Neue HebesätzeKommunen in Oberberg befürchten Riesenärger

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Oberbergs Kommunen stehen nun vor der Frage, wie sie ab 2025 die Grundsteuer erheben.

Oberbergs Kommunen stehen nun vor der Frage, wie sie ab 2025 die Grundsteuer erheben.

Das Land hat Hebesätze für die in Wohnen und Gewerbe gesplittete Grundsteuer B vorgelegt. Das sorgt für heftigen Protest in den Kommunen.

Für einen deutlich erhöhten Puls sorgte ein per Kurier zugestelltes Schreiben des NRW-Finanzministeriums am Mittwoch unter anderem bei Lindlars Bürgermeister Georg Ludwig. „Ein großer gelber Briefumschlag per Kurier, darin ein an mich persönlich adressierter Brief, das ist sehr ungewöhnlich und da geht der Puls schon die Höhe“, so Ludwig. In dem Brief waren die Vorschläge des Ministeriums für die künftigen Hebesätze der neuen Grundsteuer B für Lindlar. Entsprechende Briefe haben alle Kommunen des Landes erhalten.

Die Reform

Hintergrund ist die Reform der Grundsteuer. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2018 das bisherige System zur Grundstückswertermittlung als verfassungswidrig erklärt. Das neue Modell beruht auf einer Festlegung von Grundstücks- und Gebäudewert, der realitätsnah sein soll. Der vom Finanzamt ermittelte neue Grundsteuerwert ist Grundlage für den Grundsteuermessbetrag. Aus ihm wird per Hebesatz, den jede Kommune selbst festlegt, die Grundsteuer berechnet.

Sonderweg NRW

Bei den Festsetzungen hatte sich gezeigt, dass in einigen Kommunen Hauseigentümer stärker belastet werden als Eigentümer von Gewerbegrundstücken. Um das zu verhindern, hat die Landesregierung einen Gesetzentwurf eingebracht, der eine Differenzierung der Grundsteuer in Wohnen und Gewerbe vorsieht. Damit könnten die Kommunen über die Hebesätze entgegensteuern. Der Hebesatz müsse angepasst werden, damit nach der Neuberechnung des Grundsteuermessbetrages die Aufkommensneutralität gesichert sei, so das Land. Aufkommensneutral bedeutet, dass die Kommunen durch die Veränderungen nicht mehr oder weniger Grundsteuer erhalten als vorher.

Reaktionen in den Kommunen

Nicht als Stärkung, sondern als Belastung sieht Lindlars Kämmerin Cordula Ahlers das Verfahren. Das Ganze sei bis 2025 nicht zu schaffen. Es gebe keine Software für die Differenzierung der Grundsteuer B. Dazu kämen massive rechtliche Bedenken zu diesem Verfahren. Die Politik sieht schwere handwerkliche Mängel und eine zusätzliche Belastung der Kommunen. Einzig die Grünen begrüßen das ihrer Meinung nach größere Plus an Selbstverwaltung.

Die Zahlen aus Düsseldorf seien ein großer Unruhestifter und mit der bisherigen Systematik der Besteuerung nicht vergleichbar, sagte Bergneustadts Bürgermeister Matthias Thul. „Sie drücken Werte aus, von denen das Finanzamt glaubt, dass sie uns künftig genauso viel Geld einbringen wie vorher.“ Dabei blende die Regierung aus, dass längst nicht alle Grundstückseigentümer Angaben gemacht hätten, vor allem aber, dass sich Kommunen bewusst für weniger Aufkommen bei der Grundsteuer B entscheiden könnten und sich den Fehlbetrag stattdessen etwa bei der Gewerbesteuer, der Grundsteuer A, der Hundesteuer oder sonst wo holen könnten.

Der Wiehler Bürgermeister Ulrich Stücker fürchtet, dass die aktuellen Zahlen zu einem „Riesenärger“ führen werden. Obwohl die Finanzämter für die Steuerbescheide zuständig seien, würden die Menschen in die Rathäuser stürmen. Egal wie das Verfahren weitergeht und für welchen Hebesatz man sich in Wiehl entscheidet: Eine Umsetzung zum 1. Januar 2025 sei technisch nicht machbar, heißt es.

Gummersbachs Erster Beigeordneter Raoul Halding-Hoppenheit will zu den Vorschlägen des Landes noch nicht Auskunft geben. Aktuell lägen ihm noch nicht die Messbetragsverzeichnisse des Finanzamts vor, also die Zahlen für die einzelnen Immobilien und Grundstücke, die an die Steuerzahler versendet worden sind. Unbenommen dessen müsse man nun prüfen, für welches Modell man sich entscheide und dieses Vorgehen mit der Politik erörtern.

Städte- und Gemeindebund

Heftige Kritik äußert der Städte- und Gemeindebund. Softwaretechnisch sei keine Kommune auf differenzierte Hebesätze vorbereitet, es drohten     Einnahmelücken und die Frage, wonach ohne differenzierte Hebesätze besteuert werden soll. Man müsse mit einer   Klagewelle rechnen. Der Städtebund befürchtet jährlich neue Konflikte zwischen Gewerbe und Wohnen, die mit der ursprünglichen Absicht nichts mehr zu tun haben. Das Ganze sei ein „unfaires Manöver“, das Land lade das Problem bei den Kommunen ab.


Die vom Land vorgeschlagenen Hebesätze Wohnen/Gewerbe

Bergneustadt 1105/1758Engelskirchen 594/931Gummersbach 701/1358Hückeswagen 827/1380Lindlar 951/586Marienheide 698/1124Morsbach 723/1066Nümbrecht 687/819Radevormwald 529/1095Reichshof 649/858Waldbröl 800/1309Wiehl 554/1060Wipperfürth 991/1778

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