Höchste Inzidenz in NRWOberberg bricht traurige Rekorde
Oberberg – Die Corona-Lage im Oberbergischen Kreis hat sich noch einmal deutlich verschärft. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Donnerstag auf 293,3, ein Plus von noch einmal 16,9 im Vergleich zum Vortag und damit ein neuer Höchstwert für den Kreis. Und nicht nur dort: Auch NRW-weit hat Oberberg nun den höchsten Wert an Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. Der Kreis liegt nun auch vor Minden-Lübbecke (288,5).
Starker Anstieg in Reichshof
Um 22 auf 144 Fälle gestiegen ist die Zahl der Infizierten in Reichshof. Bürgermeister Rüdiger Gennies berichtet, dass die Liste der Quarantänefälle „quer durch die Gemeinde“ führe, sie betreffe sowohl Einzelfälle als auch Großfamilien. Zum weiteren Vorgehen sagt Gennies, dass der Heimat- und Verschönerungsverein die „Burgweihnacht“ in Denklingen abgesagt habe, ansonsten stünden vorerst keine Großveranstaltungen an. „Mit bleibt nur, alle Menschen dringend aufzufordern, zum Hausarzt oder zum Impfmobil zu gehen und sich impfen zu lassen.“
Die Öffnungszeiten und der Zugang zum Rathaus in Denklingen und zur Kur- und Touristinfo in Eckenhagen werden ab Montag wieder eingeschränkt. Die Bürger sollen ihre Anliegen möglichst per Telefon oder E-Mail vorbringen. Persönliche Besuche der Dienststellen sollen auf dringende Angelegenheiten beschränkt werden. Zuvor sind Termine mit den zuständigen Sachbearbeitern zu vereinbaren. Das Denklinger Rathaus ist montags bis freitags von 8.30 bis 12 Uhr geöffnet, die Kur- und Touristinfo in Eckenhagen von 9 Uhr bis 12 Uhr. (tie)
Zuvor hatte das Gesundheitsamts 182 weitere laborbestätigte Fälle bis Donnerstag, 0 Uhr, an das Landeszentrum Gesundheit (LZG) NRW gemeldet. Auch die Inzidenz für die Altersgruppe der 10- bis 19-Jährigen erreichte neue Höchstwerte. Für Dienstag wurde sie vom LZG auf 561,6 korrigiert und übertrifft damit den bisherigen Höchstwert von Anfang September inzwischen deutlich. Zuletzt lag sie laut LZG bei 543,0.
Aufgrund der vielen neue Fälle steigt die Zahl der aktuell Infizierten ebenfalls weiter an. Sie liegt jetzt bei 1234. Fast 2000 Menschen, genauer gesagt 1970, sind als Infizierte oder Kontaktpersonen in Quarantäne.
Pressekonferenz am Freitagnachmittag
Zurzeit werden laut Meldung des Kreises 38 positiv Getestete im Krankenhaus behandelt, acht davon auf der Intensivstation. Drei Personen müssen beatmet werden, eine mehr als noch am Mittwoch. In Oberberg ist außerdem eine weitere Person gestorben, die zuvor positiv auf das Virus getestet worden war. Wie der Kreis mitteilt, handelt es sich um einen 85-jährigen Mann aus Wiehl.
Es ist nicht das erste Mal in der Pandemie, dass Oberberg diese traurige Spitzenposition einnimmt. Anfang Januar war das schon einmal so, als der Kreis für einen Tag – genauer gesagt für den 10. Januar – auch aufgrund statistischer Besonderheiten durch die Meldepraxis zuvor an den Weihnachtsfeiertagen mit 292,2 tatsächlich schon einmal einen vergleichbar hohen Wert erreicht hat. Auch der wurde am Donnerstag nun aber übertroffen.
Bisher keine Maßnahmen wir im Januar
Damals, am 10. Januar, hatte Landrat Jochen Hagt noch am selben Tag Maßnahmen verkündet, die er selbst „drastisch“ nannte: Das Verbot von Präsenzgottesdiensten und von sonstigen Versammlungen zur Religionsausübung, das seit kurz vor Weihnachten für einige Kommunen galt, wurde auf den ganzen Kreis ausgedehnt. Zudem wurden unter anderem strenge Kontaktbeschränkungen auch für private Kontakte sowie eine Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr verhängt.
Und Jetzt? Der Landrat hält sich bedeckt. Weder am Mittwoch noch am Donnerstag wollte sich Hagt gegenüber dieser Zeitung zum weiteren Vorgehen äußern: Was kann er überhaupt tun, wenn jene Maßnahmen, die damals im Januar noch greifbar waren, jetzt gar nicht mehr zur Verfügung stehen? Reicht das, was möglich ist, um den starken Anstieg zu stoppen?
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Und: Warum ist schon wieder Oberberg so stark betroffen? Das Gutachten von Prof. Dr. Nico Mutters, Leiter des Institutes für Hygiene und Öffentliche Gesundheit des Uniklinikums Bonn, hatte gezeigt, dass Lindlar in der ersten Welle und Waldbröl, teilweise mit Morsbach in der zweiten und dritten Welle besonders stark betroffen waren. Gibt es schon Erkenntnisse, warum jetzt auch Nümbrecht, Wiehl und Reichshof verhältnismäßig viele Fälle haben?
Der Kreis lehnte an den beiden letzten Tagen Anfragen für ein Interview ab und verweist auf eine Pressekonferenz, die am Freitagnachmittag stattfinden soll. Dabei hatte zuvor am Donnerstagmorgen für zwei Stunden der Krisenstab getagt. Auch zu den Ergebnissen dieser Sitzung wollte sich die Verwaltung allerdings nicht äußern. Vieles sei noch in Vorbereitung, hieß es zur Begründung.