Englische und italienische WurzelnEM-Finale wurde für Waldbröler zur Zerreißprobe
Waldbröl – Gespannte Vorfreude auf das EM-Finale herrscht bereits am Samstagnachmittag im Friseursalon Haargenau im Zentrum Waldbröls. Die Schaufenster sind mit den Flaggen von Deutschland, England, Italien, Kroatien und Russland, den Herkunftsländern der knapp zehn dort arbeitenden Friseurinnen, dekoriert. Darunter liegen Trikots, Stutzen und Fußbälle zwischen Girlanden in Landesfarben und Haarpflegemitteln.
Inhaberin Giulia Ferrini und ihre Schwester und Arbeitskollegin Caterina haben englisch-italienische Wurzeln, und so waren heiße Diskussionen vorprogrammiert, als ihre Eltern Jane Anne und Saverio Ferrini zusammen mit ihrem vierjährigen Enkel Saverio Giuliano gegen Ladenschluss vorbeischauten. „Forza Italia“, ruft der 66-jährige Saverio immer wieder begeistert. Er ist überzeugt davon, die italienische Mannschaft so stark sei wie „I lupi d’Abruzzo“, die Wölfe aus seiner Heimat in den Abruzzen.
Saverio tippt auf Italien, Ehefrau Jane hält zu England
So machte er eine klare Vorhersage für das Endspiel am Sonntagabend: 2:1 zur Halbzeit und 3:1 am Spielende. Seine Frau drückte dagegen die Daumen für England, sie tippte auf Unentschieden mit Elfmeterschießen.
Jane ist zunächst im englischen Canterbury aufgewachsen. „Mein Vater war beim britischen Militär, deswegen bin ich danach in der ganzen Welt gewesen.“ In drei Jahren in Münster habe sie Deutschland lieben gelernt. Nach Stationen in Wermelskirchen und Morsbach fand sie einen Job bei der Kofferfabrik in Waldbröl, wo sie ihren späteren Ehemann kennenlernte. Der war schon mit 17 Jahren zu einem Onkel in die Marktstadt gezogen und freut sich auf sein 50-jähriges Deutschlandjubiläum nächstes Jahr.
Waldbrölerin: „Da wusste ich, dass ich verloren hatte“
Fußballbegeisterung hat die beiden seit jeher verbunden und sich auch auf ihre Töchter übertragen – allerdings mit einer starken italienischen Tendenz. Lachend erinnert sich Jane: „Das erste Wort von Giulia war ,Juve’ für Juventus Turin – da wusste ich, dass ich verloren hatte.“
Mittlerweile sind die beiden Töchter Mitte 30, und ihr Herz schlägt immer noch für Italien. Schon die ersten Worte der italienischen Nationalhymne, „Fratelli d’Italia“ (Brüder Italiens), gingen ihr durch Mark und Bein, schildert Tochter Caterina: „Dann sehe ich die Spieler vorwärtsstürmen wie römische Gladiatoren in ihren Streitwagen im Amphitheater.“
Während des Sommerurlaubs in der Heimat wurde Italien 2006 Weltmeister
Zusammen mit ihrer Mutter, ein Fan der „Tottenham Hotspurs“, ist sie sich einig, dass die südländischen Mannschaften mit viel mehr Feuer und Leidenschaft spielen, während die Westeuropäer eher trockener seien und taktierten. „Aber jetzt sind die Engländer mal wieder dran“, findet Jane trotzdem: „Die haben schon solange keinen Titel mehr geholt.“ Ihr kleiner Enkel, inzwischen bei den Morsbacher Bambini-Fußballern, verhält sich diplomatisch: Er ruft „Forza Italia“ und umarmt dabei seine heißgeliebte „Nonna“ (ital. Oma).
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Im Jahr 2006 war die ganze Familie Ferrini im Sommerurlaub in den Abruzzen und hat zusammen mit dem ganzen Heimatdorf von Saverio jubelnd erlebt, wie Italien in Berlin zum vierten Male Fußballweltmeister wurde. Diesmal machen sie das Waldbröler Wohnzimmer zur Arena und schauen das Spiel gemeinsam mit der ganzen Belegschaft des Salons. Vorsorglich hat Jane eine große Portion Lasagne eingekauft: „Egal wer gewinnt – es bleibt in der Familie.“