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Interview

Niemand regiert in Oberberg länger
Gummersbachs Bürgermeister blickt auf 20 Jahre zurück

Lesezeit 4 Minuten
Frank Helmenstein links im Bild bei der Einweihung der alten Vogtei.

Die Einweihung der alten Vogtei ist der jüngste städtebauliche Höhepunkt in der Amtszeit von Frank Helmenstein, hier mit NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach.

Der Gummersbacher Bürgermeister Frank Helmenstein (59) ist am Freitag auf den Tag genau seit 20 Jahren im Amt – ein Interview.

Frank Helmenstein ist Oberbergs dienstältester Bürgermeister. Andreas Arnold sprach mit ihm darüber, was in der Zeit geschafft wurde und was er lieber ungeschehen machen würde.

Erinnern Sie sich noch daran, was Sie an Ihrem ersten Arbeitstag im Jahr 2004 gemacht haben?

Natürlich. Mein Vorgänger Paul-Gerhard Schmitz hat mir die Schlüssel übergeben, ehe ich durchs Haus gegangen bin, um mich den Kollegen vorzustellen. Gegenüber der Zeitung habe ich gesagt, dass ich keine 100-Tage-Schonfrist haben möchte, sondern gleich loslegen will. Und so ist es auch gekommen.

Die Einweihung von Schwalbe-Arena und Heiner-Brand-Platz gehörte zu den Höhepunkten in der Amtszeit von Frank Helmenstein (l.), hier mit Heiner Brand

Welches Ereignis in den zurückliegenden Jahren ist Ihnen besonders wichtig?

Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Es gab so viele davon. Am 17. April 2007 beispielsweise durfte ich Heiner Brand nach dem Gewinn der Handball-WM in Deutschland den Ehrenring der Stadt verleihen. Das war für mich ein sehr emotionaler Moment, wie auch der Besuch von Bundespräsident Horst Köhler am 7. Oktober 2008. Am 27. April 2005 haben wir den A-Stempel der Regionale 2010 als Startschuss für die Revitalisierung des Steinmüllergeländes bekommen. Am 10. August 2013 haben wir dort die Einweihung der Schwalbe-Arena und die des Heiner-Brand-Platzes gefeiert. Auch die Eröffnung der Alten Vogtei in diesem Jahr ist ein Meilenstein in der Stadtentwicklung.

Und welchen Tag hätten Sie lieber nicht erlebt?

Das sind zwei. Und zwar die, an denen im Gummersbacher Badeland ein Kind gestorben ist. Das bewegt mich bis heute. Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an diese beiden tragischen Unglücke denke. Hätte ich einen Wunsch frei, dann den, die beiden Vorfälle ungeschehen zu machen.

16.10.2024
Gummersbach
20 Jahre Frank Helmenstein als Bürgermeister

Frank Helmenstein (r.) und Baudezernent Ulrich Stücker waren bei der Revitalisierung des Steinmüllergeländes über Jahre ein eingespieltes Team.

Sie wollten schon als Kind Bürgermeister werden. Wurden Ihre Wünsche erfüllt?

Für meine Aussage, Bürgermeister meiner „Heimatstadt“ Gummersbach zu sein, bin ich oft belächelt worden. Tatsächlich habe ich Gummersbach viel zu verdanken. Hier hatte ich eine unglaublich glückliche Kindheit. Und mir war es ein Anliegen, dafür etwas zurückzugeben. Anfangs war es ein Traum. Heute, nach 20 Jahren, muss man wohl von Berufung sprechen.

Trotzdem wollen Sie im nächsten Jahr aufhören. Warum?

Im kommenden Jahr bin ich dann 21 Jahre im Amt. Und meine To-Do-Liste, minus Theater, habe ich abgearbeitet. Was ich machen wollte, damit bin ich im Wesentlichen durch. Ich bin ein protestantischer Pflichtmensch, arbeite im Team für mein Leben gerne. Von daher suche ich noch eine neue berufliche Herausforderung.

Wie ist das denn, wenn man so langsam auf die Abschiedsrunde geht?

Sie gibt mir die Möglichkeit, mich bei ganz vielen Menschen zu verabschieden, die ich kennenlernen durfte und denen ich Danke sagen will.

Zentrales Thema ihrer Arbeit war und ist das Steinmüllergelände. Trotz aller sichtbaren Erfolge gibt es nach wie vor Stimmen, die sagen, das neue Steinmüllergelände und das Forum hätten die alte Innenstadt kaputt gemacht.

Die Fakten sprechen klar dagegen. Fachleute, wie Ex-Karstadt-Geschäftsführer Heinz Kreiensiek, erkennen inzwischen an, dass das Steinmüllergelände der Katalysator für ganz Gummersbach ist. Gummersbach hat einen unterdurchschnittlichen Leerstand – wobei auch ich mir einen anderen Branchenmix wünschte. Unabhängig davon, hat sich nicht nur in Gummersbach das Einkaufsverhalten geändert.

Wo stünde Gummersbach ohne ein revitalisiertes Steinmüllergelände und ohne ein Forum?

Das will man sich nicht ausmalen. Unser Glück war es, im Rahmen der Regionale 2010 rund 60 Millionen Euro Fördermittel zu bekommen. Wir hatten nur ein kleines Zeitfenster, insoweit vergleichbar mit der deutschen Einheit. Ohne die Regionale hätten wir den wirtschaftlichen Strukturwandel nicht geschafft. Die Menschen kämen nicht aus 30 Kilometern Entfernung zum Einkauf. Als wir vor gut 20 Jahren damit angefangen haben, sprachen wir von einer Jahrhundertaufgabe. Die haben wir allerdings in nur 20 Jahren gemeistert.

Dieser Aufschwung geht einher mit einer sprudelnden Gewerbesteuer.

Korrekt. Unser großes Plus war und ist es, insbesondere Unternehmen wie Abus und Ferchau zu haben, beiden konnten wir eine nachhaltige Standortperspektive bieten.

Haben Sie noch einen Wunsch als Bürgermeister, ein Jahr vor dem Finale?

Ich möchte auf jeden Fall noch die Bücherei im Bergischen Hof einweihen können. An diesem Projekt hänge ich, weil ich als Schüler schon die alte Stadtbücherei ständig genutzt und davon profitiert habe. Und wenn ich einen zweiten Wunsch habe, wäre ich gerne beim Spatenstich für die neue Sporthalle in Strombach dabei, die, wenn es klappt, nach der jüdischen Sportlerin Lilli Henoch benannt werden könnte.

Wissen Sie denn schon, was Sie im kommenden Jahr an ihrem letzten Arbeitstag machen werden?

Extrem wichtig ist mir, dass ich mich von den Kolleginnen und Kollegen verabschiede. In den letzten 20 Jahren war dieses Team für meine Arbeit eine Bank. Und am Ende wird auch der letzte Tag ein ganz normaler Arbeitstag sein.