Mehr als nur GrünpflegeGummersbacher Friedhofsgärtner brauchen Fingerspitzengefühl
Gummersbach – Eigentlich ist es ein schöner Arbeitsplatz. Sam Kubeneck und Kollege Albin Roth schreiten über einen schmalen Weg. In den hohen Bäumen über ihnen raschelt das letzte Laub dieses Herbsts, Wind pfeift durch eine Hecke. Die kalte klare Luft trägt an diesem November-Vormittag nur wenige Geräusche von der Schnellstraße am Fuß der Kuppe hier hoch auf den Westfriedhof, am Rande Gummersbachs.
Die friedliche Atmosphäre hat etwas mit den Friedhofsgärtnern Kubeneck und Roth gemacht. Wer inmitten von Gräbern, umgeben von erloschenen Leben arbeitet, geht die Dinge ruhig an. Die beiden Männer sprechen nur über das Nötigste. Lautes Lachen ist für sie ohnehin tabu. Dass sie sich an diesem besonderen Arbeitsplatz pietätvoll zu verhalten wissen, war Einstellungsvoraussetzung.
Sechs Mann für neun Friedhöfe
Die Friedhofskolonne der Stadt Gummersbach ist sechs Mann stark und zuständig für neun Friedhöfe im Stadtgebiet. Da gibt es immer etwas zu tun. Rasenmähen, Laubharken, Heckenschneiden, Unkrautzupfen und im Winter die Wege vom Schnee befreien sind die Hauptaufgaben von Vorarbeiter Kubeneck und seinen Kollegen. Auf dem alten Friedhof, den am Grotenbach und auf dem Westfriedhof bereiten die Gärtner zudem die Bestattungen vor.
Mit dem Diensthandy, auf dem sich die Bestatter melden und nach Terminen fragen, wechseln sich die Männer ab – und da beginnt für sie der vielleicht anspruchsvollste Teil ihrer Arbeit. Denn durchschnittlich werden auf Gummersbacher Stadtgebiet jedes Jahr 500 Verstorbene beigesetzt.
Es gebe Wochen, in denen sich kein einziger Bestatter meldet, sagt Kubeneck – „und dann wieder Tage, an denen das Telefon nicht stillsteht“. Jetzt, in der dunklen Jahreszeit, sterben mehr Menschen als sonst. Auch in den brütend heißen Sommerwochen mussten die Friedhofsgärtner besonders viele Grabstellen vorbereiten.
Mit den Bestattern regeln die Gärtner, an welchem Tag und auf welchem der Friedhöfe die Beisetzung stattfindet und welcher Art die Bestattung sein soll. Der große Westfriedhof spiegelt besonders anschaulich wider, auf wie viele Arten Verstorbene mittlerweile ihre letzte Ruhe finden können: Der kleine Begräbniswald mit durchnummerierten Bäumen liegt unweit der Urnenwände, in denen die Aschegefäße in Nischen ihren Platz finden.
Eigener Bereich für die sogenannten Sternenkinder
Urnen können aber auch in die Erde gebracht werden, entweder in Grabparzellen oder auch auf einer grünen, pflegeleichten Wiese. Särge werden nicht nur in klassische Erdgräber abgelassen, sondern auch in kostengünstigere Grabkammern aus Beton. Den sogenannten Sternenkindern, also Fehlgeburten, ist ein eigener Bereich auf dem Westfriedhof vorbehalten.
Oft empfangen Sam Kubeneck, Albin Roth und ihre Kollegen Hinterbliebene auf dem Friedhof, um mit ihnen gemeinsam den passenden Bestattungsplatz auszusuchen. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt – und Geduld mit den Trauernden. Manchmal dauert es eineinhalb Stunden, bis die so endgültige Entscheidung getroffen ist.
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„Selbstverständlich nehmen wir uns diese Zeit“, sagt Roth. Pflegearme Grabstellen seien immer öfter gefragt. Die zunehmende Schnelllebigkeit zeige sich an Erdgräbern, deren regelmäßige Pflege von den Angehörigen vernachlässigt werde.
Wenn die Trauergemeinde an die Grabstelle kommt, haben die Gärtner alles vorbereitet – das Grab ausgehoben, die Wände gesichert, den Rahmen mit Laufgittern abgesichert, die Seile bereitgelegt. Sind die Trauernden weg, schließen Kubeneck und Kollegen das Grab, arrangieren die Kränze auf der Erde. So machen sie es jedes Jahr Dutzende Male. Zur Routine wird es nicht.