Kultur in Corona-ZeitenHalle 32 wagt die erste Theaterveranstaltung
Gummersbach – Am Eingang werden die Besucher gebeten, ihre Hände zu desinfizieren und darauf hingewiesen, dass die Maske nur am Platz abgenommen werden darf. Jeder der zusammen 200 Zuschauer muss sich mit Namen registrieren lassen. „Zum Glück haben wir zwei Vorstellungen, so dass sich die Besucher etwas verteilen“, erläutert Martin Kuchejda, Leiter der Halle 32.
Zum Wiedereinstieg der Gummersbacher Kulturstätte in den Publikumsbetrieb hat Kuchejda zudem als Autor beigetragen. Das Musical „Kuno Knallfrosch“ des Marienheider Komponisten Andreas Schnermann ist bisher nur konzertant aufgeführt worden, mit Kuchejdas Theatererfahrung ist daraus ein szenischen Stück geworden. Geplant war die Uraufführung für den 21. April– doch dann kam die Corona-Pandemie.
Musical wird lebendig
Beim Nachholtermin hatten die Kinder hörbar Freude am Musical über Frosch Kuno, der anstatt zu quaken lautstark knallt – zum Missfallen seiner Mitfrösche. So wird Kuno vom Teich verbannt. Doch er trifft andere Tiere, die ebenfalls nicht ganz normal sind. Gemeinsam machen sie sich auf zum Bubalubalu-Club, um ihren musikalischen Träume nachzugehen.
Bisher ist die Geschichte um Kuno bloß als Lesung mit Musikbegleitung in der Halle 32 aufgeführt worden. Doch dieses Mal wurde das zuerst als Bilderbuch veröffentlichte Märchen wirklich lebendig. Mit jazzigen Liedern werden Frosch Kuno, Specht Woody, Elch Sören, Hahn Breular und Katze Mimi vorgestellt. Das sie auf und hinter der Bühne Corona-Regeln einhalten müssen, schmälert nicht die Spielfreude von Hauptdarstellerin Ramona Even, Dirk Loh (übrige Tiere), Joachim Kottmann (Musik, Geräusche), Martin Kuchejda (Erzähler), Elo van Knorre (Musik) und Regieassistentin Fiona Müller.
Die Musik kommt bei den jungen Besuchern gut an, und so wird auch ordentlich applaudiert. Selbst als Kuno wieder zu seinem Teich zurückkehren kann, entscheidet er sich, mit seinen neuen Freunden seinen Träumen zu folgen und die Welt durch Musik zu entdecken. So bietet das Musical den Kindern nicht nur Nachmittagsunterhaltung, sondern auch eine kleine Lektion fürs Leben: Die Selbstfindungsgeschichte zeigt ihnen, dass es nicht schlimm ist, ein bisschen anders zu sein.
Langsam zurück zur Normalität
Der Erfolg der Aufführung lässt hoffen, dass das Kulturleben langsam zur Normalität zurückkehrt. Martin Kuchejda sagt: „Auch wenn wir im Moment von Tag zu Tag leben, setzen wir auf eine positive Entwicklung.“ Das Runterfahren des Betriebs sei schmerzhaft, aber vergleichsweise einfach zu organisieren gewesen. „Die Wiederaufnahme ist dagegen unglaublich kompliziert.“ Die Durchsetzung der Infektionsschutzes sei nur mit hohem Personalaufwand möglich. Dauernd müsse er auf neue oder neu interpretierte Vorgaben reagieren. Die Umstände trügen dazu bei, dass das Publikum verunsichert ist. „Der Vorverkauf ist klinisch tot.“
Für Theateraufführungen habe man eine praktikable Lösung gefunden. Wie aber unbestuhlte Rockkonzerte oder gar Partys, die ebenfalls zum Programm der Halle 32 gehören, durchgeführt werden können, sei noch völlig unklar. Die Lage in der Veranstaltungsbranche bleibe prekär, sagt Kuchejda: „Für uns ist Corona noch lange nicht vorbei. Das fängt jetzt erst an.“
Kultur auf Kanal 32
Die Corona-Krise hat den Veranstaltungskalender der Halle 32 leer gefegt. Das Gummersbacher Kulturzentrum hält mit digitalen Angeboten dagegen: Die Halle 32 betreibt auf der Plattform Youtube seit längerem ihren eigenen Kanal. Angesichts des ausgebremsten kulturellen Lebens sollen vermehrt Gummersbacher im Web zu sehen sein, zumindest ausschnittweise.
Den Auftakt machen Clips zum Programm „Jahrtausendliteratur“ mit Stefan Heidtmann am Klavier sowie Winfried Bode und Martin Kuchejda als Vortragende. Zu hören ist unter anderem ein längerer Auszug aus Albert Camus’ „Die Pest“. Die Veranstalter finden: „Passender Stoff zur Coronakrise“. Außerdem sind dort vier Clips der Band „Eintagsflieger“ zu sehen. Bereits am 29. Mai erklang aus der Halle 32 zum allerersten Mal ein Konzert per Live-Stream: Die CH22-Band trat ohne leibhaftig anwesendes Publikum auf.
Da die Band ihren 22. Geburtstag noch einmal würdiger begehen will, steht am 22. August ein neuer Versuch an: „Aus diesem Anlass wird die Halle 32 kurzzeitig in Halle 22 umgetauft“, teilen die Veranstalter mit. Die Band veranstaltet ein Wunschkonzert, die Gäste dürfen 22 Songs auswählen. Nach aktuellem Stand dürfen mehr als 22 Zuschauer dabei sein, nämlich 100. Sollte es bei der Beschränkung bleiben, plant die Band, das Konzert wieder parallel zu streamen.
Der Restart des Theaterprogramms ist dann für Dienstag, 1. September, geplant. Das Landestheater Castrop-Rauxel zeigt „Nathan der Weise“. (tie)