Grabbepflanzungen, Gestecke, Vasen und Grableuchten werden immer häufiger gestohlen. Doch auch Vandalismus findet vermehrt statt.
„Verletzend“Grabschändung in Gummersbach macht Angehörige fassungslos
Sonntags wurden die blühenden Pflanzen liebevoll in die Erde der Grabstätte eingesetzt, am Tag darauf sind einige schon wieder verschwunden. „Das ist uns jetzt mehrfach passiert, ebenso wurden Gestecke einfach mitgenommen“, erzählt Dirk Neuhoff am gemeinsamen Grab seiner Tochter Emilia und seiner Ehefrau Alexandra Neuhoff auf dem Alten Friedhof in Gummersbach.
Der Verlust der Pflanzen im Wert von 20 bis 30 Euro sei zu verkraften, der Diebstahl jedoch mehr als einfach nur ärgerlich, sagt Dirk Neuhoff. Denn was ihn zutiefst verletze und schmerze, sei der Gedanke, dass diese Stätte der Trauer und Erinnerung im wahrsten Sinne des Wortes geschändet werde: „Ich ertrage die Vorstellung nicht, dass sich jemand vor das Grab meiner Tochter und meiner Frau kniet und dort Pflanzen herausreißt.“
Die hölzerne Skulptur „Flügelschlag“ auf dem Grab der 2017 verstorbenen Alexandra Neuhoff und ihrer 2021 im Alter von 16 Jahren tödlich verunglückten Tochter Emilia sowie die Stahlplatte mit den Namen und Fotos der beiden sind für Dirk Neuhoff ein Ort, an dem er seine Trauer leben, verarbeiten und ins Leben integrieren kann. „Hier dürfen einfach keine Übergriffe und Straftaten geschehen“, betont er. Der trauernde Vater und Ehemann ist nicht der Einzige, der unter den zunehmenden Diebstählen und dem vermehrten Vandalismus auf den Friedhöfen der Stadt Gummersbach leidet.
Vandalismus auf Friedhöfen: sechs Fälle in Gummersbach
In diesem Jahr hat die Stadt sechs Fälle von Vandalismus zur Anzeige gebracht, bei denen städtisches Eigentum beschädigt oder zerstört wurde. „Es sind unter anderem Stelen mit Namensschildern an Urnengräbern zerschlagen worden, es wurden Wasserhähne sowie Mobiliar und Fenster in Friedhofshallen zerstört“, berichtet Gummersbachs Pressesprecher Siegfried Frank.
Hinzu kämen die nicht bei den Strafbehörden angezeigte Verwüstungen wie etwa das Beschmieren der Toiletten-Anlagen mit Fäkalien oder das Verunreinigen von Gebäudewänden. „Den Vandalismus üben wahrscheinlich Personen aus, die selbst nie getrauert haben und die sich nicht mit dem Tod und dem Verlust eines nahestehenden Menschen auseinandersetzen“, vermutet Stadtsprecher Siegfried Frank.
Von Diebstahl oder Zerstörung an Grabstätten erfahre die Stadt nur durch die betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, die dies der Stadt meldeten. In diesem Jahre gingen dabei etwa 20 Anrufe ein. „Gestohlen werden Grabbepflanzungen, Gestecke, Vasen, Grableuchten und eigentlich alles, was ohne Aufwand wegtransportiert werden kann.“
Vandalismus und Diebstähle gibt es auf allen neun städtischen Friedhöfen im Stadtgebiet. Die Aufklärungsquote liegt in allen Fällen bei Null. „Die Vandalismus-Fälle waren meist im Frühjahr und Sommer zu verzeichnen, Diebstählen gibt es am meisten rund um die Feiertage wie Ostern, Allerheiligen oder Totensonntag, wenn die Gräber neu bepflanzt oder mit Grabgestecken versehen werden“, berichtet Siegfried Frank.
Gummersbach steht mit dem Problem nicht alleine da. Erst kürzlich hatten Diebe auf dem Friedhof in Müllenbach Blumen im Wert von über 100 Euro gestohlen. „Vielleicht ist die Hemmschwelle größer, wenn etwas nicht einfach im Vorübergehen mitgenommen werden kann“, meint Dirk Neuhoff. Das Körbchen mit den roten Alpenveilchen und dem violetten Heidekraut hat er daher vorsichtshalber mit einer Kordel an der Bank neben dem Grab seiner Familie festgebunden.
Rechtslage
Grabschändung ist in Deutschland nach Paragraf 168 des Strafgesetzbuchs als Störung der Totenruhe eine Straftat. Bestraft wird laut Absatz 2 des Gesetzestexts unter anderem, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder dort „beschimpfenden Unfug“ verübt.
Die Störung der Totenruhe ist ein sogenanntes Offizialdelikt. Sie wird daher bei Kenntnis von der Staatsanwaltschaft verfolgt. Den Täterinnen und Tätern drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.