Kuhstall, Kraftwerk, KläranlageLandwirt in Wipperfürth will nachhaltig produzieren
Wipperfürth – Heinz Raffelsieper betreibt mit der Wegerhof KG einen der größten Milchviehbetriebe in der Region, rund 700 Kühe stehen bei ihm im Stall. Wie alle Milchwirte hat er das Problem, dass beim Melkvorgang viel Wasser benötigt wird und ergo viel belastetes Abwasser entsteht, das geklärt werden muss. Nur dass es bei Raffelsieper eben besonders viel zu klären gibt.Irgendwann kam er auf die Idee einer Pflanzenkläranlage. Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer hat er erst einmal versucht, den Bedarf zu ermitteln. „Wir haben quasi beim Melken die Kuhhaufen gezählt und dann die Nährstoffe im Abwasser hochgerechnet“, erzählt Raffelsieper.
So kam man jedoch nicht wirklich weiter, und schließlich holte die Kammer die Universität Aachen mit ins Boot, genauer gesagt das „Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen“ (FiW).
Die Forscher haben ein Konzept entwickelt, und das wird jetzt in Wipperfürth-Wegerhof als ein Pilotprojekt umgesetzt. Im Frühjahr wurde die biologische Kläranlage in Betrieb genommen und befindet sich derzeit im Probelauf. Genauer gesagt, handelt es sich sogar um zwei Anlagen, denn die Forscher aus Aachen nahmen dabei gleich noch ein zweites Problem in den Blick.
Wupperverband nimmt wöchentlich Proben, um neue Anlage zu prüfen
Auf den großen Siloflächen des Hofes lagert tonnenweise biologisches Material, und bei starkem Regen werden auch dort Nährstoffe ausgewaschen und landen im Abwasser. Dieses Wasser wird in ein sogenanntes Neutralisationsbecken geleitet, in dem sich im ersten Schritt Schwebstoffe absetzen können. Danach kommt der „Retentionsbodenfilter“, aus dem das gereinigte Wasser vom Siloplatz über eine 70 Meter lange Sickerstrecke ins Grundwasser entlassen wird. Dort landet am Ende auch das Abwasser vom Melkstand.
Hintergrund
Die Biokläranlage auf dem Hof der Wegerhof KG ist in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen entstanden – kurz FiW. Das 1979 gegründete Institut ist ein eingetragener Verein und arbeitet international. Zu den Forschungsgebieten zählen neben Abwasser auch die Wasser- und die Kreislaufwirtschaft und die Energie.
Sein Weg dorthin ist noch etwas komplizierter. Zunächst wird die Belastung geprüft, indem Leitfähigkeit und PH-Wert gemessen werden.
Je nachdem, wie hoch der Nährstoffgehalt im Wasser ist, geht es automatisch entweder direkt ins Güllefass – welches natürlich kein Fass ist, der Wegerhof hat Kapazitäten, um 12.000 Kubikmeter Gülle zu lagern – oder in die Pflanzenkläranlage, der auch ein Neutralisationsbecken vorgeschaltet ist.
Über einen sogenannten Schwalbenschicker läuft das Wasser über sich sternförmig ausbreitende Rohrleitungen in einen mit Folie ausgelegten und mit Lavaschotter gefüllten Teich voller Schilfpflanzen. Bakterien im Becken verdauen die im Wasser verbliebenen Nährstoffe und reinigen es so.
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Der Wupperverband nimmt wöchentlich Proben, vor und nach der Reinigung des Wassers, damit sichergestellt ist, dass die 120.000 Euro teure Anlage auch wirklich funktioniert. Und das tue sie, freut sich der Landwirt. „Vermutlich können die Prüfintervalle demnächst auf zwei oder drei Wochen ausgeweitet werden“, sagt Heinz Raffelsieper.