Die Wahl der Schöffen-Bewerber für das Sozialgericht Köln war in Oberbergs Kreistag als Nebensache geplant. Doch dann legte die AfD das Gremium lahm.
Politik-FarceOberbergs AfD sorgt bei Abstimmung über Richterkandidaten im Kreistag für Wirbel
Viel Zeit mussten die Mitglieder des Oberbergischen Kreistags zur Sitzung am Donnerstagabend mitbringen. Sehr viel Zeit. Die AfD-Fraktion hatte bei der Abstimmung über die oberbergische Vorschlagsliste für die Wahl der Schöffen am Kölner Sozialgericht die geheime Wahl beantragt. Und legte damit den Kreistag für eine ganze Stunde lahm.
Zum Hintergrund: Acht Bewerber für das ehrenamtliche Richteramt in der Domstadt sollte der Kreistag am Donnerstag benennen. Bereits in der Vorwoche hatten sich CDU, SPD, FDP, Grüne, Linke und UWG im Kreisausschuss darauf verständigt, AfD-Fraktionschef Bernd Rummler von dieser Liste zu streichen. An seiner Stelle nominierten die Fraktionen den Wipperfürther Joachim Grolewski (UWG).
Oberbergs AfD fordert mehr Einfluss
Das Papier mit Grolewski auf Platz acht wollte Landrat Jochen Hagt am Donnerstag denn auch zur Abstimmung stellen. Dann meldete sich indes die AfD zu Wort. Für seinen verhinderten Fraktionschef erklärte Udo Schäfer, die veränderte Liste verletze die Grundprinzipien der Demokratie. Spätestens seit der Europawahl müsse auch den übrigen Parteien klar sein, dass die Menschen in Oberberg mehr Einfluss der AfD wünschten.
Bernadette Reinery-Hausmann (Grüne), Karin Wroblowski (FDP) und Friedhelm Julius Beucher (SPD) ließen Schäfers Standpauke nicht auf dem Kreistag sitzen. „Ich warne davor, solche Menschen in die Justiz zu lassen“, sagte Wroblowski unter dem Beifall der übergroßen Mehrheit der Kreistagsmitglieder. Reinery-Hausmann und Beucher erinnerten an die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. Das Ausbooten Rummlers sei „die klare Antwort der Demokratie auf eine Partei, die Hetze und Hass in der Bevölkerung verbreitet“, ging Beucher die drei AfDler frontal an.
Udo Schäfer wiederum reagierte mit dem Antrag auf eine geheime Abstimmung über die Schöffenbewerber. Der Landrat versuchte noch, das Procedere abzuwenden, indem er Schäfer fragte, ob der mit einer Abstimmung über die Abstimmung einverstanden sei. Dem AfD-Mann war allerdings klar, dass die breite Mehrheit im Plenum dies ablehnen würde. Für ihn sei der Tagesordnungspunkt eine Wahl, deshalb sei eine Abstimmung über die Modalitäten nicht statthaft. „Wenn einer die geheime Wahl beantragt, dann muss sie geheim sein", argumentierte Schäfer. Auch auf eine geheime Abstimmung en bloc über alle achte Namen auf der Liste wollte er sich nicht einlassen.
Oberbergs Landrat unterbricht die Sitzung
So unterbrach Hagt die Sitzung und kündigte den 61 Mandatsträgern an, dass jeder von ihnen achtmal im Verborgenen abstimmen müsse. Kreismitarbeiter schafften eine Urne, eine Wahlkabine und etliche Packen Stimmzettel herbei, jede Fraktion benannte einen Auszähler für die Stimmen. Hagt selbst rief die Lokalpolitiker alphabetisch einzeln auf, nach dem zweiten Durchgang wechselte er auf das Aufrufen in Zehnergruppen, danach merkte sich jeder seinen Vordermann und die Schlange vor der Urne bildete sich weitgehend von selbst.
Politiker in Oberbergs Kreistag nehmen es mit Humor
„So einen Zirkus habe ich in all den Jahren in der Politik auch noch nicht erlebt“, schüttelte Jürgen Marquardt (CDU) den Kopf, als er wieder aufs Neue zur Abstimmung stiefelte. Die allermeisten Lokalpolitiker nahmen die Bewegung nach und nach allerdings mit Humor. Auf die Minute genau eine Stunde nach dem Abstimmungsbeginn schloss der Landrat den Wahlgang für Grolewski.
Das Ergebnis war weit weniger aufregend als das Procedere: Alle acht Nominierten vereinten die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit des Kreistags auf sich. Einen Gegenkandidaten hatte die AfD nicht benannt, was ihr noch zusätzliche Kritik einbrachte. Das Recht, eine geheime Wahl zu beantragen, sei der Fraktion unbenommen, sagte Hagt nach der Bekanntgabe der Ergebnisse. „Für Verfahren, die erkennbar wenig Chancen haben, die Mehrheitsverhältnisse zu ändern, halte ich eine solche Abstimmung aber nicht für das Mittel der Wahl.“