AboAbonnieren

„Hausaufgaben nicht gemacht“Gummersbacher Klinikärzte sorgen sich um Kinder

Lesezeit 3 Minuten

Bei der Vorstellung des DAK-Reports: (v.l.) Dr. Johannes Michael Albers, Klinikum-Geschäftsführer Sascha Klein, Wolfgang Brelöhr, Prof. Dr. Franz Blaes und Vize-Landrat Tobias Schneider.

Gummersbach – Die Vorstellung des Gesundheitsreports der Krankenkasse DAK im Gummersbacher Krankenhaus haben die Chefärzte Prof. Dr. Franz Blaes (Neurologie) und Dr. Johannes Albers (Allgemein- und Gerontopsychiatrie) genutzt, um auf die Wirksamkeit von Impfungen einerseits und die psychiatrischen Folgen der Pandemie gerade für Kinder andererseits aufmerksam zu machen.

„Auch wenn es nicht direkt in meine Zuständigkeit fällt, möchte ich eine Lanze für die Kinder brechen“, sagte Albers. Denn nicht nur, aber gerade auch bei Kinder und Jugendlichen seien die Folgen spürbar. „Die Kollegen merken das, zum Beispiel bei der vermehrten Zahl von jungen Menschen mit Essstörungen, die sie behandeln müssen.“ Die Folgen der Einschränkungen durch die Krise würden erst langsam sichtbar.

Es drohe „eine Pandemie der Ungeimpften“

Umso ärgerlicher sei, ergänzte Neurologe Blaes, dass die Zeit der Pandemie nicht genutzt worden sei, um in den Schulen Jugendliche, vor allem aber noch nicht impfbare Kinder wirksam zu schützen: „Was die Luftfilter und die Abstandsregeln angeht, haben wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht.“

Dabei, so Blaes, sei das, was trotz der aktuell sinkenden Infektionszahlen in den nächsten Wochen drohe, „eine Pandemie der Ungeimpften“. Und die könne deshalb vor allem auch die noch nicht geimpften Kinder betreffen: „Das ändert sich wohl erst, wenn Impfstoff auch für die Unterzwölfjährigen freigegeben wird.“ So entstehe eine Zwickmühle: Einen neuen Schul-Lockdown zu verhindern, bedeute andererseits auch, die Gefahr einer massenhaften Verbreitung in Kauf zu nehmen.

Auch in der Belegschaft des Klinikums, so Blaes, habe er seit Beginn der Impfkampagne mit wissenschaftlichen Argumenten viel Überzeugungsarbeit geleistet. Anfangs seien 40 bis 45 Prozent bereit gewesen, sich impfen zu lassen. „Aufgrund der Gespräche, die wir geführt haben, haben wir in der Neurologie die Impfquote unter den Schwestern aber verdoppelt.“ Genaue Zahlen zur Impfquote liegen zwar aufgrund des noch jungen Gesetzes zur Abfrage des Impfstatus im Klinikum noch nicht vor. Blaes geht aber für die Ärzte davon aus, dass sie bei über 90 Prozent liegt.

DAK-Report

Der Gesundheitsreport, den der Gummersbacher DAK-Chef Wolfgang Brelöhr gemeinsam mit Vize-Landrat Tobias Schneider vorstellte, ist das Ergebnis einer Befragung unter berufstätigen DAK-Mitgliedern. Stark zurückgegangen ist demnach im ersten Halbjahr 2021 die Zahl der Fehltage wegen Atemwegserkrankungen. Nachdem die Zahl je 100 Versicherte in der ersten Hälfte 2020 noch auf 136 angestiegen war, liegt sie nun nur noch bei 46. „Eine klare Auswirkung des Lockdowns, der natürlich auch die Verbreitung dieser Krankheiten, zu denen Covid-19 nicht gezählt wird, gestoppt hat“, erklärte Brelöhr.

Nach wie vor auffällig sei auch, dass sich die gestiegene Bedeutung psychischer Erkrankungen verfestige. Mit jährlich 272 Fehltagen je 100 Versicherte liegen sie im Bergischen erneut an der Spitze vor Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, also Rücken-, Bandscheiben- und Knieproblemen.

Eine bundesweite Umfrage der DAK zeige, dass beide Sektoren von Erkrankungen auch und gerade durch das vermehrte Homeoffice offenbar begünstigt werden.

Das könnte Sie auch interessieren:

45 Prozent der Befragten beschrieben zum Beispiel eine höhere Belastung durch die fehlende Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. 20 Prozent berichteten, in der Krise meistens gestresst gewesen zu sein. 32 Prozent sprachen von mehr Rückenbeschwerden als ohne Homeoffice, sieben Prozent sogar von deutlich mehr.

Dennoch wollen 46 Prozent der Beschäftigten künftig mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen, 33 Prozent mindestens ein Viertel. Der Krankenstand im Bergischen lag 2020 mit 3,8 Prozent knapp unter dem Wert des Vorjahres (3,9) und unter dem Landes- und Bundesschnitt (jeweils 4,1).