Paul Kröfges vom BUND setzt sich seit Jahren für den kompletten Rückbau der Wasserkraftanlagen an der Agger ein. Im Naturschutzbeirat des Oberbergischen Kreises stellte er seine Ideen vor.
WasserkraftanlagenEinen Rückbau an der Agger will fast niemand
„Aggerstaustufen: schleifen oder schützen?“ hieß es provokant auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung des Naturschutzbeirates des Oberbergischen Kreises. Es referierte Paul Kröfges vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Der setzt sich bekanntlich seit Jahren dafür ein, dass die Querbauten im Aggerlauf auf Kosten der Wasserkraftgewinnung, aber zugunsten der Biodiversität entfernt werden.
Der Ausschussvorsitzende Heinz Kowalski moderierte den Vortrag an und erinnerte: „Wir haben das Thema hier schon einmal diskutiert, die Meinungen waren ungefähr 50 zu 50.“ Die Wortmeldungen der Ausschussmitglieder nach dem Kröfges-Vortrag gingen aber alle in Richtung Erhalten der Bauwerke.
Kröfges: Bauten „zerhacken“ die Agger
Kröfges, beim BUND Mitglied im Landes- und Bundesarbeitskreis Wasser, umriss die bekannte Forderung: Die „kleine Wasserkraft“ an der Agger leiste einen zu kleinen Beitrag zum Energiemix, es sei sinnvoller, den Fluss frei fließen zu lassen. Die Querbauten würden die Agger „zerhacken“ und die Fische an ihrer Wanderung hindern.
Sechs Wasserkraftwerke entlang der Agger werden von der Aggerkraftwerke GmbH & Co. KG mit Sitz in Deggendorf betrieben. In den Jahren 2017 bis 2020 hätten diese Anlagen aus unterschiedlichen Gründen teils weniger als 20 Prozent der angegebenen Jahresleistung erbracht, so Kröfges – das sei für die Bezirksregierung eine Möglichkeit gewesen, die Wasserrechte einzuziehen, sagte Kröfges. Die Behörden hätten aber nicht reagiert.
Stauseen von überregionaler Bedeutung
Für den von ihm und dem BUND präferierten Rückbau der Wasserkraftanlagen gäbe es Fördermittel, denn dass das Ganze ein ordentliches Sümmchen kosten würde, ist klar.
Heinz Kowalski betonte nach dem Kröfges-Vortrag, dass nicht der Oberbergische Kreis für das Thema zuständig sei, sondern die Bezirksregierung Köln. Die dort zuständigen Referenten hätten ihm gegenüber geäußert, ihnen gehe es – Beispiel Ohl-Grünscheid – in erster Linie um die Standsicherheit der Anlagen.Kowalski erinnerte außerdem an verschiedene Interessengruppen, die sich klar für den Erhalt der Anlagen samt Stauseen einsetzen, etwa die Vogelschützer, die immer wieder auf die Bedeutung der Seen für Zwergtaucher und viele andere Vogelarten, die im Oberbergischen überwintern, hinweisen. Kowalski: „Diese Staustufen haben überregionale Bedeutung.“
Auch die Seen sind Biotope
Zudem seien die Angler für den Erhalt. Und der frühere Vorstand des Aggerverbandes, Prof. Lothar Scheuer, habe als Gastredner im Naturschutzbeirat einmal auf die Bedeutung der Staustufen im Hochwasserschutz hingewiesen.
Dass im Naturschutzbeirat auch die Meinung vertreten wird, dass die Anlagen erhalten bleiben sollen, ergab sich aus den Wortmeldungen. Hans Helmut Mertens (Fischereiverband NRW) betonte, dass sich die Stauseen an der Agger in den letzten 100 Jahren zu wertvollen Biotopen entwickelt hätten. Die bestehenden Anlagen sollten bestehen bleiben, so Mertens, müssten aber mit Fischtreppen versehen werden – „funktionierenden Fischtreppen“, wie er betonte. Die Verhältnisse in Ohl-Grünscheid sollten bleiben, wie sie jetzt sind; denn dort habe sich seit Stilllegung der Anlage ein neuen Biotop entwickelt.
Rainer Ufer (Nabu) sprach sich grundsätzlich für eine Durchgängigkeit der Flusssysteme aus – diese müssten erhalten und gefördert werden. Es müsse aber eine Lösung her, bei der zugleich die hoch entwickelten Feuchtgebiete und Lebensräume erhalten werden können.
Landwirt Hans Stöcker erinnerte daran, dass sich die Agger als Teil einer Kulturlandschaft selbst mit der Zeit entwickelt und neue Funktionen übernommen habe. Man könne sie gar nicht mehr in ihren Urzustand versetzen. Zumal – das wurde mehrmals zur Sprache gebracht – für bestehende Anlagen auch gemäß Wasserrahmenrichtlinie ein Bestandsschutz besteht.
Paul Kröfges erläuterte im Naturschutzbeirat, warum der BUND-Landesverband beim Oberverwaltungsgericht Münster gegen das Maßnahmenprogramm des „Dritten Bewirtschaftungsplanes zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ klagt. Aus Sicht des Naturschutzverbandes habe das Land NRW dort willkürliche Fristen festgelegt, bis wann Flüsse für Fische durchgängig sein müssen.
Das, so Kröfges, sei ein Bruch des EU-Rechts, das eigentlich selbst eine zeitliche Streckung bis ins Jahr 2027 nur in gut begründeten Ausnahmefällen vorsehe. Am Wasserkraftwerk Ehreshoven an der Agger müsse die Durchgängigkeit aber laut Land NRW erst bis 2039 umgesetzt werden. Mit seiner Klage wolle der BUND erreichen, dass das Maßnahmenprogramm nachgebessert wird, so Kröfges.