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Wichtige AufgabenOberberger Klinikum-Geschäftsführer Sascha Klein im Interview

Lesezeit 5 Minuten

Jubiläum mit Minister: Im Sommer 2019 begrüßte Sascha Klein (v.) unter anderem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (l.) und den CDU-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Bodo Löttgen, beim Festakt zum 50. Geburtstag des Waldbröler Krankenhauses.

  1. Die Corona-Krise und ihre Folgen bestimmen alles – vor allem im Gesundheitssystem in Oberberg.
  2. Wie lang ist der Schatten wirklich, den das Virus wirft?
  3. Frank Klemmer sprach mit Sascha Klein, dem Geschäftsführer des Klinikums Oberberg, über kurzfristige Aufgaben und das, was vom Virus bleibt.

Gehen wir auf eine kleine Zeitreise: Im Sommer 2019 war Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei Ihnen in Waldbröl – zum 50. Geburtstag des Krankenhauses. Das große Thema war die Bertelsmann-Studie – und die These, es gebe viel zu viele Krankenhäuser – vor allem im ländlichen Raum. Jetzt in der Corona-Krise, wo jedes Intensivbett gebraucht werden könnte, gerade in der Fläche: Kommt Ihnen diese Debatte von damals nicht irgendwie fremd vor?

Klein: Es ist interessant, dass Sie das fragen. Tatsächlich ist es so, dass die Debatte darüber in der Szene, die das diskutiert hat, seit dem Frühjahr völlig überdeckt wird. Es ist sehr ruhig darum geworden, dass wir womöglich ein Überangebot an Krankenhausbetten haben könnten. Aber die Debatte ist nur überdeckt, nicht verschwunden: Im Sommer 2020, als wir in Deutschland gut durch die erste Welle gekommen zu sein schienen, waren es die gleichen Stimmen von damals, die nun sagten: Seht Ihr, wir haben tatsächlich so viele Betten, dass wir gar nicht alle gebraucht haben.

Gerade mal ein Jahr später beschäftigen die Corona-Krise und ihre Folgen den Geschäftsführer des Klinikums Oberberg.

Ist das nicht ein gefährliches Spiel?

Na ja, das Thema ist nicht weg. Und wenn die Pandemie vorbei ist, werden wir uns vielleicht tatsächlich damit beschäftigen müssen, ob es nicht wirklich ein Überangebot gibt – zumindest für normale Zeiten. Zunächst aber stecken wir erstmal mitten in einer zweiten Welle, die wir bewältigen müssen.

Hat die Welle Sie denn schon erreicht? Viele bezweifeln ja, dass man sich an Inzidenzwerten orientieren sollte, und fragen lieber nach der Belegung der Intensivbetten.

Wir stecken mitten in einer rasanten Entwicklung. In der vergangenen Woche hat sich nicht nur die Zahl der Infektionen verdoppelt, sondern auch die Belegung der Intensivbetten. Darauf zu warten, bis es bei uns spürbar ist, wäre fahrlässig. Es kommt mit Zeitverzug, aber dann kann es ganz schnell gehen. Das merken wir gerade in Belgien und den Niederlanden, wo man jetzt schon in Deutschland um Hilfe bitten muss. Das ist kurios.

Kontrollen

Während Besuchsverbote kein Thema sind, kündigt das Klinikum aber an, die Kontrolle seiner Besuchsregeln zu verschärfen. „Es gibt einfach zu viele, die sich nicht an die Regeln halten und sich ins Krankenhaus reinmogeln“, erklärt Sprecherin Angela Altz ernüchtert. Zu den Regeln gehört die Besuchszeit zwischen 8 und 18 Uhr, dass jeder nur einmal am Tag und nur mit Termin kommen darf. Zudem müssen Besucher symptomfrei sein und einen Screening-Bogen ausfüllen. Damit das in Zukunft klappt, sollen die Eingänge in Gummersbach und Waldbröl ständig überwacht werden. (kmm)

Wieso?

Weil die, die gesagt haben, dass wir zu viele Betten haben immer auf die Niederlande verwiesen haben. Das Argument hieß: Die schaffen das mit wesentlich weniger Krankenhäusern, obwohl sie etwa die gleiche Einwohnerzahl haben wie NRW – das ist der richtige Weg.

Und jetzt stehen die Niederländer an der Grenze und brauchen deutsche Krankenhausbetten. Müsste das nicht eigentlich eine Lehre sein, dass von einer Überversorgung hier keine Rede sein kann – gerade im ländlichen Raum? Eine Lehre aus der Corona-Krise, also?

So einfach ist es nicht, glaube ich. Wir werden die Debatte um die Zukunft der Krankenhäuser trotzdem führen müssen. Und bei den Lehren aus Corona geht es ja nicht allein um die Krankenhausplanung, sondern auch um die Finanzierung. Wir haben einfach festgestellt, dass sich allein mit Fallpauschalen, die sich an der geleisteten Arbeit orientieren, Krankenhäuser nicht finanzieren lassen, wenn es auch darum geht, Betten für den Notfall vorzuhalten. Ja, es ist wie bei der Feuerwehr: Für die zahlen wir auch nicht nur, wenn es brennt.

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Jetzt, in der Krise, hat das aber funktioniert, oder?

Die staatlichen Hilfen, die Ende September ausgelaufen sind, haben fast alles aufgefangen und waren verhältnismäßig unbürokratisch. Da sind wir anderes gewohnt. Bei uns war es so, dass wir dadurch, dass wir im Frühjahr etwa ein Drittel unserer Betten freigemacht haben, weil wir in Absprache mit Patienten auf planbare Operationen aufgeschoben haben, etwa zwölf Millionen Euro an Umsatz eingebüßt haben. Diese Lücke wurde durch ein Bündel von Maßnahmen komplett geschlossen. Ohne das wären viele Krankenhäuser auch längst in der Insolvenz.

Und jetzt? Wie kommen Sie durch die zweite Welle ?

Das kommt auch darauf an, wie sich das in den nächsten Wochen entwickelt. Ganz ehrlich: Die Rahmenbedingungen sind ungünstiger. Im Frühjahr haben wir uns stark eingeschränkt, die Kinder waren zu Hause, es gab keinen Vereinssport, alle sind höchstens im Wald spazieren gegangen. Jetzt geht es den Verantwortlichen darum, so viel wie möglich am Laufen zu halten. Als Klinikum sind wir in einer Hochbelegungsphase. Da ist nicht mehr so einfach, schnell viele Betten freizumachen. Im Frühjahr waren es oft die Patienten selbst, die auf Operationen verzichtet haben – selbst wenn die eigentlich notwendig waren. Auch das ist jetzt anders.

Brauchen Sie also einen zweiten Rettungsschirm?

Ich habe den Eindruck, den Verantwortlichen ist völlig bewusst, dass sie mit Blick auf die Krankenhäuser sehr schnell reagieren müssen, falls die Entwicklung so weitergeht. Aktuell haben wir nur die Zusage, dass wir mit den Krankenkassen über einen Ausgleich verhandeln können, falls es im letzten Quartal wieder Ausfälle gibt. Aber das wäre ein langwieriger Prozess – und lange nicht so unbürokratisch wie im Frühjahr.

Die Fallpauschalen, von denen Sie sprachen, sollten ja vor allem auch den Wettbewerb zwischen Krankenhäusern anheizen. Jetzt in der Krise ist allerdings eher Gemeinsamkeit gefragt. Geht das in Oberberg?

Wettbewerb hin, Wettbewerb her – die Zusammenarbeit zwischen den Häusern hat schon immer gut funktioniert. Die Geschäftsführer kennen sich, die Pflegedirektoren, die Chefärzte. Aber es ist schon richtig: Die Krise hat uns noch enger zusammengeschweißt. Da gab es dann plötzlich wöchentliche Telefonkonferenzen. Diese Telefonkonferenzen finden aktuell wieder häufiger statt.

Wie reagieren Sie als Klinikum auf die steigenden Zahlen? Wird es wieder Besuchsverbote geben?

Damals im Frühjahr ist vieles schnell gemacht worden – und manches wollen wir wirklich nicht wieder tun müssen. Dazu gehören eindeutig die Besuchsverbote im Krankenhaus. Jetzt haben wir weniger die Patienten, die zu Hause bleiben, weil sie Angst vor Corona haben. Heute haben wir Patienten, die sagen: ,Ich komme nicht ins Krankenhaus, wenn mich keiner besuchen darf.’ Das Besuchsverbot ist wirklich nur das allerletzte Mittel – auch das haben wir gelernt.