben ins Industriegebiet Wehnrath.Pausenlos liefern Kurierfahrer Röhrchen mit Abstrichen in Transportbehältern im Labor an. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dort beschäftigt. „Auspacken, die Daten einlesen, die Tests vorbereiten – das dauert alles fast so lange wie der Test selbst“, erläutert Keil. „Nach drei bis vier Stunden gibt es ein Ergebnis. Aber bei bis zu 3000 Tests pro Tag brauchen wir 24 bis 48 Stunden, bis der Patient es erfährt.“ Alle Kollegen in Wehnrath arbeiten unter strengen Schutzmaßnahmen, viele Vorgänge sind automatisiert und finden in geschlossenen Systemen statt, etwa wenn Covid-Erreger aus dem Nasen- oder Rachenabstrich in Flüssigkeit mittels des sogenannten PCR-Verfahrens nachgewiesen werden.
Die Menge ist so hoch, dass verdächtige Proben nicht vorrangig behandelt werden können
„Zeitweise sind sogar die Reagenzien knapp“, sagt Keil. Zurzeit sind es vor allem die Abstriche von Lehrern, Erzieherinnen und Reiserückkehrern, die hier landen. Vermehrt aber auch solche von Patienten mit Erkältungssymptomen, die abgeklärt werden sollen. Sorgen bereitet Keil, dass bei der großen Menge eine einzelne, von einem Arzt als möglicherweise verdächtig eingestufte Probe im großen Pool landet und nicht vorrangig behandelt werden kann. „Das können wir bei der Menge einfach nicht mehr leisten.“
Die Laborunion ist eine Art Genossenschaft und ging 1994 aus dem Zusammenschluss dreier kleinerer Labors hervor. In dem 2018 bezogenen Neubau im Gewerbegebiet Wehnrath mit einer Fläche von 1000 Quadratmetern hatte bis zum Frühjahr alles einen ruhigen Gang: Analysiert wurden Blut- und seltener Urinproben aus den Arztpraxen, die etwa auf Zucker oder auch mal auf Drogen getestet werden sollten. Außerdem versorgt die Laborunion als Fachhandel die Arztpraxen mit allem, was an Material gebraucht wird. „Im Februar waren wir nicht besorgt: Wir hatten die Vogelgrippe und die Schweinegrippe erlebt und glaubten uns gut gerüstet für Corona“, erzählt der Geschäftsführer.
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Was für ein Irrtum: „Wir sahen uns auf einmal gezwungen, in China auf Vorkasse Container mit FFP-Masken zu organisieren, ohne die Qualität zu kennen. Das war schon sehr abenteuerlich.“ Ganz zu schweigen von den horrenden Preisen, die noch immer den Markt bestimmen. So gibt es bei Schutzhandschuhen eine Preissteigerung von 300 Prozent.Zeitgleich mit der ersten Corona-Welle brach die Zahl der „normalen“ Proben ein. Routinetests von Diabetikern, Vorsorgeuntersuchungen – kaum jemand ging dafür noch zum Arzt. „So paradox es klingt, aber wir mussten zeitweise Kurzarbeit anmelden“, sagt Keil. Doch dann schnellte – parallel zur politisch gewollten Teststrategie – die Zahl der täglichen Covid-Proben von 300 im März auf jetzt bis zu 3000 hoch. In kürzester Zeit mussten Kapazitäten aufgebaut werden.
Der Winter kommt
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im nächsten halben Jahr weniger wird“, prophezeit der Geschäftsführer. „Im Herbst und Winter kommt die Erkältungszeit und dann möglicherweise noch eine Grippewelle dazu.“ Dabei wird täglich von 6.30 bis 22 Uhr gearbeitet, auch samstags. Neue Mitarbeiter wurden eingestellt, für ein neues Analysegerät müsse man einen hohen sechsstelligen Betrag ausgeben, rechnet Keil vor.Um die niedergelassenen Ärzte zu entlasten, ist geplant, in den nächsten Tagen auch auf dem Parkplatz der Laborunion in Wehnrath Container als mobile Teststation aufzustellen. Ein weiterer „Drive-in“ also, wo die Testperson im Auto sitzen bleibt – wie schon in Gummersbach, Waldbröl und Hückeswagen.
„Demnächst könnten wir voraussichtlich selbst Abstriche machen von Menschen, die keine Symptome haben – zum Beispiel von Lehrerinnen und Erziehern, von Personen, die durch die Corona-App gewarnt wurden, oder Reiserückkehrern“, kündigt Alexander Keil an. Dann hätten die Praxen mehr Luft, sich um die Patienten mit Corona-Symptomen und die anderen Erkrankungen zu kümmern – aber das Labor noch etliche Tests mehr zu bewältigen. „Ein bisschen graut mir davor“, gesteht Alexander Keil. „Das alles ist eine große Herausforderung, der wir uns stellen müssen, aber das gehört zu unserer Verantwortung.“