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Lebendiges OberbergDie Wasserfledermaus lebt auf großem Fuß

Lesezeit 4 Minuten
Die Wasserfledermaus.

In Höhlen, Stollen und Kellern überwintern die Wasserfledermäuse auch im Oberbergischen, Männchen und Weibchen sind wieder vereint.

Mit Unterstützung der Biologischen Station stellen wir Arten vor, die uns im Oberbergischen aufgefallen sind. Heute geht's um die Wasserfledermaus.

Zu den Tieren, die schwer zu beobachten sind, gehören zweifelsohne die Fledermäuse. Entweder halten sich die flugfähigen Säuger im Verborgenen auf oder sie sind nachts unterwegs. Wenn man sie in Ruhe erforschen möchte, kann man sie aber vorsichtig während ihrem Winterschlaf aufsuchen. Eine dieser Arten, bei denen das einigermaßen gelingt, ist die Wasserfledermaus (Myotis daubertonii). Diese kleine bis mittelgroße heimische Art fällt durch ihre enorm großen Füße auf, die sie bei ihrem speziellen Jagdverhalten an Stillgewässern oder langsam fließenden Flüssen und Bächen einsetzt. In kreisenden Bahnen über das Wasser schwirrend erbeutet die hellbäuchige Art aus der Gattung der Mausohren normalerweise Zuckmücken, Nachtfalter, Köcher- und Eintagsfliegen.

Die Beute wird gezielt ins Mäulchen befördert

Wie einen Kescher nutzt sie dabei ihre Schwanzflughaut, die von den Fingern der einen Hand um Ihren Unterleib und die Beine zu den Fingern der anderen Hand gespannt ist, und befördert die Beute von der Wasseroberfläche gezielt in Richtung des Mäulchens. Die Insekten werden noch im Flug gefressen. Mit ihren großen Füßen kann sie sogar kleine Fische im Stil eines Adlers aus dem Wasser greifen.

Das nachgewiesene Höchstalter liegt hingegen bei knapp 30 Jahren. Aufgrund der vielfältigen Gefahren, denen an Wasserfledermäuse ausgesetzt sind, überleben die Nachtjäger aber oft nur etwa drei Jahre. Für ein Lebewesen, das sich mit Echoortung im Ultraschallbereich orientiert, klingt eine Landstraße eben wie ein ruhig fließender Fluss, auf dem es jagen möchte. Aber dann kommt ein Auto . . .

Sommerquartiere befinden sich meist in Baumhöhlen

Da die großfüßigen Flugkünstler trotzdem noch in der gesamten gemäßigten Klimazone Eurasiens vorkommen, leben sie auch vielerorts im Bergischen Land. Die Rote Liste führt die Wasserfledermaus allerdings als „gefährdet“ auf, weshalb sie in ganz Deutschland „streng geschützt“ ist. Bei der Wahl des Naturraumes ist sie nicht sehr spezialisiert und kommt in Nordrhein-Westfalen sowohl im Tief- als auch im Hügelland vor. Dennoch waren im Jahr 2015 landesweit nur etwas mehr als 150 Wochenstubenkolonien sowie zirka 100 Winterquartiere bekannt.

Die Sommerquartiere befinden sich meist in Baumhöhlen in Gärten und Parks. Die Fledermausweibchen beziehen im Frühjahr ihre Wochenstuben, in denen meistens 30 bis 40 Weibchen gemeinsam die Jungtiere gebären und säugen. Diese Wochenstuben verteilen sich häufig über mehrere nah beieinander gelegene Bäume, die selten weiter als ein Kilometer voneinander entfernt liegen und regelmäßig gewechselt werden. Die Jungtiere krallen sich bei diesen Umzügen an ihren Müttern fest und schnuppern dabei zum ersten Mal die frische Luft einer Sommernacht.

Männchen hängen gerne in eigenen Höhlen

Die Männchen hängen derweil einzeln oder in kleineren Gruppen in eigenen Höhlen und Rissen von alten Bäumen. Ersatzweise bewohnen männliche Individuen auch Nistkästen oder Spalten von Brücken. Auch sie wechseln ihre Quartiere häufig. Die Winterquartiere, die dann wieder von beiden Geschlechtern gemeinsam aufgesucht werden, liegen, wie es bei vielen Fledermäusen der Fall ist, weit entfernt von den Sommerquartieren. Mit unter 150 Kilometer Entfernung ist das im interspezifischen Vergleich aber eine eher geringe Distanz.

Die Biologische Station Oberberg erfasst in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde und weiteren Fledermausschützern seit vielen Jahren den Bestand der überwinternden Fledermäuse in einigen bekannten Höhlen, Stollen und Kellern des Oberbergischen Kreises. Man kann festhalten, dass in nahezu jedem bekannten Winterquartier des Oberbergischen Kreises im Durchschnitt ein bis zwei Wasserfledermäuse Winterschlaf halten. Daneben beherbergen die natürlichen Höhlen und ehemaligen Bergwerksstollen auch weitere Fledermausarten, die zum Teil noch viel seltener sind als die Wasserfledermäuse sowie Vertreter aus dem Insektenreich wie Zackeneule und Höhlenschlupfwespe. Die Daten der winterlichen Fledermauszählung sollen dabei helfen, die Entwicklung der Fledermauspopulationen im Auge zu behalten, um auf negative Bestandstrends rechtzeitig reagieren zu können.


Achtung Höhlenmenschen

Das größte Hindernis bei der wissenschaftlichen Erfassung der Fledermausarten in den Winterquartieren ist der umständliche Zugang in die Höhlen und Stollen. Die ohnehin meist engen Zugänge müssen nämlich mit gepanzerten Vorhängeschlössern, Gittern und engen Stahltüren verrammelt werden.

Und das geschieht nicht ohne Grund: Gewisse Leute verspüren offenbar einen starken Drang, zu einem Dasein als Höhlenmensch zurückzukehren.

Um Zugang in die Orte ihrer Sehnsucht zu erlangen, greifen diese Troglodyten dann zu brachialen Mitteln und schrecken nicht vor dem Einsatz schweren Geräts zurück. In Anbetracht der zurückgelassenen Getränkebehälter berauschen sich die Eindringlinge typischerweise mit Bier. Im Schoß von Mutter Erde suchen sie wohl in eigentümlicher Weise Geborgenheit. Den auf Dunkelheit und Stille bedachten Fledermäusen behagt es indes wenig, wenn sich die flugunfähige Verwandtschaft aus der Ordnung der Primaten in ihrer Ruhestätte breitmacht. Trotz der notwendigen Sicherungsmaßnahmen bleibt für die Fledermäuse ein ausreichend großes Loch oder ein Spalt als Ein- und Ausflugmöglichkeit erhalten.

Wenn Sie im Bergischen Land auf einen verschlossenen Höhleneingang stoßen, beschweren Sie sich also nicht, dass in Deutschland alles abgesperrt und verboten ist. Ärgern Sie sich lieber darüber, dass fast alles, was frei zugänglich ist, für niedere Zwecke missbraucht wird.