Nach 113 Jahren plant der Gummersbacher Schützenverein bereits für die Rückkehr des großen Festes in die Innenstadt im kommenden Jahr.
Rückkehr in InnenstadtGummersbacher Schützen feiern 2024 zum letzten Mal in der Schützenburg
Wenn am 24. Mai das Gummersbacher Schützenfest startet, ist das zugleich ein historischer Moment: Es wird das letzte Fest auf dem Steinberg sein. Auch die Stadthalle ist dann zum letzten Mal Schauplatz von Kommers, Königsball und Frühschoppen.
Die Schützen zieht es – wie berichtet – in die Stadt. Gefeiert werden soll in der Halle 32 auf dem Steinmüllergelände und in der Stadt dann ein Volksfest mit deutlich mehr Fahrgeschäften und Buden als in den vergangenen Jahren auf dem Steinberg stattfinden. Schützenchef Markus Brand berichtet, dass dieser Prozess schon eine ganze Zeit schwele. Jüngere, aber auch ältere Schützen hätten immer öfter gefragt, warum man nicht in der Stadt feiern könne.
Gummersbacher Schützen: Arbeit für ein Fest in der Halle ist aufwendig
Hinzugekommen sei, dass die Arbeit für ein Fest in der Halle immer mehr geworden sei. Nicht nur, dass die Stadthalle alle Jahre wieder ein- und ausgeräumt werden musste. Zuletzt hatte der Verein auch den Festwirt mitgebracht und der kam mit seinem kompletten Equipment, was aufwendig und teuer sei.
Und dann sind da noch die Dauerbrenner auf dem Steinberg: Der Platz mit seinem Gefälle mache es immer schwerer, Schausteller mit modernen Fahrgeschäften anzulocken, wie Brand sagt. Hinzukämen dann Aspekte wie die Versorgungsleitungen und, nicht zuletzt, dass es keine Parkplätze gibt. „Wer nicht zu Fuß kommt, kommt gar nicht“, weiß der Vorsitzende. In Schaustellerkreisen habe sich das herumgesprochen. Das Ergebnis im Jahr 2023 war ein nahezu unbelegter Platz. In diesem Jahr soll ein professioneller Beschicker beauftragt werden, für etwas mehr Fahrgeschäfte zu sorgen.
Von der Rückkehr in die Stadt erhofft sich der Verein, wieder eine vernünftige Kirmes für ein großes Volksfest anbieten zu können. Dass man in der Halle 32 feiern kann, daran hat der Vorsitzende keinen Zweifel. „Wir müssen nur kommen, werden bewirtet und haben kühles Bier.“
Was die Stadthalle angeht, da räumt Markus Brand durchaus ein, dass der Verein in einer gewissen Naivität davon ausgegangen sei, dass man das Mobiliar des Restaurantbetreibers leicht ein- und ausräumen könne. „Tatsächlich aber mussten tonnenschwere Buffets bewegt werden.“ Wichtig ist Brand, dass die Stadthalle dauerhaft weiterbetrieben wird. Sie sei stadtbildprägend und nicht um sonst im Logo der Schützen. „Die werden wir nicht aufgeben“, sagt er deutlich.
Auch das Gummersbacher Vogelschießen wird sich verändern
Was das Vogelschießen an der noch weiter oben gelegenen Hermannsburg angeht, haben die Schützen auch schon Pläne für die Zeit nach 2024. Brand glaubt nicht, dass die Menschen aus der Innenstadt bis ganz nach oben auf den Steinberg kommen. Denkbar sei, nach dem Vorbild der Müllenbacher Schützen an einem neuen, innenstadtnahen Standort einen Schießstand zu schaffen, bei dem man steil nach oben schießen könne. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Bei einem Workshop im März, bei dem die Zuständigen die Köpfe zusammenstecken wollen, soll auch das Vogelschießen ein Thema sein.
Markus Brand räumt ein, dass der Umzug in die Mitte der Kreisstadt eine Mammutaufgabe sei. Er hofft aber, dass man danach nur noch alle notwendigen Dinge abrufen muss und dann vor allem eins kann, nämlich das Schützenfest feiern. Brand: „Ich glaube, dass in der Stadt auch in den Verein wieder mehr Ruhe einkehren kann.“
Dass in diesem Jahr am Montagabend Wehmut aufkommen wird, davon ist der Vorsitzende überzeugt. Vielleicht werde man ja eine Art symbolisches Herumdrehen des Schlüssels noch initiieren.
Historie der Gummersbacher Stadthalle und Schützenburg
Die Stadthalle und frühere Schützenburg war in ihrer 112-jährigen Geschichte mehrfach in der Existenz bedroht, weil es immer wieder am Geld für deren Erhalt fehlte. In den 1970er Jahren wäre die „Schützenburg“ fast abgerissen worden. Schon der Anfang stand in finanzieller Hinsicht unter keinem guten Stern: Der Neubau nach den Plänen des Gummersbacher Architekten Heinrich Mühlenweg war am Ende mit 100 000 Reichsmark fast doppelt so teuer wie ursprünglich kalkuliert. Ohne die Unterstützung der Industriellenfamilie Steinmüller wäre das Projekt gescheitert.
Carl-Hugo Steinmüller würdigte bei der Einweihung anlässlich des Schützenfestes 1912 trotzdem das Engagement eines anderen: Robert Blume, Gründer der Oberbergischen Landesbank, hatte die Einrichtung einer Schützenbaugesellschaft vorangetrieben. Der Schützenverein ernannte Blume zum Präsidenten. Die Stadt würdigte ihn damit, dass sie im Jahr 1913 der Straße vor der Halle den Namen „Robertstraße“ gab.
Nach dem Ersten Weltkrieg zeigte sich die Schützenbaugesellschaft bald nicht mehr in der Lage, das Haus zu halten. Im Jahr 1927 einigte man sich über einen Verkauf an die Stadt; seitdem heißt die Schützenburg „Stadthalle“. Auch wenn das Schützenfest weiterhin der Höhepunkt des Festkalenders blieb, fungierte der große Saal auch bei vielen anderen gesellschaftlichen Anlässen als „gute Stube“ der Stadt.
Anfang der 1970er Jahre ergab ein städtisches Gutachten, dass die Bausubstanz des Holzfachwerkhauses unrettbar marode sei. Daraufhin taten sich Schützen- und Bürgerverein zusammen und gaben ein Gegengutachten in Auftrag, das zu einem gegenteiligen Ergebnis kam. Der Abriss wurde verhindert. Beim Schützenfest 1974 präsentierte sich das Haus frisch renoviert.
Gummersbach: Neue Stadthallen-GmbH wurde aus der Taufe gehoben
In der Folge musste das Haus immer wieder saniert werden, eine größere Instandsetzung gab es in den 90er Jahren. Zuvor hatte die Stadt die „vaterstädtischen“ Vereine in die Pflicht genommen: Eine neue Stadthallen-GmbH wurde aus der Taufe gehoben unter Beteiligung des Schützenvereins, der „Gesellschaft zur Eintracht“, des Hexenbuschvereins, des VfL Gummersbach und des Bürgervereins.
Der Erhalt des denkmalgeschützten Hauses und seine Vermarktung blieben eine Herausforderung. Auch die Vermietung der Halle an eine Tanzschule erwies sich als Fehlgriff. Dabei hatten die Träger tief in die Tasche greifen müssen, um einen vom Mieter geforderten Anbau zu realisieren, der seit Jahren mehr oder minder ungenutzt ist.
Kontinuität gibt es seit dem Jahr 2015 zumindest in Sachen Vermietung. Seitdem ist die „gute Stube“ ein China-Restaurant mit riesigen Buffets für Peking-Ente und Co. Was damals als eine Art Rettung seitens der Trägergesellschaft kommuniziert worden war, stellt sich für das Schützenfest über die Jahre allerdings in vielerlei Hinsicht als Hürde heraus – angefangen beim Ausräumen der Halle.
Und aus den Plänen, vor der Halle (zur Stadt hin) einen Biergarten zu errichten, ist auch nichts geworden. Genau wie aus der Absichtserklärung, die Treppenanlage vor der Halle wieder auf Vordermann zu bringen. Am Ende trennte man sich von dem Betreiber zumindest als Festwirt, der auch in diesem Jahr sein komplettes Equipment in die Halle karren muss. Auch das ist ein Grund dafür, dass man mit dem Gummersbacher Schützen- und Volksfest in die Stadt will.