Am 30. April ist Schluss, dann hat Wilfried Fischer (63) seinen letzten Arbeitstag als Kreisbrandmeister. Sein Nachfolger steht schon parat.
InterviewOberbergs Kreisbrandmeister Wilfried Fischer hat bald seinen letzten Arbeitstag
Ende April hängt Wilfried Fischer (63) den Helm des Kreisbrandmeisters (KBM) an den Haken und geht in den Ruhestand. Der Radevormwalder war Wehrführer seiner Heimatstadt, wurde 2006 stellvertretender KBM und 2018 Oberbergs oberster Feuerwehrmann. Dazu kommen über 20 Jahre Vorstandsarbeit im Kreisfeuerwehrverband. Eine Zeit, in der sich im oberbergischen Feuerwehrwesen viel verändert hat, erinnert sich Fischer im Gespräch mit Florian Sauer.
Herr Fischer, können Sie sich eigentlich noch an Ihren allerersten Einsatz als Feuerwehrmann erinnern?
Wilfried Fischer: Aber klar, das vergisst man nicht. Ich war 1978 frisch aus der Rader Jugendfeuerwehr zur Löschgruppe Landwehr gewechselt. Nachts brannte es in einer Werkstatt. Irgendwo gibt es tatsächlich noch ein Bild von den Löscharbeiten. Ich, mit schulterlanger Mähne unter dem Helm (lacht).
Dass Sie zur Feuerwehr gehen würden, war praktisch genetisch vorbestimmt.
So kann man es sagen, beide Großväter waren Führungskräfte in der Feuerwehr Radevormwald, genauso mein Vater. 1975 bin ich Mitglied der Jugendfeuerwehr der Stadt geworden.
Wer heute Brandmeister werden will, muss viel Zeit in die Ausbildung im Ehrenamt investieren. Gibt es noch genug Freiwillige für die Führung?
Die Bereitschaft ist schon da. Allerdings bemerken wir auch eine steigende Fluktuation. Früher war einer 20 Jahre lang in einer Funktion, das macht heute keiner mehr. Selbst bei Wehrführern erleben wir, dass jemand nach einer Amtszeit sagt: Das war es, ich hör auf. Ich glaube, dahinter steckt oft die Einstellung, dass man sich heute nicht mehr jeder Diskussion stellen und sich ärgern möchte. Da lassen es einige dann lieber ganz.
Manche, die hinschmeißen, beklagen aber auch immer mehr Bürokratie und Dokumentation bei der Feuerwehr.
Tatsächlich sind wir an dem Thema aktuell auch über den Verband der Feuerwehren in NRW dran. Die Gemeinden müssen begreifen, dass sie die Träger des Feuerschutzes sind, ihre Verwaltung muss den Feuerwehrleuten den Rücken frei halten, damit die Zeit für das Wesentliche haben, für Einsatztaktik, Technik und Ausbildung.
Sie betonen die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden für die Feuerwehr. Welche Aufgaben hat der Kreisbrandmeister in diesem Gefüge?
Er hat vor allem die Aufsicht und das nicht nur auf dem Papier. Wir fordern konsequent die Brandschutzbedarfspläne, an deren Erstellung ich bei zwölf Kommunen mitgewirkt habe und die alle fünf Jahre aktualisiert werden müssen, ein. Wir schauen also, ob jeder Oberberger ausreichend und schnell mit der Hilfe der Feuerwehr versorgt werden kann. Momentan haben wir aus zwölf der 13 Gemeinden im Kreis einen aktuellen Plan vorliegen, ich finde, das ist eine ziemlich gute Quote.
Zurück zu Ihrer persönlichen Feuerwehrlaufbahn: Seit den Siebzigerjahren gab es in allen Lebensbereichen große technische Fortschritte. Und von der Feuerwehr wird erwartet, dass sie alles Neue auch sofort beherrschen kann.
Ich habe immer dazu geraten, nicht direkt auf das erste Pferd zu springen, sondern sich zurückzunehmen und Entwicklungen erst einmal zu beobachten. Schauen Sie sich doch mal das Elektroauto an: Früher haben wir Autos mit Wasser gelöscht und auch beim modernsten Elektrofahrzeug gilt: Wasser, Wasser, Wasser – Diskussionen über die Akkus hin oder her.
Trotzdem haben Sie im Kreis auch neue Konzepte angestoßen.
Wo es Sinn macht, ist das auch nötig. So haben wir 2018 auf den Borkenkäfer reagiert und den Austausch mit den Forstbehörden gesucht, danach das Waldbrandkonzept mit dem Aggerverband und großen Tankwagen erarbeitet. 2020, beim Brand auf dem Hömmerich, hat sich das bezahlt gemacht. Damals hätte ich gerne erstmals Fräsen eingesetzt, um tief in den Waldboden zu kommen. Heute ist das Standard. Man darf also durchaus neue Sachen ausprobieren, muss sich aber nicht von jeder Neuheit auf dem Markt verrückt machen lassen. Man muss auch mal aushalten können.
Besonders wichtig scheint inzwischen ja der Gesundheitsschutz der Feuerwehrleute. Überall in Oberberg sieht man Frauen und Männer, die nach gelöschtem Brand in Reihe am Löschfahrzeug antreten, um sich die Hände zu waschen. Früher war derjenige der Held, der mit rußgeschwärztem Gesicht nach Hause kam.
Der Schutz vor krebserregenden Stoffen im Brandrauch ist bestimmt sinnvoll. Auf immer mehr Wagen gibt es inzwischen ja auch Trainingsanzüge, in die diejenigen schlüpfen können, die besonders viel Qualm abbekommen haben. Ihre Uniform wird dann in Säcke gepackt und separat zur Feuerwache zurückgefahren. Die ersten Feuerwehren in NRW verlagern die sogenannte Schwarz- /Weißtrennung an die Einsatzstelle. Es gibt schon jetzt Feuerwehren, die direkt an der Einsatzstelle duschen, also Duschkabinen und Wechselkleidung mit zur Einsatzstelle bringen.
Letzte Frage: Können Sie sich ein Leben im Ruhestand, so ganz ohne Feuerwehr, überhaupt vorstellen?
So ganz weg bin ich ja noch nicht. Bis 67 möchte ich auf jeden Fall Mitglied meiner Löschgruppe bleiben. Und langweilig wird mir bestimmt nicht. Mein Sohn und auch der Schwiegersohn sind selbstständig, da gibt es immer etwas zu helfen. Dazu kommen die Enkel, unser Garten, wir haben noch eine kleine Landwirtschaft und etwas Wald. Im Sommer geht es aber erstmal mit dem Wohnmobil nach Spanien – zur ersten großen Tour nach meinem Berufsleben.
Julian Seeger wird neuer Kreisbrandmeister in Oberberg
Einstimmig hat sich der Oberbergische Kreistag am Donnerstagabend für Julian Seeger (44, Foto) als neuen hauptamtlichen Kreisbrandmeister ausgesprochen und ihn mit Wirkung zum 1. Mai bestellt.
Julian Seeger ist in Marienheide-Siemerkusen aufgewachsen und – genau wie sein Amtsvorgänger schon seit seiner Jugend Mitglied der Feuerwehr. Nach der Jugendfeuerwehr wechselte er in den aktiven Dienst der Löschgruppe Marienheide-Kempershöhe. Im Jahr 2003 machte er das Ehrenamt zum Beruf und ging zur Berufsfeuerwehr Köln.
2011 kehrte Seeger nach Oberberg zurück, und zwar als Disponent der Kreisleitstelle, deren Leiter er 2019 wurde. Praktisch noch frisch ist die Tinte auf seiner jüngsten Urkunde: Ende März bestand Julian Seeger die Laufbahnprüfung für den höheren feuerwehrtechnischen Dienst in Münster. Im Auswahlverfahren um das Amt des Kreisbrandmeisters setzte er sich gegen sechs Mitbewerber durch.