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Alte Techniken weitergebenPlaudern und entspannen beim Bergneustädter Spinntreff

Lesezeit 3 Minuten

Im Sommer sitzen Helina Keller (M.) und ihre Spinnerinnen beschattet von grünen Blättern neben dem alten Fachwerkhaus, lassen ihre Spinnräder Fahrt aufnehmen und plaudern.

Bergneustadt – Der Scherz liegt nahe, und er ist vermutlich beinahe so alt wie das Handwerk, aus Rohwolle einen Faden herzustellen, selbst: Eine Frau, die am Spinnrad arbeitet, wird automatisch lachend als „Spinnerin“ bezeichnet – denn das Wort ist ja nun einmal doppeldeutig. Und weil der Scherz wirklich uralt ist, wird er hier jetzt sofort ad acta gelegt und das Wort „Spinner“ bezeichnet ab jetzt nur noch Menschen, die sich mit Wolle beschäftigen.

In Bergneustadt tut das seit einigen Monaten ein von Heliane Keller neu gegründeter Spinntreff, dessen Mitglieder sich einmal im Monat am Heimatmuseum in der Altstadt treffen. Im Sommer sitzen sie, beschattet von grünen Blättern, neben dem alten Fachwerkhaus, lassen ihre Spinnräder Fahrt aufnehmen und plaudern. Anfängerinnen und Anfänger sind sehr willkommen, denn unter anderem darum ging es der Gründerin: das Handwerk einer nächsten Generation nahezubringen, alte Techniken nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Männliche Teilnehmende sind Ausnahmen

Sie sagt: „Die andere Gruppe namens Spinngewebe gibt es schon rund 30 Jahre. Wir sind zusammengewachsen, und das könnte schwierig sein für Neulinge.“ Darum entstand der Gedanke eines „Ablegers“. Zum ersten Treffen kamen fast 20 Interessierte, langsam pendelt die Zahl sich ein, männliche Teilnehmende sind die Ausnahme. „Vielleicht nehmen sie sich einfach nicht die Zeit, sich diesem Hobby zu widmen“, vermutet Heliane Keller, erzählt aber von ihrem Bruder, der einst Spinnräder aus alten, fußbetriebenen Nähmaschinen baute.

Nadine Schenk (35) aus Denklingen hat sich gerade ein gebrauchtes Spinnrad zugelegt und macht nun aus violetter Wolle einen Faden. Noch geht es nicht so flüssig wie bei Heliane Keller oder Marion Scharf, die heute auch dabei ist, denn die Denklingerin spinnt erst seit wenigen Wochen. Doch es macht Spaß. „Wolle ist ein so vielfältiges Produkt. Die Verarbeitung macht mir Freude, ich komme zur Ruhe. Und in der Gruppe erhalte ich alle Unterstützung, dir ich brauche“, sagt sie, während ihr Fuß das Spinnrad gleichmäßig antreibt.

Der ganze Weg: Vom Schaf zum Pulli

Wichtig ist allen, dass die Nachhaltigkeit gesichert ist. Darum kommt ein Großteil der Schafwolle aus der Nähe. Marion Scharf verspinnt hellgraue Wolle des rauwolligen Pommerschen Landschafs, dessen Vlies eine Bekannte aus dem Othetal ihr überlassen hat. „Ich wollte den ganzen Weg lückenlos gehen: Vom Schaf zum Pulli“, verrät die Bergneustädterin lachend. Irgendwann ergebe sich ein Netzwerk – man kenne dann die regionalen Schafzüchter, bestätigt auch Heliane Keller lächelnd.

Hat man das Netzwerk noch nicht und möchte erst einmal in das Handwerk hineinschnuppern, bekommt man von Keller eine Handspindel, ein bisschen flauschige Wolle und die Erläuterung, wie beides zusammen für einen Faden sorgt. „Anfänger müssen erst mal keine großen Summen investieren. Sie können, unterstützt von uns, in Ruhe schauen, ob das Handwerk etwas für sie ist.“

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Denn etwas Geduld und Zeit braucht es, um aus einem kardierten, also dem ausgekämmten und gesäuberten Vlies einen Faden zu machen. Schließlich wird der vor der weiteren Verarbeitung mit Strick- oder Häkelnadel auch noch verzwirnt. Doch es lohnt sich. Stulpen, Pulswärmer oder gar eine ganze Babydecke haben einen ganz anderen Wert, wenn klar ist, wie viele Arbeitsschritte bis zum wolligen Ergebnis nötig sind.

Der Spinntreff ist jeweils am dritten Mittwoch des Monats ab 16 Uhr am Heimatmuseum, Wallstraße 1, zu finden. Interessierte sind jederzeit willkommen.