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Aleviten auf der HermannsburgGebäude soll ein Ort der Begegnung werden

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Neben historischen Bildern von Gummersbach schmücken seit kurzem Porträts von wichtigen Persönlichkeiten, die in der Religionsgemeinschaft der Aleviten verehrt werden,die Wände der Hermannsburg. Dort, wo früher der Biergarten des Waldrestaurants war, treffen sich die Aleviten im Schatten der alten Bäume. Im Inneren des Gebäudes soll der Thekenbereich so bleiben, wie er ist.

Gummersbach – An den Wänden hängen alte Ansichten der einstigen Lindenstadt, von Straßen mit verschieferten Häusern und Autos, die heute Oldtimer sind, Bilder aus den 1950er Jahren, als die Schützen in der Hermannsburg auf dem Steinberg nach dem Vogelschießen das erste Bier auf den neuen König tranken.

Doch die Bilder an der Stirnseite des großen Saals stammen deutlich aus einer ganz anderen Kultur: Es sind Porträts wichtiger Persönlichkeiten, die in der Religionsgemeinschaft der Aleviten verehrt werden, im Zentrum Ali, Schwiegersohn und Freund des Propheten Mohammed. Szenen aus der von Verfolgung und Märtyrertum geprägten Geschichte der Aleviten gesellen sich zu einem verblassten Bild von der Herrmannsburg als Waldrestaurant.

„Wir sind ja auch

Gummersbacher“

Einige mächtige Eichen rund um den lauschigen Hof sind geblieben, auch die alten Fotos im Inneren sollen ihre Stammplätze behalten. „Wir sind ja auch Gummersbacher “, erklärt Yusuf Aslanhan, stellvertretender Vorsitzende des Alevitischen Kulturzentrums. Jüngst hat der Verein das traditionsreiche Gebäude gekauft, das zuletzt eine Brasserie beherbergte.

An diesem Nachmittag nutzen rund 30 der insgesamt mehr als 200 Mitglieder – die meisten von ihnen mit türkischen Wurzeln – das schöne Wetter, um zu planen, wie sie in Zukunft die Räume und den früheren Biergarten nutzen wollen. Noch hängen die alten Brauereireklamen, bald sollen neue Schilder geliefert werden. „Den Thekenbereich lassen wir so wie er ist“, plant Aslanhan und schränkt schmunzelnd ein: „Vielleicht nehmen wir einige der zahllosen Bier- und Schnapsgläser weg.“

Zu den Zapfhähnen für Pils und Kölsch haben sich zwei Teebereiter gesellt. 2015 wurde der Verein gegründet, der bis dahin Räume der ehemaligen Tapetenfabrik in Gummersbach gemietet hatte. „Nachdem das Gebäude verkauft wurde, waren wir lange auf der Suche“, erzählt Vereinsmitglied Aziz Kocyigit. Jetzt wurden die neuen Räume bezogen, und sie sollen gemäß der Vereinssatzung das Zusammenleben von Deutschen und Migranten fördern. Vor allem sollen sie aber für die Aleviten ein Ort der Begegnung sein. Eine Jugendgruppe ist geplant, Nachhilfe für Kinder, ein Yogakurs für Frauen, Folkloretanz. Und einmal im Monat soll es ein gemeinsames Frühstück geben.

Es wird aber auch als religiöses Zentrum dienen für die Cem genannten Gottesdienste, für den rituellen Tanz Semah und die alevitischen Feiertage. „Bei uns steht der Mensch im Vordergrund“, sagt ein Vereinsmitglied. Für einige hier ist die demokratische Gemeinschaft wichtig, die gelebte Philosophie, der Gewaltfreiheit und gegenseitigen Achtung und Toleranz, der Gleichwertigkeit von Männern und Frauen, anderen vor allem die Kultur, wieder anderen die Religion. Die zwölftägige Fastenzeit der Aleviten, deren Ende mit der Aschura gefeiert wird, ist inzwischen beendet und die super ausgestattete Restaurantküche eingeweiht.

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Alle eint der Wunsch, das Haus mit vielfältigem Leben zu füllen. „Wir denken auch daran, die Kegelbahn zu vermieten und den Saal für Feiern zur Verfügung zu stellen“, kündigt die Vorsitzende Dilber Özmen an. Erste Anfragen gebe es bereits. „Wenn die Corona-Einschränkungen erst einmal vorbei sind, dann wollen wir mit den Gummersbachern, mit Nachbarn und Freunden ein großes Einweihungsfest feiern“, plant Yusuf Aslanhan und ein Vereinsmitglied ergänzt: „Unsere Tür ist für alle offen, wir möchten alle Menschen umarmen.“