Obwohl er schon Feierabend hatte, half ein Busfahrer aus Reichshof drei gestrandeten Fahrgästen.
Hilfe für gestrandete FahrgästeBusfahrer aus Reichshof ist einer der besten in Deutschland
Jenen Tag im Sommer hat Busfahrer Emad Al Kesbeh nicht vergessen, als drei Fahrgäste an der Haltestelle Strombach-West in Gummersbach strandeten und er fieberhaft überlegte, was er tun sollte. Denn eigentlich hatten er und sein Bus Feierabend, folglich durfte er niemanden mitnehmen.
Was tun? Die armen Leute stehen lassen? Oder gegen die Vorschriften verstoßen und sich Ärger einhandeln? Jetzt hatte das, was als Riesenproblem begann, für den 47-Jährigen ungeahnte Folgen: Er wurde als einer von 25 besten Busfahrern in Deutschland ausgezeichnet.
Busfahrer aus Reichshof einer der besten Deutschlands
„Meine Schicht war gerade zu Ende, ich freute mich auf den Feierabend“, erzählt Emad Al Kesbeh. „Ich musste nur noch den Bus zurück ins Depot der Ovag in Niederseßmar bringen.“ Gerade war er dabei, das beleuchtete Schild auf „Dienstfahrt“ umzustellen. Da klopfte eine Frau an die Tür. „Nehmen Sie uns mit?“ Neben ihr stand ein Paar. „Leider nicht. Aber der richtige Bus muss jeden Augenblick kommen“, erklärte Al Kesbeh. Im selben Moment fuhr der aber schon vorbei – ohne anzuhalten.
„Wahrscheinlich hat der Kollege gedacht, die drei Fahrgäste seien gerade aus meinem Bus ausgestiegen“, vermutet Al Kesbeh. Ein Riesen-Missverständnis. „Ich wollte ihnen unbedingt helfen“, schildert er sein Dilemma. „Menschlichkeit ist mir sehr wichtig. Ich bin glücklich, wenn die Fahrgäste zufrieden sind. Deshalb bin ich mit Leib und Seele Busfahrer. Es gibt für mich nichts Schöneres als den Kontakt mit den Menschen.“ Das wurde dem gelernten Bäcker im Alter von 21 Jahren klar, als ein Cousin am Steuer eines Linienbusses mit ihm eine Runde durch das Verkehrsgewusel seiner jordanischen Heimatstadt Amman drehte. „Da wusste ich sofort, Busfahren ist meine Welt“, erinnert sich Al Kesbeh strahlend.
Reichshof: Bäcker wird aus Liebe zu Oberbergerin zum Busfahrer
Doch dann kam die Liebe dazwischen: Er lernte seine spätere Ehefrau kennen, eine Oberbergerin, die gerade in Amman Urlaub machte. „Mit ihr bin ich dann nach Sinspert gekommen.“ Sein jordanischer Führerschein wurde in Oberberg allerdings nicht anerkannt, er jobbte vorerst als Taxifahrer und Security-Mann, bis er 2017 beschloss, doch noch einmal die Fahrschulbank zu drücken.
Seit 2018 ist Emad Al Kesbeh nun für die Ovag unterwegs. „Ich kenne hier die Straßen und die Menschen. Oberberg ist inzwischen mein Zuhause“, sagt er. „In Jordanien macht jeder, was er will, es ist eine ganz andere Welt. Allein die Busse! Die sind hier richtig luxuriös.“
Zwickmühle macht Busfahrer zu einem der besten Deutschlands
Ihm gefalle hier die Sicherheit, die Organisation, die Ordnung. Und dagegen sollte er nun verstoßen und einfach die drei Gestrandeten mitnehmen? Eine Zwickmühle. Schließlich rief er bei der Leitstelle an und bekam die Erlaubnis, die drei Fahrgäste außer der Reihe zu transportieren, zwei zum Bahnhof in Gummersbach und eine der Frauen bis nach Niederseßmar.
Wer von den dreien dann das Erlebnis schilderte und beim Wettbewerb vom Fahrgastverband Pro Bahn, DB Regio, Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen einreichte, weiß Al Kesbeh nicht. Es war eine von mehr als 2300 Einsendungen, die obendrein seine Rücksicht und besondere Freundlichkeit lobte: „Er ist einfach der Beste!“, heißt es da.
Vor zwei Wochen dann rief ihn ein Kollege an: „Emad, Du bist Lieblingsbusfahrer!“ Lieblingsbusfahrer? „Ich kannte das Wort nicht, in Jordanien gibts so was nicht“, sagt Al Kesbeh und schmunzelt. Aber seine Kinder, zwei Zwillingspaare, 22 und 15 Jahre alt, halfen ihm voller Stolz auf die Sprünge.
Noch kann er kaum glauben, dass er damit unter die 25 Besten von immerhin 100.000 Busfahrerinnen und Busfahrern in Deutschland gekommen ist. Aber schon hat ihn der Alltag wieder: An Neujahr ist er wieder unterwegs auf Oberbergs Straßen – in Engelskirchen, Lindlar, Gummersbach, Bergneustadt. Und auch in Strombach-West.