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Konzertsommer in OberbergKlassik Open-Air fand auf Schloss Homburg statt

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Allein der Schauplatz: Das Klassik-Open-Air auf Schloss Homburg ist traditionell ein oder sogar der Höhepunkt der  Kultursaison. 

Nümbrecht – Allein der Schauplatz: Das Klassik-Open-Air auf Schloss Homburg ist traditionell ein oder sogar der Höhepunkt der Kultursaison. Und auch diesmal waren mit dem Folkwang-Kammerorchester hochkarätige Musiker zu Gast. Wieder war das Wetter eher gemischt. Dass viele Plätze frei blieben und der Auftritt des Swing-Hop-Duos Goldmeister am Vorabend sogar kurzfristig abgeblasen wurde, lag aber wohl an Corona.

Die Sommerwelle hat dem Konzertsommer auf Schloss Homburg zugesetzt. Das Interesse an toller Musik in außergewöhnlicher Atmosphäre ist über die Pandemie aber nicht verloren gegangen. Schon nach dem ersten Satz konnten viele Zuhörer sich nicht mehr zurückhalten und applaudierten begeistert. Kein Wunder, wartete das Essener Orchester doch mit einem Programm unter dem Titel „Violini virtuosi!“auf, das aus der Zeit stammte, in der die Violine zum Sportgerät wurde und die Musiker sich selbst wahre Artistiknummern in die Partituren schrieben.

Aktive Musikerin leitet das Orchester

So verhält es sich bei den barocken Violinkonzerten von Pietro Locatelli (1695-1764), von den gleich zwei geboten werden. Wie damals üblich gibt es keinen Dirigenten, eine aktive Musikerin leitet zugleich das Orchester. Die französisch-schweizerische Geigerin Chouchane Siranossian zeigt eine atemberaubende Virtuosität. Mal tritt sie solistisch heraus, mal macht sie das ganze Orchester zu ihrem Instrument.

Fast noch erstaunlicher ist, wie souverän die jungen Soloviolinisten aus den Reihen des Orchesters die Herausforderungen meistern, die das Programm für sie bereit hält. Immer wieder spielt Siranossian den Ball zu Moritz Ter-Nedden, Ezgi Su Apaydin und Miki Nagahara, und diese nutzen die Gelegenheit zu eigenen Kabinettstücken.

Epische Ausdruckskraft

Doch gleich mit dem ersten Stück, Georg Philipp Telemanns (1681-1767) „Burlesque de Quixotte“, zeigen die Musiker, dass sich ihre Kunst eben nicht in Fingerfertigkeit erschöpft, sondern eine epische Ausdruckskraft entfalten kann. Mal seufzt der verliebte Ritter so zart, dass die Musik kaum das Vogelgezwitscher (und das Geplapper unten im Hof) übertönt, dann wieder reitet er eine wilde Attacke. Noch anschaulicher, ein kurioses Kopfkino ist die Musik von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704), der nach mit seiner „Battalia“ ein Schlachtengemälde entfaltet.

Es spricht für die Publikumsnähe des Formats und des Orchesters, dass Moderator Axel Fuhrmann im Gespräch mit der charmanten Orchesterleiterin jedes Stück erläutert und vor dem Biber-Werk den Kontrabassisten vorführen lässt, wie er mit einem Stück Papier hinter den Saiten einen Trommelklang simuliert. Voller Begeisterung verspricht Chouchane Siranossian geradezu moderne Klangexperimente: „Der Kneipengesang der Soldaten ist eine tolle Kakophonie.“

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Mit Pachelbels Kanon wird auch noch ein Klassik-Hit zum Mitsummen spendiert. Moderator Fuhrmann hatte eingangs angekündigt: „Sie hören Musik aus der Zeit, als dieses Schloss seine glanzvolle Gestalt erhielt.“ Das junge Essener Orchester hat gezeigt, dass die barocken Werke nicht angestaubt sind, sondern noch viel Glanz entfalten.