Am 7. April 1945 erreichten die vorrückenden US-Truppen in Morsbach den Oberbergischen Kreis.
KriegsendeVor 80 Jahren erreichten US-Truppen Oberberg

Oberleutnant a.D. Horst Haase konnte sich 1984 noch erinnern, dass seine Panzerjäger-Kompanie am 7. April 1945 diesen deutschen Panzer beschädigt bei Morsbach-Appenhagen stehen lassen musste.
Copyright: Foto: Archiv Christoph Buchen
Für die Oberberger ging vor 80 Jahren mit dem Vormarsch amerikanischer Soldaten der Zweite Weltkrieg zügig zu Ende. Nachdem die US-Armee Anfang April 1945 das Oberbergische erreicht hatte, dauerte es nur noch wenige Tage, bis das gesamte Kreisgebiet besetzt war.
Bereits Anfang März 1945 hatten die Amerikaner den Rhein über die legendäre Brücke von Remagen überquert. Sie drangen über den Westerwald weiter nordwärts bis zur Sieg vor, die sie am 6. April 1945 bei Wissen ohne deutsche Gegenwehr überwinden konnte. In der Nacht vom 6. auf den 7. April betraten die amerikanischen Soldaten bei Morsbach erstmals Oberbergisches Gebiet.
Ruhrkessel wird geschlossen
Von Morsbach aus setzte sich der Vormarsch weiter in Richtung Norden fort. Wilhelm Tieke hat dies im Detail recherchiert und in seinem Buch „Bis zur Stunde Null“ (1985) beschrieben. Am 8. April fiel Waldbröl, am 11. April erreichten die Amerikaner Wiehl und Gummersbach. Es folgten Marienheide und Wipperfürth am 12. April und Hückeswagen am 13. April. Mit dieser südlichen Zangenbewegung schlossen die Alliierten schließlich den sogenannten Ruhrkessel.
Abwehrkampf war aussichtslos
„Um die Monatswende März/April 1945 trat der Feind, der Tage an der Sieg untätig gelegen hat, zum Angriff über die Sieg nach Norden an.“ Dies hielt damals Generalleutnant Walter Botsch vom 58. deutschen Panzerkorps in seinen Aufzeichnungen fest. Auf deutscher Seite führte außerdem Oberst Arthur Jüttner die 62. Volksgrenadierdivision (VGD) an. Sein Divisionsgefechtsstand befand sich in Alzen bei Morsbach. Die Division verfügte über zwei intakte Artillerie-Abteilungen, die von Major Giersberg geführt wurden. Eine Abteilung leichter Feldhaubitzen (Kaliber 10,5 cm) befehligte Hauptmann Gebauer.
Unterstützung im aussichtslosen Abwehrkampf der 62. VGD leistete die von Oberleutnant Horst Haase geführte Sturmgeschütz-Kompanie. Seine Kompanie lag ab März 1945 in Morsbach. Hier erhielt sie am 2. April noch neun neue Sturmgeschütze und erreichte wieder ihre Sollstärke von 14 Kampfwagen.

Das Soldatengrab des Gefreiten Viktor Linerbach bei Morsbach, der am 8. April 1945 im Alter von 18 Jahren beim Einmarsch der Amerikaner gefallen ist.
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Am Morgen des 6. April begann der konzentrische Angriff der Amerikaner auf den Ruhrkessel. Wo die deutsche Front hart angepackt wurde, wich sie nach Norden aus. Das von Major Walter H. Pirce geführte III. Bataillon im US-Infanterieregiment 310 stieß im Mühlenthaler Forst bei Wissen nach Westen vor mit dem Auftrag, dem Regiment 309 den Brückenkopf öffnen zu helfen und auf Morsbach einzudrehen.
Der Widerstand der 62. VGD war gering. Das III. US-Bataillon erreichte mit der 11. Kompanie gegen Mittag des 6. April den Ort Birken und schwenkte dann nach Norden ein. Die 9. und 10. Kompanie nahmen Wittershagen bei Morsbach ein. Wittershagen und Stockshöhe am Rand der Gemeinde Morsbach wurden bereits am späten Abend des 6. April von amerikanischen Soldaten besetzt. Bei den Kämpfen an der südlichen Gemeindegrenze von Morsbach fielen damals elf deutsche Soldaten.
Artillerie-Salven auf den Waldrand
Am Abend des 7. April 1945 stand das III. Bataillon des US-Infanterieregiments 310 auf den Höhen bei Alzen und Stentenbach und bereitete den Angriff auf Morsbach für den nächsten Tag vor. Die Amerikaner waren vorsichtig geworden, denn Sturmgeschütze der 62. deutschen Volksgrenadierdivision, geführt von Oberleutnant Horst Haase, hatten bei Morsbach einer vorrückenden US-Einheit hart zugesetzt.
Den Angriff auf Morsbach beschreibt der US-Leutnant Harry Lutz in seinen Notizen sehr genau. Am Morgen des 8. April 1945 begann der Vormarsch des III. US-Bataillons. Vorausgehende Spähtrupps erreichten schnell „die bewaldeten Berge, die Aussicht auf Morsbach gewährten“, so Lutz. Das müsste die Stelle am oberen Alzener Berg gewesen sein. Die 11. Kompanie wurde nachgezogen und wartete auf den Angriffsbefehl. Die Deutschen schossen einige Salven mit Artillerie auf den Waldrand. Leutnant Lutz: „Morsbach lag, um eine Straßenkreuzung angeordnet, in einer dreieckigen Mulde unterhalb der Position der 11. Kompanie.“
Die vorgeschobenen Beobachter wählten Ziele aus, und bald schossen die Granatwerfer der 12. Kompanie und die Haubitzen des 903. Feld-Artillerie-Bataillons unter Kommandeur Colonel Irving einige Salven auf Morsbach. Die 11. Kompanie des Captain Barzelay rückte dann entlang der Alzener Straße auf den Ort Morsbach vor. Panzer rasselten den Alzener Berg hinunter. Die Verbindung innerhalb der Kompanie wurde durch Sprechfunk aufrecht erhalten. Dies war besonders für den zweiten Zug wichtig, der im Wald über die „Hohe Hardt“ und Niederdorf vorging.
Panzer gaben Feuerschutz
Der erste und dritte Zug hatten inzwischen die Straße Morsbach/Niederwarnsbach erreicht und begannen die Häuser zu durchkämmen. Drei Panzer und die Artillerie übernahmen den Feuerschutz und waren jederzeit bereit einzugreifen. Aber es kam zu keinen Kampfhandlungen. Die Deutschen hatten sich inzwischen in Richtung Lichtenberg/Ellingen zurückgezogen. Nur der am westlichen Ortsrand von Morsbach eingesetzte zweite Zug wurde in ein kurzes Gefecht verwickelt. Er stieß auf zwei Gebäude, in denen sich viele deutsche Soldaten befanden, es entwickelte sich ein kurzes, aber schweres Gefecht. Zehn Wehrmachtssoldaten wurden getötet und zehn gefangen genommen.
Am 8. April 1945 hatte Captain Barzelay bis Mittag mit der 11. Kompanie des US-Infanterieregiments 310 den Ort eingenommen. Bis zum Abend war Morsbach als erste oberbergische Gemeinde von den Amerikanern nahezu komplett erobert worden.
Tagebucheintrag
Über den Einmarsch der US-Armee in Morsbach schreibt der damalige katholische Pfarrer Karl Strack am 8. April 1945 in sein Tagebuch:
„Wieder hatten wir eine schlimme Nacht. Die Einschläge von den feindlichen Geschützen lagen in der Nähe von Kirche und Krankenhaus.
Es ist Weißer Sonntag, der Tag der Kinder. Heute geht strahlend die Frühlingssonne auf; nur der Donner der Geschütze kündet, dass Krieg ist; er bringt nicht Leben, sondern Tod und Zerstörung. Es war gut, dass wir in diesem Jahr die Erstkommunionfeier verlegten, denn heute wäre eine Feier unmöglich gewesen.

Der Morsbacher Pfarrer Karl Strack.
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Es ist gegen 9 Uhr morgens, da überrascht uns die Kunde: Die Amerikaner sind im Dorf! Ich gehe schnell in die Kirche. Auf der Dorfstraße steht ein Panzerwagen. Ich sehe, wie amerikanische Soldaten in die einzelnen Häuser gehen und nach deutschen Soldaten suchen. Jetzt kommen sie auch in die Kirche. Ein Trupp Soldaten besteigt den Turm und legt eine Fernsprechleitung. Ich sehe mir vom Fenster der Empore das Geschehen an.
Jetzt bringen sie die ersten deutschen Gefangenen. Ein amerikanischer Soldat, der etwas Deutsch spricht, stellt einige Fragen an sie. Dann werden sie in die Kirche gebracht. Vereinzelt sehe ich, wie ein Soldat beim Eintritt den Helm abnimmt. Im Übrigen benehmen sie sich so, wie Soldaten im Krieg nun einmal sind. Sie rauchen ihre Zigaretten und einer legt sich ausgestreckt auf eine Bank. Kaum einer zeigt ein besonderes Interesse für die schöne Kirche.
Deutsche Artillerie schießt ins Dorf. Das ist unsere weitere Sorge, dass noch in letzter Stunde von unseren eigenen Geschützen zerstört wird, was vom Feind verschont blieb.
Der erste Akt von dem großen Ereignis, das uns den Frieden bringen wird, ist vorüber. Die Amerikaner haben das Dorf besetzt, alles atmet erleichtert auf. Wenn wir uns auch keine Illusionen über die Zukunft machen wollen, sie wird schwer sein, so haben wir doch die Hoffnung, dass dieser Umschwung den Beginn einer Zeit des Friedens bringen wird.
Die Geschütze donnern weiter. Deutsche Artillerie schießt ins Dorf. Das ist unsere weitere Sorge, dass noch in letzter Stunde von unseren eigenen Geschützen zerstört wird, was vom Feind verschont blieb. Zur „Mutter der heiligen Hoffnung“ (Anmerkung der Redaktion: eine Ikone der Basilika) haben wir in diesen schicksalsschweren Tagen immer wieder gebetet. Ich fand ihr Bild mehrfach in den Luftschutzräumen. Nun können wir ihr Bild bald wieder aus dem Versteck herausholen und wieder in der Seitenkapelle der Kirche aufstellen.“