Interview: Heimische Banken in der KriseIndividuelle Lösungen für die Wirtschaft
- Die Pandemie hat auch für Oberbergs Sparkassen und Banken Folgen
- Für die Unternehmen und Privatkunden mussten Lösungen gefunden werden
- Andreas Arnold sprach mit Gunter Derksen (Kreissparkasse Köln), Ingo Stockhausen (Volksbank Oberberg) und Frank Grebe (Sparkasse Gummersbach)
Oberberg – Oberbergs Sparkassen und Banken müssen in Zeiten von Corona nicht nur Überstunden machen. Über die Folgen der Pandemie hat Andreas Arnold mit Frank Grebe, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Gummersbach, Ingo Stockhausen, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Oberberg, und Gunter Derksen, Direktor der Direktion Oberberg der Kreissparkasse Köln, gesprochen.
Was hat sich in Zeiten von Corona für Ihre Häuser verändert?
Grebe: Im Gegensatz zur Finanzmarktkrise vor zehn Jahren, wo die Kreditwirtschaft die Ursache des Problems war, sehen wir uns heute in der Position, zur Lösung von Problemen, die aus Corona resultieren, beitragen zu können. Man muss einfach sehen, dass bei einem Unternehmen fehlender Ertrag heilbar, fehlende Liquidität indes tödlich ist. Und mit dieser Situation kämpfen aktuell viele Unternehmen in der Region. Alles, was man hier vor Ort verliert, wird man in den kommenden Jahren so schnell nicht wieder herstellen können. Um unseren 2000 Firmenkunden gerecht zu werden, haben wir als Sparkasse Gummersbach hausintern alle Arbeitszeitgrenzen aufgehoben, Überstunden angeordnet und gleichzeitig eine Urlaubssperre verhängt, um schnell helfen zu können.
Stockhausen: In regelmäßigen Sitzungen des Krisenstabes wurde und wird die Situation bei der Volksbank jeweils neu bewertet, werden Entscheidungen getroffen sowie Mitarbeiter- und Kundeninformationen platziert. Wir haben uns seinerzeit dafür ausgesprochen, alle Geschäftsstellen offen zu halten und waren somit im Kundengeschäft mit unseren Service- und Beratungskräften ohne Einschränkungen für unsere Kunden präsent. Die positive Resonanz aus der Kundschaft und die Akzeptanz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestätigt uns in der geschäftspolitischen Haltung deutlich.
Derksen: Im Zuge der Corona-Krise haben wir uns als Kreissparkasse neu aufgestellt. Im Oberbergischen haben wir acht unserer zwölf Filialen offen gehalten, vier sind temporär geschlossen worden. Für die Belegschaft haben wir einen Zweischicht-Betrieb eingeführt, um im Falle von Erkrankungen handlungsfähig zu bleiben. Sicherlich von Vorteil ist gewesen, dass wir schon lange vor Corona Strukturen für das mobile Arbeiten geschaffen haben und so 25 Prozent unserer Mitarbeiter von heute auf morgen daheim arbeiten konnten.
Das könnte Sie auch interessieren:
Welche Reaktionen bekommen Sie aus der Wirtschaft?
Grebe: Die IHK geht davon aus, dass 95 Prozent der hiesigen Unternehmen von der Krise betroffen sind. Für sie hat Liquidität oberste Priorität. Das war auch ein Grund dafür, dass wir initiativ auf die Unternehmen zugegangen sind und gefragt haben, ob und wie wir helfen können. Um auf die Situation reagieren zu können, sind die Abläufe in den Firmen nach meiner Einschätzung nahezu identisch. Zuerst kümmert man sich um Steuerstundungen. Wenn die Aufträge wegbrechen, muss Kurzarbeit angemeldet werden und müssen Zuschüsse beantragt werden. Was folgt, sind Tilgungsaussetzungen bei Darlehen, danach kommt die ganze Palette der öffentlichen Kreditprogramme und dann kommen die Hausbankkredite.
Derksen: In den ersten Tagen nach dem Lockdown hat das Telefon bei unseren Kundenberatern nicht stillgestanden. Manch ein Kollege hat mir von bis zu 50 Gesprächen pro Tag berichtet. Herausfordernd war sicherlich, dass es gerade im Anfang für die Wirtschaft immer wieder Neuerungen bei den Hilfsprogrammen gab. Inzwischen ist der immense erste Informationsbedarf gedeckt, so dass wir mit unseren Unternehmen individuelle Lösungen umsetzen können.
Ingo Stockhausen (Volksbank Oberberg)
Wie können Ihre Häuser die hiesigen Unternehmen unterstützen?
Derksen: Wir profitieren davon, dass wir eine Vielzahl unserer Kunden gut und lange kennen. So können wir im Dialog klären, welche finanzielle Unterstützung am sinnvollsten ist. Angefangen bei den Förderprogrammen bei der NRW-Bank oder der KfW bis hin zu Hausbankmitteln. Was sich nach unserem Dafürhalten anbietet, haben wir unseren Kunden in einem persönlichen Telefonat erläutert. Darüber hinaus halten wir auf unserer Homepage im Internet zahlreiche Informationen rund um die Corona-Krise bereit.
Stockhausen: Für unsere Firmen- und Gewerbekunden ist es in einer solchen Situation besonders wichtig, dass sie mit ihrem vertrauten persönlichen Ansprechpartner in der Bank den schnellen und kompetenten Austausch vornehmen können. Wir haben insofern bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt über die Fachabteilungen und unsere Beratungskräfte in den Geschäftsstellen aktiv die Gespräche aufgenommen und, auf den Einzelfall bezogen, die Situation analysiert sowie Handlungsmöglichkeiten erörtert. Wir haben in den letzten Wochen durch zusätzliche Kreditlinien, Liquiditätshilfen, Stundungen oder andere Maßnahmen vielen Unternehmen die Spielräume einrichten können, die sie zur Überbrückung dieser Krise zwingend benötigen.
Frank Grebe (Sparkasse Gummersbach)
Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage in der Region?
Grebe: Das ist schwierig. Das hängt auch wiederum vom einzelnen Unternehmer ab. Positiv für unsere Region ist, dass wir sehr viele eigentümergeführte Unternehmen haben. Denen ist es in der Vergangenheit vielfach gut gegangen. Und die übernehmen auch Verantwortung, auch für die Mitarbeiter. Was die Umsatzeinbrüche angeht, sind einige Unternehmen gar nicht betroffen und andere müssen einen Rückgang von bis zu 100 Prozent erleben, sei es die Gastronomie oder die Reisebranche.
Stockhausen: Wir erleben derzeit einen an sich noch robusten Mittelstand, starke Einbußen im Handel und der Gastronomie sowie verunsicherte Konsumenten. Die Zahl der Arbeitslosen ist deutlich angestiegen, wobei die Regelungen zur Kurzarbeit sicher auch in unserer Region Schlimmeres verhindern.
Wagen Sie eine Prognose, wie die weitere Entwicklung aussehen wird? Drohen der Region sowohl bei Unternehmen als auch Privatleuten Insolvenzen?
Derksen: Trotz aller guter Hilfsmaßnahmen wird es sich nicht vermeiden lassen, dass es zu vermehrten Insolvenzen kommt. Man darf allerdings nicht vergessen, dass es Unternehmen gibt, die schon vor Corona Liquiditätsprobleme hatten. Die sind aktuell sicher besonders betroffen. Und was den Verlauf der Pandemie angeht, ist abzuwarten, ob die Talsohle bereits durchschritten ist.
Gunter Derksen (Kreissparkasse Köln)
Stockhausen: Die Unternehmen in der Region werden, sofern sie bisher von Corona betroffen sind, nur allmählich zu den früheren Umsätzen zurückfinden, wobei wir ab 2021 mit einem insgesamt kräftigen Konjunkturwachstum mit entsprechenden positiven Impulsen auch für die Wirtschaft in unserer Region rechnen. Die Zuversicht und das Vertrauen der Menschen in den Aufschwung werden sodann auch den privaten Konsum wieder spürbar beleben. Der Umfang der betrieblichen und privaten Insolvenzen hat sich noch nicht signifikant erhöht und wird die Region und somit auch uns vermutlich erst mit einem gewissen zeitlichen Nachlauf erreichen.
Grebe: Aktuell kann man keine Prognose wagen. Niemand kann sagen, wie lange die Situation noch dauert. Wie die Lockerungsmaßnahmen greifen, ist noch nicht erkennbar. Daher wissen wir auch nicht, ob uns noch eine zweite Welle von Corona droht. Ganz entscheidend ist, dass wieder Vertrauen geschaffen wird. Die Menschen brauchen eine Sicherheit im finanziellen Bereich. Wenn es den Unternehmen wieder besser geht, und es keine Kurzarbeit mehr gibt, wird auch das Verbraucherverhalten wieder ein anderes sein.
Wie ist das Feedback Ihrer Privatkunden. Viele sind sicher in Kurzarbeit, brauchen Sie Ihre Unterstützung zum Beispiel bei der Rückzahlung Ihrer Kredite?
Grebe: Auch im Privatkundengeschäft gehen wir aktiv auf unsere Kunden zu, um auch hier eine Liquidität zu sichern bei den Kunden, die weniger haben. Wir bieten ihnen an, bis zu neun Monaten ihre Tilgung auszusetzen. Das wird auch nachgefragt, allerdings liegt die Quote bei unter fünf Prozent. Viele sagen, sie können es noch bezahlen, oder sie haben Ersparnisse, die sie jetzt einsetzen.
Stockhausen: Unterstützung bei der Bewältigung der finanziellen Verpflichtungen, auch im Bereich der bestehenden Finanzierungen, ist in Teilen erforderlich. Wir stehen hier mit einer Vielzahl von Alternativen im Beratungsgespräch zur Verfügung und entwickeln mit unseren Kunden die maßgeschneiderten Lösungen, die uns gemeinsam über die schwierige Zeit hinweghelfen.
Derksen: Auch mit unseren Privatkunden wurde eine Vielzahl von Gesprächen geführt, um zu klären, wie wir sie sinnvoll unterstützen können. Ein Thema dabei ist häufig, wie und ob Raten ausgesetzt werden können. Das gibt den Menschen Spielraum und Sicherheit. Oberberg ist nun einmal eine Region mit 42 Prozent Industriearbeitsplätzen. Und wenn die Industrie schwächelt, zieht sich das durch bis hin zu unseren Privatkunden.