In Fern- und Nahwärme soll die Zukunft liegen. Doch im Oberbergischen gestaltet sich der Aufbau solcher Netze schwierig.
Wärme per NetzOberbergische Kommunen reagieren auf die neuen Vorgaben der Bundesregierung
Die oberbergischen Rathäuser stehen vor einer neuen Herausforderung. Die Bundesregierung hat alle Städte und Gemeinden aufgefordert, Pläne für die künftige Energieversorgung aufzustellen. Die zentrale Frage lautet: In welchen Ortschaften dürfen die Bürgerinnen und Bürgerinnen mit dem Bau eines Fern- oder Nahwärmenetzes rechnen, das die Haushalte künftig zentral mit erneuerbarer Energie versorgt? Die Umrüstung des eigenen Hauses mit einer Wärmepumpe hätte sich damit erledigt.
Die Aggerenergie trifft sich am kommenden Freitag mit den Energieexperten der neun Kommunalverwaltungen, dazu gehören neben Overath alle oberbergischen Rathäuser, außer Nümbrecht und den vier Nordkreiskommunen. Für die Stadt Wiehl wird Torsten Richling teilnehmen.
Noch gibt es viele Fragezeichen
Das Treffen diene einer ersten Abstimmung, sagt Richling. „Das Thema“, meint der Fachmann aus dem Wiehler Rathaus, „können die Kommunen nur gemeinsam und mit unserem Energieversorger, der die Netze verwaltet, angehen.“ Derzeit gebe es noch viele Fragezeichen. Anders als beispielsweise in Baden-Württemberg liege in NRW noch kein Landesgesetz vor.
Und bei der 90-prozentigen Förderung für die Wärmeplanung habe man es noch mit Unklarheiten im Antragsverfahren zu tun. Zudem sieht Richling das Problem, dass es an kompetenten Ingenieurbüros mangelt. „Die gibt es nicht wie Sand am Meer.“
Angesichts des Aufwands, den die oberbergischen Flächenkommunen mit der Glasfaserversorgung ihrer Dörfer treiben, ist es unwahrscheinlich, dass sie auch noch ausgedehnte Fernwärmenetze installieren. „Dafür fehlt mir die Fantasie“, sagt auch Richling. Gut vorstellen kann er sich dagegen, dass in Neubaugebieten Nahwärmenetze zum Standard werden.
Auch die stärkere Nutzung von industrieller Abwärme für die Privathaushalte in der Nähe der Unternehmen hält der Wiehler Experte für denkbar. Aber auch solche kurzen Wege von der Energiequelle zum Heizkörper erforderten einen erheblichen Aufwand, warnt Richling und verweist auf das Pionierprojekt der Energiegenossenschaft Lieberhausen, das viele Jahre Vorbereitung in Anspruch genommen hat.
Vorrang würde er auch darum der Wärmedämmung einräumen. „Die energetische Gebäudesanierung kommt noch viel zu kurz.“ Das gelte für kommunale, gewerbliche und private Immobilien gleichermaßen. Um dort Fortschritte zu erreichen, bedürfe es einer pragmatischen, weniger komplizierten Förderung, fordert Richling. Er ist überzeugt: „Das ist eine Generationenherausforderung.“
Nahwärmenetze
Die Energiegenossenschaft in Gummersbach-Lieberhausen hatte bereits vor mehr als 25 Jahren die Idee, die Gräben von Kanalbauarbeiten für ein Nahwärmenetz zu nutzen. Ursprünglich haben dort 42 Haushalte sich anschließen lassen, heute sind es nahezu doppelt so viele. Auf dem Steinmüllergelände wurde 2013 im Zuge der Neubebauung ein Blockheizkraftwerk errichtet, das die Bauten mit Holzhackschnitzelwärme versorgt, die für 360 Haushalte reichen würde. Ein weiteres Pionierprojekt ist das Nahwärmenetz, das seit 2021 in Nümbrecht-Benroth in Betrieb ist.
Vielerorts im Kreis ist geplant, Neubausiedlungen mit klimaschutzgerechter Wärmeenergie zu versorgen, so das Bergneustädter Gebiet „Am Wiebusch“ mit 36 Einfamilienhäusern und das Baugebiet Schöttlenberg in Marienheide mit 71 Wohneinheiten. Gescheitert ist 2019 eine Initiative für den Morsbacher Ort Holpe mit 113 Häusern. Damals war das Interesse der Besitzer dort noch zu gering, eine Investition hätte sich für nur 19 interessierte Eigentümer nicht gelohnt.